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Ringen um den Klima-Masterplan für Heilbronn

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Fast alle Heilbronner Fraktionen stehen hinter dem neuen Werk, sehen aber Verbesserungsbedarf. Der Zeitplan ist ein Kritikpunkt. Nur die AfD verweigert dem Plan die Zustimmung - und ihr Sprecher zieht Vergleiche zum Ablasshandel im Mittelalter.

von Carsten Friese
Eine Solaroffensive mit Photovoltaikanlagen auf 500 Heilbronner Dächern sieht der Masterplan Klimaschutz vor. Bis 2030 sollen Treibhausgas-Emissionen um 40 Prozent sinken. 
Foto: Archiv/Stockburger
Eine Solaroffensive mit Photovoltaikanlagen auf 500 Heilbronner Dächern sieht der Masterplan Klimaschutz vor. Bis 2030 sollen Treibhausgas-Emissionen um 40 Prozent sinken. Foto: Archiv/Stockburger  Foto: Stockburger

Es ist ein flammender Appell, der in einen Aufbruch in der Stadt münden soll. "Wir haben noch zehn Jahre Zeit, um zu handeln, damit die Erde bewohnbar bleibt." Diese Worte ließ Oberbürgermeister Harry Mergel bei der Vorstellung des Klimaschutz-Masterplans im Gemeinderat Wissenschaftler und Arzt Dr. Eckhard von Hirschhausen per Videobotschaft in die Ratsrunde sagen. Die Stadt Heilbronn stelle sich "einer der größten Herausforderungen unserer Zeit", führte Mergel in das 180 Seiten dicke Planwerk ein. Treibhausgase (minus 40 Prozent) und Energiebedarf (minus 15 Prozent) sollen bis 2030 deutlich sinken. Bis 2050 soll Heilbronn dann fast klimaneutral sein, ist das bisherige Ziel.

Ein Ziel: Verzicht auf Kohle und Öl bis 2050

Dürren, Überschwemmungen, schmelzende Gletscher, sterbende Waldbäume: Die Klimakrise zeigt bedrohliche Ausmaße. Heilbronn müsse Verantwortung übernehmen und für Veränderungen sorgen, "als Stadt und jeder Einzelne", forderte Mergel. Dass dies große Anstrengungen erfordern, machte Florian Baasch von der Stabsstelle Stadtentwicklung und Zukunftsfragen deutlich. Den Energieverbrauch deutlich senken, erneuerbare Energien stark ausbauen gehört zum Programm (siehe Kasten). Einen Verzicht auf fossile Energien wie Kohle oder Öl bis 2050 stellte Baasch in Aussicht. Das Ziel-Szenario sieht vor, die Sanierungsrate bei Altgebäuden der Stadt um das Fünffache zu steigern. Aber auch Industrie und private Haushalte müssten mit ins Boot, um die Treibhausgase zu verbannen.


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Windparks in die Stadt? Ablehner und Befürworter im Rat

Der Gemeinderat steht - bis auf die AfD - hinter dem Masterplan. Doch in der Diskussion wurde deutlich, dass im Detail noch einige Kämpfe zu den 26 geplanten Einzelmaßnahmen zu erwarten sind. CDU, FDP und Freie Wähler beantragten gleich, dass die Verwaltung statt in eine Machbarkeitsstudie für Windparks lieber in bestehende Windparks andernorts oder Beteiligungsfonds investieren solle. Dies sei ressourcen- und flächenschonender, unterstrich Christoph Troßbach (CDU). Insgesamt stehe man aber hinter den Zielen.

Herbert Burkhardt (Freie Wähler) sagte, man werde in dem Strauß an Vorschlägen "das Machbare vom Wünschenswerten" unterscheiden müssen, um Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen. "Auf geht"s, wir packen jetzt an", sagte er.

Weinmann regt Heilbronner Klimafonds an

Der Klimawandel sei schon deutlich spürbar, will auch Nico Weinmann (FDP) die große Herausforderung annehmen. Für ihn ist ein Vertrauen auf "ökonomisches Kalkül" und Innovation der richtige Weg. Man könne den Handel mit Emissionszertifikaten auf andere Bereiche übertragen. Es bringe mehr als moralische Appelle. Zudem regte er an, einen Heilbronner Klimafonds aufzubauen, um den Klimaschutz in der Stadt voranzubringen.


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Grüne fordern schnelleren Zeitplan: Heilbronn solle Zugpferd werden

Nicht ambitioniert genug ist der Masterplan für die Grünen. Heilbronn solle nicht erst 2050 klimaneutral werden, solle beim Klimaschutz nicht weiter "Hinterherlauf-Stadt" sein, kritisierte Isabell Steidel. Aus ihrer Sicht beginnen viele Projekt zu spät. Die Grünen plädieren für eine Verbannung der Treibhausgase bereits bis 2035. Dann werde die Stadt beim Klimaschutz "ein Zugpferd".

Ein weiterer Baustein im neuen Klimaschutz-Konzept: Rund 50.000 neue Bäume sollen in den nächsten Jahren in der Stadt Heilbronn gepflanzt werden. Sie binden zum Beispiel Kohlendioxid. 
Foto: Archiv/Sawatzki
Ein weiterer Baustein im neuen Klimaschutz-Konzept: Rund 50.000 neue Bäume sollen in den nächsten Jahren in der Stadt Heilbronn gepflanzt werden. Sie binden zum Beispiel Kohlendioxid. Foto: Archiv/Sawatzki  Foto: Sawatzki

"Es wird sehr viel besser als bisher", lobte Tanja Sagasser-Beil (SPD) den Masterplan. Für Heilbronn sei er "ein großer Wurf". Wie die Grünen halten die Genossen an einer Machbarkeitsstudie zu möglichen Windparks fest. Und: Eine Förderung von privaten Gebäudesanierungen sollte ein Baustein werden.

Konrad Wanner (Linke) betonte, beim Verringern der Treibhausgase müsse es schneller gehen. Er fordert mehr Investitionen in Nahverkehr, Radwege, Fußverkehr. Man müsse Investitionen künftig viel mehr auf ihre Klimawirksamkeit ausrichten.

Die AfD verweigerte dem Plan die Zustimmung und enthielt sich. Der Klimawandel sei nicht menschengemacht, sondern in erster Linie durch Vulkane und die Unstetigkeit der Umlaufbahn der Erde um die Sonne verursacht, sagte Raphael Benner. Die Diskussion um das Einhalten eines 1,5-Grad-Zieles komme ihm vor "wie der mittelalterliche Ablasshandel", tauchte der AfD-Sprecher tief in die Kirchenhistorie ein.

Maßnahmenbündel

Neben Solaroffensive auf städtischen Dächern und 50 000-Bäume-Programm sieht der Masterplan viele weitere Maßnahmen vor. Ein Umweltpakt Wirtschaft, ein kommunaler Wärmenutzungsplan, energieeffiziente Quartiere oder ein Klimaschutzbeirat gehören ebenso dazu wie die personelle Aufstockung der Klimaschutzleitstelle, Auflagen für Planung und Bauen im Stadtgebiet, ein Wettbewerb unter Schulen oder Förderprogramme. Bei den Zeitvorgaben für die Klimaziele deutete OB Harry Mergel Flexibilität an. Man werde die Ziele den neuen Vorgaben des Landes anpassen, kündigte er an. Die neue Koalition will 2040 Klimaneutralität erreichen.

 
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