Trotz aller verschärfter Kontrollen sind immer noch zu viele Fremdstoffe im Biomüll. Abhilfe schaffen soll ab 2026 ein voll automatisiertes System, das Künstliche Intelligenz nutzt: Es heißt „C-Detect“ und wurde von der Firma C-Trace entwickelt. Kameras blicken beim Ladevorgang am Müllwagen von oben in die geöffneten Behälter (Top-View) oder scannen seitlich die Störstoffe, wenn der Inhalt in das Fahrzeug geleert wird (Inside-View). „Das System funktioniert über Kameras wie das menschliche Auge“, erklärte Wolfgang Weber, Vertriebsmitarbeiter von C-Trace, in einem früheren Stimme-Bericht. Nur mit dem feinen Unterschied, dass diese KI-Kameras viel mehr sehen und viel intensiver und feiner trainiert wurden, um Störstoffe zu erkennen. Diese „Technologie des computerbasierten Sehens“ umreißt Weber so: „Die Entscheidung über den Störstoff wird sofort über den Bordrechner getroffen, der mit einem entsprechenden Algorithmus ausgestattet ist.“ Jedes Mal, wenn sie erkannt würden, „werden Bilder erstellt und mit der Chip-Nummer in die Verwaltung der Abfallwirtschaft gesendet“. Damit könnten alle verunreinigten Biotonnen eindeutig den Verursachern zugeordnet werden. Jeder erkannte Störstoff werde an einem kleinen Bildschirm am Fahrerhaus angezeigt. „Dabei wird die Schüttung angehalten und der Behälter ungeleert zurückgelassen.“
Künstliche Intelligenz kontrolliert ab 2026 den Biomüll im Hohenlohekreis
Ab 1. Januar 2026 kontrolliert im Hohenlohekreis KI den Biomüll. Ziel ist weniger Plastik in den Tonnen – und weniger Kosten für die Entsorgung.
Ab 1. Januar 2026 bricht bei der Abfuhr von Biomüll im Hohenlohekreis eine neue Ära an. Dann werden die Inhalte der Biotonnen mit Künstlicher Intelligenz kontrolliert. Die Zahl der Fehlwürfe soll damit auf ein Minimum sinken und möglichst alle Müllsünder sollen erwischt werden. Das Ziel ist, die Quote auf null zu drücken oder zumindest unter drei Prozent.
Alle Chargen, die mehr Plastik oder andere unerlaubte Fremdstoffe enthalten, können von den Verwertern seit 1. Mai 2025 abgewiesen werden – was zunächst die Kreise und später die Gebührenzahler teuer zu stehen kommen würde. Denn die verunreinigten Biomüll-Ladungen müssten dann viel teurer als Restmüll entsorgt werden.

Biomüll im Hohenlohekreis: Firma Kurz stattet Müllfahrzeuge mit KI-Technik aus
Um die Abfuhr der Biotonnen kümmert sich weiterhin die Firma Kurz. „Sie ist auch für die Ausstattung der Fahrzeuge mit der entsprechenden KI-Technik verantwortlich“, sagt Anja Kohr, Sprecherin der Abfallwirtschaft Hohenlohekreis (AWH). „Dabei fiel die Wahl auf das System der Firma C-Trace, die auch das Chip-System für die Zuordnung der Tonnen zur Verfügung stellt.“
Den KI-trainierten Kameras, die den Inhalt der Biotonnen beim Aufnehmen sowie beim Entladen genauestens inspizieren können, soll dann kein Fehlwurf mehr entgehen. Je nach Grad der Verunreinigung müssen die Verursacher nur eine Sonderleerung als Restmüll bezahlen – oder sie bekommen noch ein Bußgeld aufgebrummt.

Manuelle Kontrollen seit 2024 deutlich verschärft – mit messbarem Erfolg
Mit Blick auf die Änderung der Bioabfallverordnung zum 1. Mai 2025 hat der Kreis seine Kontrollen vor etwa einem Jahr deutlich verschärft. Seit 22. Oktober 2024 kippen spezielle Teams der AWH ausgewählte Behälter auf einem rollenden Tisch aus und sezieren den Müll penibel auf Fremdstoffe.
Außerdem checken Müllwerker den Inhalt seit 14. September 2020 stichprobenhaft und oberflächlich per Sichtkontrolle, seit Januar 2021 wird dabei für jede falsch befüllte Tonne eine Extra-Zahlung fällig. Mit Müllberater Rainer Mugler hatte es die AWH seit 2018 auf die sanfte Tour versucht. Er ermahnte nur, wenn er Plastik oder Restmüll fand – vielfach vergeblich.
Müll-Operateure sezieren Biomüll: Das war ein Paukenschlag
Die Abfallexperten zogen die Zügel weiter an – bis zu jenem Paukenschlag mit den vermummten Müll-Operateuren. „Diese Kontrollen sind und bleiben je nach Tonnengröße und Tonneninhalt zeitlich sehr umfangreich“, sagt Anja Kohr. Seit Beginn Ende Oktober 2024 seien mehr als 750 Biotonnen auf diese Weise unter die Lupe genommen worden.
In der ersten Woche waren über die Hälfte der gecheckten Tonnen falsch befüllt. In der Endabrechnung für 2024 war der Wert auf durchschnittlich 35 Prozent gesunken. 2025 sind nun nur noch 21 Prozent der geprüften Biotonnen mit zu vielen Störstoffen behaftet. Das zeigt: Die scharfe Kontrollaktion wirkt.
So hoch sind die durchschnittlichen Bußgelder
„Von den Tonnen mit Fremdstoffen hatten 2024 etwa 40 Prozent ein Bußgeld zur Folge. 60 Prozent kamen mit der Bezahlung einer Sonderleerung davon“, so Kohr. „2025 gibt es für rund 21 Prozent der falsch befüllten Biotonnen ein Bußgeld und für 79 Prozent eine Sonderleerung.“ Die Sichtkontrollen der Müllwerker laufen parallel weiter. „Sie haben von November bis Mitte Dezember 2024 mehr als 350 Biotonnen zusätzlich gesperrt“, berichtet Kohr.
„Von Januar bis September 2025 wurden mehr als 1900 Sonderleerungen wegen der Sichtprüfung während der Abfuhr berechnet.“ 2024 seien Bußgelder von im Schnitt rund 130 Euro verhängt worden, 2025 von rund 120 Euro, „wobei sich die Mehrheit der Ordnungswidrigkeitsanzeigen in beiden Jahren auf 100 Euro belaufen“, so Kohr.

Bioabfall wird von BEM Umweltservice verarbeitet – Kompost, Strom und Wärme entstehen
Die Firma BEM Umweltservice GmbH, ein Ableger des Abfall-Multis Remondis, verwertet den Biomüll aus dem Hohenlohekreis: vor allem zu Kompost (6680 Tonnen in 2025), aber auch zu Strom und Wärme (1030 Tonnen in 2025). Dazu steuert BEM acht Anlagen an, nachdem die Müllfahrzeuge von Kurz den Bioabfall in Heilbronn abgeliefert haben und er dort zum Weitertransport umgeschlagen wird. Bis 2023 erfolgte dies in Öhringen.Seit Mai kann BEM Biomüllchargen ablehnen, wenn der Anteil der Fremdstoffe über drei Prozent liegt. „Bisher gab es noch keine Rückweisung“, sagt Kohr. Geprüft werde jede von einem Transport-LKW angelieferte Charge, jeweils rund 23 bis 25 Tonnen. Je nach Anlage gebe es unterschiedliche Verfahren, um die Störstoffe zu erkennen – aktuell durchaus auch noch Sichtprüfung.
Verwerter sind kulant und winken verunreinigte Chargen noch durch
„Wir sehen im angelieferten Material, ob der jeweilige Abfallwirtschaftsbetrieb bereits Maßnahmen gegen Störstoffe im Bioabfall ergriffen hat. Das gibt uns auch die Möglichkeit, Chargen, die nicht den Vorgaben entsprechen, kulanzhalber anzunehmen“, sagt Tobias Schmid vom BEM-Stoffstrommanagement.
Der Blick auf eine der Kompostierungsanlagen zeigt: Ohne die Kulanz des Verwerters wären allein an diesem Standort von Juni bis September fünf von 22 Chargen abgewiesen worden. Das sind 22,7 Prozent und entspricht so fast genau jenem Anteil an Fremdstoffen, den die AWH derzeit bei ihren Kontrollen ermittelt. Weil der Wert seit 2024 klar gesunken ist, meint Kohr: „Diese Maßnahmen machen also nach wie vor Sinn. Ohne sie wären die schlechten Anlieferungen mit Sicherheit wesentlich mehr.“