Beschleunigungsgesetz kommt nur im Schneckentempo voran
Wichtige Autobahnstrecken wie die A6 sollen schneller geplant und genehmigt werden. Doch im Gesetzgebungsprozess geht es nur schleppend voran. Jetzt ist klar: Der Bundestag wird erst im September eine Entscheidung treffen.

Volker Wissing (FDP) wollte Dampf machen bei der Beschleunigung wichtiger Verkehrsprojekte. Das dahinter stehende Gesetz zur schnelleren Planung und Genehmigung stauträchtiger Autobahnen und wichtiger Schienenstrecken kriecht aber nur im Schneckentempo voran. Der Bundesverkehrsminister hält trotzdem still. Denn der Ärger um das leidige Heizungsgesetz hält die Ampelregierung schon genug in Atem.
Kurze Zeit schien es sogar, als ob die Grünen Wissing bewusst ausbremsen wollten, weil sie sich von den Liberalen beim Heizungsstreit vorgeführt sahen. Doch die Ende Mai anschwellenden Wogen waren - zumindest öffentlich - rasch geglättet. Und so fand der Gesetzentwurf doch Eingang in den Bundestag, wo er am 22. Juni erstmals beraten wurde: sieben Wochen, nachdem das Bundeskabinett ihn verabschiedet hatte, und zwölf Wochen, nachdem der Koalitionsausschuss endlich einen Kompromiss erzielt hatte.
Gesetz wird nicht vor der Sommerpause im Parlament beschlossen
Die Sache noch vor der Sommerpause durchs Parlament zu peitschen: Das kam dann aber weder der FDP noch SPD und Grünen in den Sinn. Rasch war klar: Man will gründlich beraten und erst nach der Sommerpause entscheiden. Anders hätte es auch kaum funktioniert, denn längst nicht alle Streitpunkte sind ausgeräumt, und die Fraktionen wollen ein gewichtiges Wörtchen mitreden.
Auch die Opposition drängt darauf, den Gesetzentwurf noch einmal intensiver in die Mangel nehmen zu können - vor allem die CDU/CSU. Sie hatte in der vergangenen Legislaturperiode gleich vier Planungsbeschleunigungsgesetze konzipiert und verabschiedet, deren Wirkung aber oft verpuffte - wie etwa der sechsspurige Ausbaus der A6 durch Hohenlohe in aller Deutlichkeit gezeigt hat.
Vorhaben im Bundesverkehrswegeplan können kaum geplant werden
Hinzu kommt, dass der Bundesverkehrswegeplan 2030 hoffnungslos überzeichnet ist. Die Fülle an bevorzugten Vorhaben kann weder personell noch finanziell bewältigt werden. Auch die A6 durch Hohenlohe rutschte darin immer weiter nach oben, bis sie in der höchsten Stufe angelangt war. Doch gegen die planerische Trägheit war auch als Top-Projekt kein Kraut gewachsen.
Die Union ist der Meinung, im Herbst 2022 den besseren Gesetzentwurf vorgelegt zu haben. Dies glauben hingegen die Ampelparteien nicht, weshalb sie ihn links liegen ließen, während ihre eigene Variante von der CDU/CSU genüsslich zerrissen wird. Sie sei ein "Papiertiger" und werde kaum Wirkung entfalten. Die FDP sei von SPD und Grünen ausgebremst worden. Außerdem seien die Wasserstraßen komplett vergessen worden. Etliche Ampel-Politiker wiederum werfen der Union vor, über Jahre hinweg den Bundesverkehrswegeplan massiv überfrachtet zu haben. Diesen Wust an Projekten will die Ampel lichten. Von den über 1000 Straßenbauvorhaben müssten jene herausgefiltert werden, die im "überragenden öffentlichen Interesse" liegen, um dann bei Planung und Genehmigung den Turbo zünden zu können.
Möglicher Zeitplan: Gesetz könnte im Oktober im Bundesrat landen
Der Kabinettsentwurf sei eine gute Grundlage, die man nun nachschärfen wolle, sagt Detlef Müller, Fraktionsvize der SPD. Die Grünen wollen den Fokus noch stärker auf den Ausbau von Schienenstrecken richten. Es gibt also noch einiges zu klären. "Wir halten an dem Ziel fest, das Gesetz zügig nach der Sommerpause abzuschließen", erklärt Müller. Also in einer der September-Sitzungen. Er sagt aber auch, auf dem Weg zu diesem Gesetz sei seit Dezember 2022 unnötig viel Zeit vergeudet worden. "Für uns ist entscheidend, dass am Ende ein sattelfestes Gesetz steht", beteuert der Hohenloher FDP-Abgeordnete Valentin Abel. Im parlamentarischen Verfahren gelte für die Ampel das oberste Gebot: "Gründlichkeit vor Schnelligkeit". Die Wahrung dieses Grundsatzes ist beim Heizungsgesetz gründlich daneben gegangen.
"Wenn das Gesetz im September beschlossen wird, kommt es spätestens im Oktober in den Bundesrat. Somit kann es noch in diesem Jahr in Kraft treten", rechnet Abel vor. Was das für den Ausbau der A6 durch Hohenlohe bedeutet, ist unklar. Weder das Ministerium noch die Bundes-Autobahn GmbH konnten dazu bislang etwas Habhaftes sagen.
Baustart auf der A6
Je länger die Hängepartie um das Gesetz dauert, desto wirkungsloser ist es für die am weitesten geplanten Abschnitte zwischen Bretzfeld und Kupferzell, für die bereits Ende 2024 eine Baugenehmigung in Aussicht steht. Danach wird es bis zum Baustart so oder so weitere zwei bis drei Jahre dauern: für die Wirtschaftlichkeitsprüfung im Zuge des anvisierten ÖPP-Projekts sowie für die Ausschreibung und Vergabe der Bauarbeiten. Diese Phase kann nicht beschleunigt werden, sodass der schon jetzt für möglich gehaltene Baubeginn 2027 überhaupt nicht oder nur marginal verkürzt würde.