Verpackungssteuer in Heilbronn? Dehoga-Stadtverband und IHK lehnen Einführung ab
Die Stadt Heilbronn prüft derzeit die Einführung einer Verpackungssteuer nach Tübinger Modell. Beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband sowie bei der Industrie- und Handelskammer stößt der Vorstoß auf viel Kritik.
Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde die 2022 eingeführte Tübinger Verpackungssteuer für rechtmäßig erklärt. In Tübingen müssen Restaurants und Imbisse, die Essen und Getränke in To-Go-Behältern verkaufen, eine Abgabe zahlen. Seitdem erlebt das Modell bundesweit neuen Aufwind: Zahlreiche Städte prüfen eine Einführung, darunter auch Heilbronn. Sollte die Verpackungssteuer beschlossen werden, könnte sie frühestens 2027 in Kraft treten, teilt die Stadt auf Anfrage mit.
Die Maßnahme stößt auf geteilte Meinungen. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) lehnt sie strikt ab. Die Steuer verursache unnötige Bürokratie, belaste eine ohnehin angeschlagene Branche und diene weniger dem Umweltschutz als kommunalen Einnahmen. Besonders Betriebe mit mehreren Standorten seien durch unterschiedliche Regelungen benachteiligt. Der Vorsitzende des Heilbronner Dehoga-Stadtverbands, Thomas Aurich, kritisiert das Vorhaben: „Der Ansatz einer kommunalen Verpackungssteuer ist die komplizierteste Lösung.“ In einer Phase „ohnehin schwacher Nachfrage“ sei mit weiteren Umsatzrückgängen im To-go-Geschäft zu rechnen.
Verpackungssteuer in Heilbronn? Dehoga-Stadtverband will Einführung verhindern
Zudem warnt Aurich vor erheblichem Verwaltungsaufwand. Gastronomiebetriebe müssten Einwegverpackungen erfassen und regelmäßig Steuererklärungen abgeben. Das widerspreche dem Ziel des Bürokratieabbaus. Auch Gründerinnen und Gründer könnten abgeschreckt werden. Sein Fazit: „Wenn die Steuer kommt, wird die Frage eher sein, wie lange es dauert, bis Betriebsinhaber merken, dass diese Branche keinen Spaß mehr macht.“
Der Dehoga bezweifelt, dass die Verpackungssteuer messbare Umweltvorteile bringt. Thomas Aurich verweist auf Studien des Wirtschaftswissenschaftlers Stefan Moderau von der Universität Tübingen, der die Auswirkungen der Steuer auf das Abfallaufkommen in öffentlichen Mülleimern untersucht hat. Demnach blieb die Müllmenge trotz Steuer nahezu unverändert. Die Maßnahme fördere aber Mehrwegalternativen in den Gastrobetrieben – eine Pflicht, die seit 2023 für größere Betriebe bundesweit gilt, bislang jedoch kaum kontrolliert wird. Der Dehoga schlägt stattdessen eine einheitliche Mehrwertsteuer von sieben Prozent auf Speisen vor. Die Regelung ist ab 2026 im Koalitionsvertrag der designierten Bundesregierung vorgesehen.

Stadt Heilbronn prüft Verpackungssteuer: Zunehmende Vermüllung des öffentlichen Raums
Auch die Industrie- und Handelskammer Heilbronn-Franken (IHK) positioniert sich klar gegen die Steuer. Stefan Gölz, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Branchen und Recht, sagt: „Eine Verpackungssteuer führt vor allem zu mehr Bürokratie – bei Unternehmen und Verwaltung.“ Gastronomie und Einzelhandel in der Region seien überwiegend kleinbetrieblich strukturiert. „Dort noch mehr Auflagen draufzupacken, macht die Branchen nicht attraktiver, im Gegenteil.“ Die IHK warnt davor, „diese Branchen, die sich gerade von der Corona-Pandemie erholen und nach wie vor unter erheblichem wirtschaftlichen Druck stehen, noch weiter zu belasten.“
Auf Verwaltungsebene entstehe ebenfalls ein erheblicher Mehraufwand mit höheren Kosten für Betriebe, Stadt und Kundschaft. Die IHK verweist auf die Erfahrungen aus Tübingen: Das Ziel, das Müllaufkommen zu reduzieren, sei dort bislang nicht erreicht worden. Auch eine finanzielle Entlastung durch Mehrwegnutzung sei kaum spürbar. Vielmehr entstünden Zusatzkosten durch komplexe Meldeverfahren. Diese müssten die Betriebe an die Verbraucher weitergeben. Eine Verpackungssteuer könne das noch verschärfen. Auch für Gründer sieht die IHK Nachteile.