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Nach Feuer im Stadtwald: Wie Heilbronn sich auf mehr Waldbrände vorbereiten muss

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Alexander Held ist Feuerökologe am European Forest Institute in Bonn. Nach dem Feuer im Heilbronner Stadtwald am Jägerhaus erklärt der Waldbrandspezialist, wie sich Ernstfälle vermeiden lassen können.


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Alexander Held ist Feuerökologe am European Forest Institute in Bonn. Nach dem Brand im Heilbronner Stadtwald am Jägerhaus spricht er im Interview darüber über die Häufigkeit von Waldbränden – und wie sie sich vermeiden lassen. Am 13. Juli ist Alexander Held außerdem in der Sinsheimer Klimaarena beim Klimaforum mit dem Vortrag „Waldbrand in Deutschland – wie real ist die Gefahr?“ zu Gast. 

Herr Held, am Wochenende brannte es im Heilbronner Stadtwald, ein Flächenbrand. Wir kennen die dramatischen Bilder aus Los Angeles, aber auch in Europa. Müssen wir uns hierzulande zunehmend auf ähnliche Waldbrände einstellen, insbesondere angesichts des Klimawandels?

Alexander Held: Wir haben jetzt im Frühjahr eindrücklich gesehen, dass – bedingt durch den Klimawandel – die Wetterlagen sehr stabil sein können. Ein Hoch hat sich über Europa wochenlang gehalten, und das in einer Zeit, in der die Vegetation noch vom Winter trocken ist. Die Kombination aus „gutem Feuerwetter“ und brennbarer Vegetation hat dazu geführt, dass wir, unter anderem in Deutschland, relativ viele Brände hatten. Es war das Zusammenspiel verschiedener Faktoren zum richtigen Zeitpunkt. Diese Wetterlagen, darauf deuten die Messdaten hin, werden wir öfter bekommen.  


Nimmt die Zahl der Waldbrände hierzulande zu, oder ist das eher ein subjektiver Eindruck?

Held: Beides. Über lange Jahre haben wir beobachtet, dass sich die Zahl der Feuer in Deutschland und Europa kaum verändert hat – sie ging mal leicht nach oben, mal leicht nach unten. Bemerkenswert war aber, dass es mehr Katastrophenfeuer gab. Jetzt stellen wir fest, dass es plötzlich an Orten und in Gegenden brennt, die bisher nicht zu den „üblichen Verdächtigen“ gehörten, im Schwarzwald, im Odenwald oder eben in Heilbronn. Damit geht die Zahl der Brände jetzt tatsächlich hoch.

Ist die Feuerwehr Ihrer Einschätzung nach gut gerüstet für solche Ernstfälle?

Held: Die Feuerwehren sind mit dem Thema Waldbrand in den letzten Jahren stark konfrontiert worden, es hat ein enormes Umdenken stattgefunden. Viele Wehren haben eigene Erfahrungen gemacht und erkannt, dass Ausbildung, Ausrüstung und Erfahrung fehlen. Das deutsche Feuerwehrwesen rüstet jetzt nach. Das große Aber: Bis das in der Praxis ankommt, werden Jahre vergehen. 

Am vergangenen Samstag kam es im Heilbronner Stadtwald zu einem Flächenbrand. Alexander Held ist Feuerökologe am European Forest Institute in Bonn.
Am vergangenen Samstag kam es im Heilbronner Stadtwald zu einem Flächenbrand. Alexander Held ist Feuerökologe am European Forest Institute in Bonn.  Foto: Feuerwehr Heilbronn (links) / privat (rechts), Montage: Stimme.de

Wie lange dauert es, bis sich eine durch Feuer geschädigte Waldfläche wieder ökologisch erholt?

Held: Das hängt vom Einzelfall ab. Alle Feuer zu dieser Jahreszeit haben auf relativ kühlem und feuchtem Boden gebrannt, sie waren also oberflächlich. Die Regeneration aus den Wurzeln, verbrannten Stöcken oder Samen sollte in der Regel kein Problem sein. Unter anderen Bedingungen – zum Beispiel im Sommer, bei extremer Trockenheit – sieht das anders aus. Dann ist das Feuerverhalten intensiver, und die Auswirkungen sind dramatischer.

In rund 77 Prozent der Fälle bleibt die Brandursache unbekannt, so die Datenlage von 2023. Wie wahrscheinlich ist es, dass sich Feuer ohne menschlichen Einfluss entzünden?

Held: Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass ohne menschliches Zutun ein Feuer bei uns entsteht. Wir haben hier nur sehr wenige natürliche Feuerquellen wie Trockengewitter oder Lavaflüsse. Ob eine Glasscherbe oder eine Zigarettenkippe im Wald, das ist alles menschlichen Ursprungs. Meist ist die Quelle Unachtsamkeit. Unser Problem in Deutschland ist: Es gibt, anders als international, in Deutschland keine forensische Unterursuchung der Waldbrandursachen. Insofern sind die Aussagen in den Statistiken mit Vorsicht zu genießen.


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Wie lassen sich Waldbrände verhindern?

Held: Das ist ein interdisziplinäres Thema und hat viel mit dem allgemeinen Problembewusstsein in der Bevölkerung zu tun. Wir haben zum Beispiel erfolgreiche waldpädagogische Ansätze für Kinder. Weitere Maßnahmen sind kurzfristig technische Prävention, Waldwege ertüchtigen, Pufferzonen schaffen, die Brandlast reduzieren und den Wald insgesamt naturnäher gestalten. Also dunkler, windstiller, abwechslungsreicher, feuchter, kälter, weniger brennbar. Aus dieser Mischung lässt sich ein Maßnahmenpaket schnüren, um mit den erhöhten Risiken in Zukunft besser umzugehen.

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