Blitzer: In Heilbronn blitzt es pro Jahr mehrere zehntausend Mal
Tempo 40 kommt die Autofahrer teuer zu stehen. Laut Stadtverwaltung stellt sich aber ein Gewöhnungseffekt ein.

Es herrscht dicke Luft in Heilbronn. Zumindest entlang einiger innerstädtischer Hauptverkehrsachsen. Seit Ende Oktober 2019 gilt deshalb in der Weinsberger Straße Tempo 40. Andere viel befahrene Straßen im Stadtgebiet folgten sukzessive. Das Ziel des eher ungewöhnlichen Tempolimits: Die Luft soll weniger stark belastet und der Lärm reduziert werden. Die Kehrseite: Die Zahl der Geschwindigkeitsüberschreitungen in der Stadt Heilbronn ist gestiegen.
Tempo 30 längst keine Seltenheit mehr
Innerorts gilt Tempo 50. Ab dem gelben Ortsschild. Das lernt jeder Fahrschüler bereits in den ersten Theoriestunden. Ein zusätzliches Schild, das die zugelassene Geschwindigkeit anzeigt, ist dafür nicht notwendig. Auch Tempo 30 ist längst keine Seltenheit mehr. In vielen Kommunen müssen die Autofahrer aus Lärmschutzgründen auch auf Ortsdurchfahrtsstraßen auf die Bremse treten. Aber Tempo 40 auch auf vierspurigen Straßen? Die Heilbronner Autofahrer mussten sich erst daran gewöhnen.
Franziska P. schüttelt den Kopf. Immer wenn die Talheimerin am Rosenberghochhaus an der roten Ampel steht, sieht sie zu, wie die Autofahrer an der Kreuzung vom stationären Blitzer in der Südstraße fotografiert werden. "Es ist jedes Mal so. Offenbar lernen die Leute einfach nichts dazu", sagt die 25-Jährige.
Meiste Verstöße in der Neckarsulmer Straße
Tatsächlich hat die Messstelle in der Südstraße im vergangenen Jahr 10.665 Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt. Hier gilt Tempo 40. Eine noch höhere Zahl weist nur noch der stationäre Blitzer in der Neckarsulmer Straße auf. 10.738 Mal hat er 2021 ausgelöst. Auch hier gilt Tempo 40. "Dazu muss man wissen, dass die Beanstandungsquote immer höher ist, je niedriger die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist", so Pressesprecherin Claudia Küpper.
Stadt sieht Rückgang der Beanstandungen
Die Heilbronner haben sich inzwischen offenbar auf die ungewöhnliche Geschwindigkeitsbeschränkung eingestellt. "Es gab einen gewissen Gewöhnungseffekt, also einen Rückgang der Beanstandungsquote nach einiger Zeit", so Claudia Küpper. Konkrete Zahlen nennt die Stadt nicht. Auch ob denn dann die auswärtigen Autofahrer für die zahlreichen Geschwindigkeitsüberschreitungen verantwortlich sind, lasse sich nicht bestimmen. "Eine Statistik über auswärtige und einheimische Kraftfahrer wird nicht geführt", so die Pressesprecherin.
Luftreinhalteplan für Heilbronn
Mit einer Rückkehr zu Tempo 50 auf den derzeitigen 40er-Straßen ist erst einmal nicht zu rechnen. Die Anordnung von Tempo 40 als zulässige Höchstgeschwindigkeit beruht laut Claudia Küpper auf zwei Anordnungsgrundlagen. So habe das Regierungspräsidium Stuttgart in seinem Luftreinhalteplan für Heilbronn die Anordnung von Tempo 40 als Maßnahme festgelegt. "Dementsprechend muss auch das Regierungspräsidium Stuttgart als zuständige Behörde auch über das Ende der Maßnahmen entscheiden." Bis zu einer solchen Entscheidung bleibe die Geschwindigkeitsbeschränkung weiter erhalten.
Maßnahmen gegen Straßenlärm
Darüber hinaus hat der Gemeinderat bei der Fortschreibung des Lärmaktionsplans 2019 in einzelnen Straßenabschnitten Tempo 40 beschlossen. Dabei einigte sich das Gremium auf einen Maßnahmenkatalog für besonders durch Straßenverkehrslärm betroffene Bereiche. Es folgte als zweite Anordnungsgrundlage unter anderem auch Tempo 40 in der Weinsberger Straße, in der Wollhausstraße, in der Wilhelmstraße und in der Oststraße. "Ob Tempo 40 in diesen Straßenbereichen beendet werden kann, muss im Zuge der nächsten Fortschreibung des Lärmaktionsplans entschieden werden", so Claudia Küpper.
Mit 73 Stundenkilometer zuviel
Für den einen oder anderen Autofahrer scheint die Frage nach Tempo 50 oder 40 aber auch keinerlei Rolle zu spielen. So hat die Stadt Heilbronn im vergangenen Jahr auf Tempo-40-Straßen mehrfach Geschwindigkeiten von mehr als 100 Kilometer pro Stunde gemessen. Spitzenreiter ist ein Autofahrer, der mit 113 Stundenkilometer in der Neckarsulmer Straße im geblitzt wurde. Im weiteren Verlauf Richtung Neckarsulm wurde ein Autofahrer im Bereich 60/70 mit 141 Sachen auf dem Tacho erwischt.
Mit Abstand die meisten Verstöße bei Tempo 40
Die Beschränkung auf Tempo 40 auf innerstädtischen Straßen kostet die Autofahrer das meiste Geld. Zumindest, was die gemessenen Tempoüberschreitungen betrifft. Das gilt nicht nur bei den Blitzern, die regelmäßig ihren Standort ändern. Von den 2021 insgesamt 27 632 gemessenen Beanstandungen der jeweils Top-fünf-Blitzer entfallen 18 734 auf Tempo 40. Noch gravierender fällt das Verhältnis bei den Top fünf der stationären Geschwindigkeitsmesser aus. 27 659 Mal haben sie im vergangenen Jahr Temposünder fotografiert. Davon 21 404 Mal auf einer Tempo-40-Straße.