Ziehen Flüchtlinge ins Wollhaus? OB Mergel und Eigentümer Neufeld äußern sich
Am Rande einer Veranstaltung des Innenstadtclubs werden Gerüchte laut, das Heilbronner Wollhaus könnte zur Flüchtlingsunterkunft werden. "Die Lage ist prekär", heißt es seitens der Stadt.

Die interessante Veranstaltung mit dem Präsidenten des Handelsverbands Deutschlands Dr. Alexander von Preen im neu gegründeten Heilbronner Innenstadtclub war eigentlich schon zu Ende. Dann ließ die Frage einer Einzelhändlerin aufhorchen. "Stimmen die Gerüchte in der Stadt, dass der Wollhaus-Turm als Asylantenheim genutzt werden soll", wollte die Frau wissen.
"Ich will das nicht ausschließen, ich kann das nicht ausschließen", antwortete Oberbürgermeister Harry Mergel. Auf die konkrete Nachfrage hin relativiert Mergel seine Aussage wenige Minuten später. "Wir prüfen alles, aber wir haben die Unterbringung in diesem Fall im Wollhaus ausgeschlossen", betont er. Es sei von ukrainischen Flüchtlingen die Rede. Nun seien auch Sporthallen für eine temporäre Unterbringung eine Lösung. "Die Lage ist prekär", sagt Bürgermeister Martin Diepgen. Aus gut informierten Verwaltungskreisen wird aktuell eine Zahl von 120 Personen genannt, die die Stadt schnell unterbringen muss.
Diskussionen um Wollhaus als Flüchtlingsunterkunft: Stadt Heilbronn hat Unterbringung geprüft
Für den Besitzer der Wollhausimmobilie ist eine Flüchtlingsunterbringung kein Thema. "Wir können das ausschließen", sagt Arthur Neufeld auf Anfrage. Gespräche mit der Stadt habe es in letzter Zeit nicht gegeben, so der Wollhaus-Investor. Am Anfang der Krise habe man die Option geprüft und nach Rücksprache mit der Stadt ausgeschlossen. "Der Turm ist nicht leer", betont Neufeld. "Für ein Flüchtlingsheim hätten wir gar nicht ausreichend Flächen zur Verfügung."
Die Stadtverwaltung hingegen erklärt: "Die Stadt Heilbronn hat im vergangenen Jahr das Angebot des Eigentümers geprüft, im Wollhaus-Zentrum Geflüchtete unterzubringen." Achim Bocher, Leiter des Amts für Familie, Jugend und Senioren sagt, grundsätzlich prüfe man alle Angebote. "In der Gesamtbewertung haben wir eine Anmietung zum Zwecke der Flüchtlingsunterbringung verworfen", unterstreicht Bocher bezüglich des Wollhauses.
Flüchtlinge im Wolhaus? Überraschung im Gemeinderat ist groß
Die Fraktionsvorsitzenden der großen Parteien im Heilbronner Gemeinderat sind von dem Vorstoß überrascht. "Die CDU-Fraktion wird alles dafür tun, um eine Wiederbelegung von Turnhallen zu vermeiden", betont Thomas Randecker. "Es ist Aufgabe des Bundes, den Zuzug und die damit verbundene Überlastung der Kommunen endlich zu ordnen und zu regulieren", fordert der CDU-Fraktionsvorsitzende auch die "Beibehaltung von Grenzkontrollen". "Es ist richtig, dass die Stadt alle möglichen Flächen zur Unterbringung zugeteilter Asylbewerber prüft", sagt Holger Kimmerle, Fraktionsvorsitzender der Grünen, der keine Abnahme der Flüchtlingszahlen erwartet.
"Die SPD-Fraktion steht dazu, dass die Stadt im Rahmen ihrer Verpflichtung und Zuständigkeit geflüchtete Menschen aufnimmt", unterstreicht Rainer Hinderer. Von einer Diskussion um das Wollhaus habe er nichts gehört, genau so wenig wie seine Fraktionskollegen. "Ich halte eine dezentrale Unterbringung gerade für die Akzeptanz und Integration für sinnvoll", betont FDP-Stadtrat Nico Weinmann, der Heilbronn und die Kommunen generell "an der Leistungsgrenze bei der Unterbringung von Flüchtlingen" sieht.
Unterbringung von Flüchtlingen in Heilbronn: Mehrere größere Standorte werden geprüft
In Heilbronn wurde zuletzt eine neue Unterkunft in einem Industriegebäude in den Böllinger Höfen diskutiert. Dort sei die Stadt in Verhandlungen bestätigte Bürgermeisterin Agnes Christner Mitte Juni am Rande einer Sitzung des Verwaltungsausschusses. Derzeit sind in den kommunalen Unterkünften in Heilbronn fast 1700 Flüchtlinge untergebracht.
"Wir rechnen mit einem moderaten Zugang von Geflüchteten aus der Ukraine und einem monatlichen Zustrom von Flüchtlingen aus anderen Ländern zwischen 20 und 30 Personen", schätzt Bocher. Aktuell prüft die Stadt daher die Unterbringung an mehreren größeren Standorten und die Anmietung weiterer Wohnungen.
Unterbringung in Heilbronn
In Heilbronn sind derzeit rund 1700 Flüchtlinge untergebracht. Dennoch sucht die Stadt händeringend weitere Unterkünfte. Ziel war es bisher immer dezentrale Standorte zu suchen und die Unterbringung in Turn- und Sporthallen zu vermeiden. Aufgrund der prekären Lage wurde Mitte Juni bekannt, dass die Stadt nun in einem Industriegebäude in den Böllinger Höfen eine neue Unterkunft eröffnen will.
Der Standort wurde auf Grund der schlechten Anbindung an den ÖPNV kritisiert. Derzeit betreibt Heilbronn sechs große Standorte mit einer Kapazität von insgesamt 960 Plätzen. Hinzu kommen zahlreiche angemietet Wohnungen.