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Vergessene Funkstation der US Army im Heilbronner Stadtwald

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Eine marode Immobilie der US Army im Heilbronner Stadtwald hat längst ausgedient. Nun plant der Bundesforst den Abbruch der alten Funkstation und ist gespannt auf die Altlastenerkundung im Umfeld.

Ab vom Schuss steht im Stadtwald südlich der Waldheide eine alte Army-Funkstation.
Ab vom Schuss steht im Stadtwald südlich der Waldheide eine alte Army-Funkstation.  Foto: Krauth, Kilian

Vielen Menschen in der Region ist gar nicht bewusst, wie sehr Amerikaner nach 1945 die Stadt Heilbronn mitprägten. Zu Hochzeiten lebten hier 10.000 US-Bürger, 1988 noch 5000, heute nur 400. Nach dem Ende des Kalten Krieges blies die US-Army 1992 zum letzten Zapfenstreich. Größere bauliche Zeugen gibt es kaum noch: Herbert-Hoover-Siedlung, Teile der John-F.-Kennedy-Siedlung, drei Blocks der Wharton Barracks am Schwabenhof. Die Kirche der Militärgemeinde wird von syrisch-orthodoxen Christen genutzt. Und auf der Waldheide steht nur noch ein alter Helikopter-Hangar, der als Schafstall genutzt wird.


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Eigentlich hätte der Hangar 2018 wegen Baufälligkeit und aus hygienischen Gründen abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden sollen. Doch das Vorhaben liegt bis auf Weiteres auf Eis, lässt Oberbürgermeister Harry Mergel auf Stimme-Anfrage durchblicken. "Wir werden den Schafstall nicht abreißen, - zumindest vorerst nicht. Zum Wohl der Tiere setzt ihn das Gebäudemanagement nach Bedarf instand."

Stimme-Leser ist auf der Hut

Geschichtsbewusste Zeitgenossen wird das freuen, schließlich handelt es sich bei dem Gebäude um das letzte von Fort Redleg, - abgesehen von einem Wachturm, den sich längst der Stadtwald zurückerobert hat.

Zudem findet sich im Stadtwald versteckt ein Wachturm.Foto: Archiv
Zudem findet sich im Stadtwald versteckt ein Wachturm.Foto: Archiv  Foto: Pfäffle, Stefanie

Stimme-Leser Jörg Friedrich macht uns auf ein anderes Ex-US-Areal aufmerksam, auf das er rein zufällig beim Joggen gestoßen ist: Es liegt zwei Kilometer südlich der Waldheide im Gewann Hintersberg. Fußgänger erreichen es über einen schmalen Waldweg, der von der Donnbronner Straße abzweigt. Mit etwas Glück und winters bei wenig Laub weist ein gut 20 Meter hoher Sendemast den Weg, der von der Bundesnetzagentur betrieben wird.

In direkter Nachbarschaft findet sich ein mit robustem Maschendraht und Stacheldraht umzäuntes Gelände, ungefähr so groß wie ein Handballfeld. Hinter Hecken und Bäumen sind zwei Gebäude zu erkennen. Das kleine gleicht einem Trafohäuschen. Das andere ist rund 30 Meter lang und fünf Meter breit. Es hat an beiden Seiten sechs doppelflügelige Stahltüren. Die aufgesprühten Ziffern 965 erinnern an die 901 am Waldheide-Hangar und zeigen, dass die Immobilie einmal von der US-Army genutzt wurde.

Marode und heruntergekommen

Mit etwas Geschick lässt sich der Zaun überwinden. Jemand hat hier drei Kinderfahrzeuge entsorgt. Blaue Plastikfässer und Kartons dienten wohl als Behältnisse für Wildfutter. Weniger harmlos muten Metallfässer mit Warnhinweisen an. An der Decke fallen abgehängte Lochbleche auf, die wohl als Kabelträger dienten.

"Sieht alles ziemlich marode und heruntergekommen aus." So bringen es Larry Nicols als Garrison Commander der International Veterans Association und sein Jagdfreund Thilo Eberle auf den Punkt. Soviel sie wissen, sei hier früher über die Wharton Barracks, wo die komplette Army-Kommunikation angesiedelt war, eine Funkstation betrieben worden. Mehr wisse man nicht. "Einmal habe ich hier Ziegen grasen sehen", berichtet Eberle.


Nach eigenen Angaben hat Nichols früher als Soldat "Pershing-Atomsprengköpfen durch die Gegend gefahren" und den Waldheide-Hangar bewacht, "aber nichts mit den Funkern zu tun" gehabt.

Altlasten im Nationalen Naturerbe

Laut Immanuel Schmutz, der bei der Stadt Heilbronn die Abteilung Forst- und Landwirtschaft leitet, gehört die ehemalige US-Liegenschaft dem Bund, ebenso wie weite Teile des Waldes am Hintersberg und Reisberg, die als "Nationales Naturerbe" ausgewiesen seien.

Das letzte Gebäude auf der Waldheide ist ein ausgedienter Hubschrauberhangar, der als Schafstall dient. Foto: Archiv/Pfäffle
Das letzte Gebäude auf der Waldheide ist ein ausgedienter Hubschrauberhangar, der als Schafstall dient. Foto: Archiv/Pfäffle

Vor diesem Hintergrund wird es Jörg Friedrich ganz anders. Nachdem er die heruntergekommene Anlage entdeckt hatte, wollte er sich im Internet schlau machen. "Aber da findet man nicht viel." Kleine Ausnahme: In einem Chat stieß er auf einen Eintrag, nach dem in dem Bereich rund um uralte Schützengräben jede Menge Altlasten im Boden schlummern: Munitionsreste, angeblich aber auch Fässer, weshalb die Amis den Bereich früher mit Totenkopf-Schildern als Sperrgebiet ausgewiesen hätten.

Bund erwägt Abbruch

Für Immanuel Schmutz ist es "nichts Ungewöhnliches, dass auf ausgedienten Truppenübungsplätzen Munitionsreste liegen" - oder auch in Baumstämmen stecken. Sein Kollege vom Bundesforst, der für das Gelände der ehemaligen Funkstation zuständig ist, will sich dazu nicht äußern. Er verweist auf die zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. "Für die Gebäude liegen keine längerfristigen Nutzungsabsichten vor", erklärt deren Sprecher Marius Höhne, vielmehr werde der Rückbau "in Erwägung gezogen".

Von der Bundesforstbehörde seien bereits Gutachten zur Bewertung der Kampfmittel- und Altlastenbelastung in Auftrag gegeben worden. Aufgrund der früheren Nutzung des Bereiches sei das Vorkommen von Munition und Munitionsresten im Boden oder Bestockung nicht auszuschließen. "Technische Untersuchungen zur genaueren Bestimmung der Belastung sind hierfür angesetzt." Zu Fässern im Boden lägen der Behörde jedoch keine Ergebnisse oder Aufzeichnungen vor.

 
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