Bei Audi steigt der Druck durch den Halbleiterengpass
Lager leer, Lieferketten brüchig: Im dritten Quartal könnten die Auswirkungen der Chipkrise noch heftiger ausfallen, warnt Finanzvorstand Jürgen Rittersberger. Erstmal gab es aber einen Absatzrekord zum Halbjahr. Und künftig soll der Autobauer noch profitabler werden.

Das jüngste Halbjahr bei Audi ist noch besser gelaufen als bisher bekannt. Auf Rekordniveau lag der Absatz mit 981.681 Fahrzeugen. Der Umsatz hinkt mit gut 29 Milliarden Euro noch leicht hinter dem bisherigen Rekordhalbjahr 2018 her.
Die Umsatzrendite lag bei 10,7 Prozent und damit im angestrebten zweistelligen Bereich. "Und das unter diesen Umständen", kommentiert Finanzvorstand Jürgen Rittersberger im Gespräch mit der Heilbronner Stimme. „Wir sind mit hervorragenden Ergebnissen aus der Corona-Krise herausgefahren.“
Milliarden an Umsatz gehen verloren
Diese Umstände werden derzeit vor allem von der Chipknappheit und den dadurch verursachten Produktionsausfällen bestimmt. Audi habe in den sechs Monaten eine mittlere fünfstellige Zahl an Fahrzeugen verloren – also eine Größenordnung zwischen 40 000 und 60 000 Fahrzeuge.
Damit wird indirekt deutlich, dass trotz der guten Zahlen Umsatz in Milliardenhöhe fehlt. Angesichts von Schätzungen, dass der Automobilindustrie weltweit in diesem Jahr bis zu 110 Milliarden Euro verloren gehen, hat sich Audi damit bislang nicht schlecht geschlagen.
Gewinnbringende Modelle haben Priorität
Es gebe natürlich eine Priorisierung, welche Fahrzeuge mit den vorhandenen Teilen bevorzugt gebaut werden. Profitabilität eines Modells spiele dabei ebenso eine Rolle wie die Auswirkungen auf den Flottenverbrauch. „Und wir versuchen, Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen“, erklärt Rittersberger.
Das bedeute, dass Kunden auch mal auf Sonderausstattung wie ein Schiebedach verzichteten. Außerdem habe man vorübergehend noch Bauteile aus dem Lagerbestand nutzen können. „Die Vorräte werden jetzt aber deutlich knapper“, so der 49-Jährige. „Insofern erwarten wir, dass das dritte Quartal nun noch stärker vom Halbleiterthema betroffen sein wird.“ Es würden alle Quellen angezapft, auch bei unabhängigen Chiphändlern.
Einmaleffekt von einer halben Milliarde Euro
Angesichts solcher Herausforderungen beeindruckt ein operatives Ergebnis von 3,1 Milliarden Euro. Dafür verantwortlich waren unter anderem gesunkene Fixkosten. Es sei durch die Verknappung der Ware auch einfacher geworden, die Preise durchzusetzen.
Dazu kamen aber auch Einmaleffekte aus Rohstoff- und Währungssicherungsgeschäften - fast eine halbe Milliarde Euro machte dies aus, erklärt Rittersberger. Damit ist absehbar, dass sich die Zahlen aufs Jahr gesehen nicht alle verdoppeln werden - obwohl beim Absatz noch die zwei Millionen Fahrzeuge im Plan stehen.
Schon in zwei, drei Jahren bringen E-Modelle den Profit eines Verbrenners
Noch sind die Verbrenner-Fahrzeuge profitabler als E-Modelle. "Wir erwarten aber, dass wir in zwei bis drei Jahren eine Parität sehen zwischen Verbrenner- und elektrischen Fahrzeugen", erklärt Rittersberger. Das liege zum einen daran, dass die Anforderungen an die Benziner und Diesel mit der EU7-Norm steigen und damit hohe Investitionen notwendig seien.
"Zum anderen werden aber auch die batterieelektrischen Fahrzeuge zukünftig günstiger werden." Schon heute habe etwa der Q4 E-Tron die gleiche Marge wie der Q3 weltweit. Nicht äußern wollte sich Rittersberger zu einem möglichen neuen batterieelektrischen Einsteigermodell vergleichbar mit dem A1.
Profitabilität dürfte sich mittelfristig noch erhöhen
Auch wenn die Umsatzrendite im Gesamtjahr eher bei sieben bis neun Prozent als bei den knapp elf zum Halbjahr liegen werde, soll sich die Profitabilität mittelfristig deutlich verbessern. Software wie das neue Betriebssystem Cariad werde künftig nur noch einmal im Konzern entwickelt.
Ebenso gibt es künftig beispielsweise einheitliche Zellformate bei den Batterien. "Wir nutzen in Zukunft noch konsequenter die Synergien, die Konzernplattformen bieten", sagt Rittersberger. Das sei ein Vorteil, den die großen Wettbewerber in Stuttgart und München nicht haben. Langfristig sei es zudem wahrscheinlich, dass auch bei Verbrennermotoren die Komplexität reduziert wird.
Vorgesehener Stellenabbau noch nicht am Ziel
Der im Beschäftigungssicherungsprogramm Audi-Zukunft vorgesehene Stellenabbau werde im Lauf des Jahres zu knapp einem Drittel vollzogen sein. „Wir sind schon gut unterwegs, aber trotzdem liegt noch ein Weg vor uns“, sagt der Audi-Vorstand. Die Vereinbarung sieht vor, dass bis 2025 9500 Stellen abgebaut und 2000 in Zukunftssparten aufgebaut werden. Dafür gibt es bis 2029 keine betriebsbedingten Kündigungen.