Warum die Stadt Heilbronn an Tempo 40 festhält
Tempo 30, 40, 50: Heilbronner Stadträte meinen, Autofahrer blicken da nicht mehr durch und fordern einheitliche Geschwindigkeiten. Doch die "Lufthoheit" liegt meist beim Regierungspräsidium Stuttgart, und das rüttelt an den Schildern nicht.

Jeder Fahrschüler weiß: Die zulässige Höchstgeschwindigkeit in geschlossener Ortschaften liegt bei 50 Kilometer/Stunde (km/h). Laut Straßenverkehrsordnung kann davon abgewichen werden - aber nur nach strengen Regeln. Tempo 30, 40, 50: Unter Stadträten ist eine Debatte um unterschiedliche Geschwindigkeiten auf Heilbronner Straßen entbrannt, manche meinen, Autofahrer würden nicht mehr durchblicken. Im Bauausschuss war Baubürgermeister Andreas Ringle um Aufklärung bemüht und stellte ganz klar fest: An Tempo 40 wird nicht gerüttelt, wobei die "Lufthohheit", also die Entscheidungsmacht, hier nicht bei der Stadt, sondern beim Regierungspräsidium liegt.
Sowieso nicht zur Debatte stehen und standen die 40er Schilder als Lärmschutzmaßnahme. Aber auch dort, wo die 40 zur Luftverbesserung beitragen soll - und diese tatsächlich besser geworden ist, wird sich nichts ändern. Ausnahme: An der Weinsberger Straße waren die Messsäulen von vornherein im Rahmen eines zweijähriger Versuchs bis Sommer 2022 installiert worden, hier soll sich noch dieses Jahr weisen, wie es weitergeht. Zwar liege man hier mit 33 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3) inzwischen unter dem Stickoxid-Grenzwert von 40 µg/m³, aber nach wie vor auch unter den "Top Ten" im Lande, wusste Ringle.
Es kommen wohl noch strengere Grenzwerte
Wie das RP in Erinnerung ruft, enthält der Heilbronner Luftreinhalteplan ein Bündel von Maßnahmen, die im Zusammenwirken die Einhaltung der Grenzwerte gewährleisten sollen. "Es liegt auf der Hand, dass, wenn dann dadurch, dass diese Maßnahmen insgesamt umgesetzt wurden, die Luft besser und genau damit das Ziel erreicht wird", erklärt der Referatsleiter. Würde man die Maßnahmen aufheben, bestehe "die Gefahr, dass wieder Überschreitungen drohen".
Erst wenn die Messwerte über Jahre positiv seien, käme eine Aufhebung einzelner Maßnahmen eventuell in Frage - aber nicht ohne Gutachten. Im Übrigen habe das RP die Entwicklung im Blick. Eine Entscheidung in den Folgejahren hänge auch von den Vorgaben der geplanten Novellierung der EU-Luftqualitätsrichtlinie ab. Soweit bekannt, sollen von der WHO empfohlene, strengere Werte schrittweise in europäisches und deutsches Recht übernommen werden.
Das sind die Vorgaben für Tempo 30
Ringle stellte zudem klar: Tempo-30-Zonen gibt es vor allem in Wohngebieten, in manchen wurden sie erst 2022 flächendeckend ausgedehnt. Auf Durchgangsstraßen wird die 30 vom RP aber auch aus Sicherheitsgründen erlaubt: im "unmittelbaren Bereich" von Kitas, Schulen, Heimen oder Krankenhäusern, manchmal greift hier auch das Schild "verkehrsberuhigter Bereich", also Schrittgeschwindigkeit für alle. Tempo 30 kann aber auch aus Lärmschutzgründen ausgewiesen werden, was den Krach um rund drei Dezibel reduziere, dies entspricht laut Andreas Ringle immerhin einer der Halbierung der Intensität.
Rege Debatte im Ratsrund
Im Ratsrund verlor die Tempo-Debatte nach Ringles Statement kaum an Fahrt. "Ich will 30 und 40 gar nicht in Frage stellen", betonte Harald Pfeifer (SPD), unter dem Aspekt der Sicherheit wünsche er sich aber "mehr Einheitlichkeit". Susanne Schnepf (CDU) zeigte sich "besorgt", dass man durch strengere EU-Grenzwerte bald langsamer fahren muss. "Die Vielfalt überfordert viele Fahrer", meinte auch Gottfried Friz (FDP). Tatsächlich gebe es eine Initiative, die hier mehr Gestaltungsspielraum für Kommunen fordert. Heilbronn werde sich hier einbringen, sagte Ringle.
Für Alfred Dagenbach (AfD) "konterkariert" die stockende Grüne Welle alle Bemühungen zur Drosselung der Schadstoffe. Für die durchgängige 40 sprach sich Konrad Wanner (Linke) aus. "Wo es gelebt wird, hilft es auch Fußgängern, Radlern, dem Abbiegeverkehr" und der Umwelt: ganz im Sinne des Mobilitätspaktes. Ulrike Morschheuser (Grüne) brachte es so auf den Punkt: "Die urbane Durchschnittsgeschwindigkeit liegt eh bei 20 bis 30 km/h - egal was auf den Schildern steht."