Grundstücksbesitzer auf den Klingenäckern verärgert über hohe Grabungskosten
Die archäolgischen Rettungsgrabungen im Heilbronner Baugebiet Klingenäcker werden teuer. Im Bauausschuss wurden die Grabungen jetzt vergeben. Die Kosten in Höhe von 3,7 Millionen Euro werden nun auf die rund 75 privaten Grundstückseigentümer umgelegt. Weitere Verzögerungen stehen im Raum.

Geht es um das Sontheimer Baugebiet Klingenäcker, erzählt Wolfram Rudolph gerne eine persönliche Anekdote. "Als ich im März 1980 geheiratet habe, hat meine Frau zu mir gesagt, bevor wir Kinder kriegen, bauen wir dort oben ein Häuschen", schildert der langjährige Bezirksbeiratsvorsitzende des drittgrößten Heilbronner Stadtteils. Die Kinder des Ehepaares sind heute zwischen 35 und 40 Jahre alt, aber ein Häuschen haben die Rudolphs bis heute nicht auf den Klingenäckern gebaut - genauso wenig wie die zahlreichen Sontheimer und andere Interessenten, die seit vielen Jahren auf den Baustart hoffen und immer wieder vertröstet werden.
Nun ist zu der unendlichen Geschichte des Sontheimer Baugebietes ein weiteres unerfreuliches Kapitel hinzugekommen. Denn in der jüngsten Sitzung des Heilbronner Bau- und Umweltausschusses am 12. Oktober wurde bekannt, dass die Rettungsgrabungen, die das Landesdenkmalamt fordert (wir berichteten), teuer werden.
Auf insgesamt gut 1,5 Millionen Euro werden die Grabungen veranschlagt. Die Kosten werden auf die rund 75 privaten Grundstückseigentümer umgelegt, die 3,1 Hektar der Flächen im Besitz haben. Die kommunalen Flächen umfassen 4,5 Hektar. Auf dem Gelände wurden bei archäologischen Voruntersuchungen historische Funde aus verschiedenen Epochen entdeckt, darunter Gräber aus der Kelten- und Merowingerzeit.
"Hier werden seit Jahren Lebensplanungen vieler Menschen über den Haufen geworfen, weil sich die versprochene Erschließung Jahr um Jahr verschiebt", ärgert sich Jasmin Schwarz. Seit Jahren will die 38-Jährige auf ihrem Grundstück auf den Klingenäckern bauen und muss hilflos zusehen, wie sich der Baustart immer wieder verzögert.
2018 mussten Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg verfüllt werden, wenig später verzögerten Zauneidechsen, die weiteren Planungen. Ende 2020 wurde mitgeteilt, dass Rettungsgrabungen notwendig sind. "Es war schon 2004 bekannt, dass dort Merowinger-Gräber liegen, aber passiert ist nichts", erhebt Jasmin Schwarz Vorwürfe gegen das städtische Bauamt. Tatsächlich schreibt das Landesdenkmalamt, dass die Stadt "auf das Erfordernis von Rettungsgrabungen seit 2004 hingewiesen hat". Das Schreiben liegt der Heilbronner Stimme vor.
Christiane Ehrhardt, Leiterin des Amts für Straßenwesen verweist darauf, dass "der Bebauungsplan erst im April 2018 rechtsgültig geworden ist". Erst im Oktober 2020 sei die Freigabe zum Eingriff erteilt worden. Warum die Stadt nicht früher einen Bebauungsplan aufgestellt hat, bleibt offen. Jasmin Schwarz ärgert sich auch darüber, dass die Grundstückseigentümer bis heute noch nicht offiziell über den Beschluss aus dem Bauausschuss informiert wurden. "Ein Rundbrief mit den Informationen befindet sich im Versand, dieser wird zeitnah bei den betroffenen Bürgern eintreffen", versichert Ehrhardt.
Wolfram Rudolph setzt nun auf einen Kompromiss in der heutigen Bürgerversammlung in der Alten Kelter, die um 19 Uhr beginnt. "Ich hoffe, dass sich die Sache jetzt endlich zum Guten wendet", betont er. Sein Lösungsvorschlag: "Die Stadt sollte anbieten, einen Teil der Grabungskosten zu übernehmen", so der Beiratsvorsitzende.
Geschichte
Pläne, das Baugebiet auf den Klingenäckern am südlichen Ortsrand von Sontheim zu erschließen, gibt es bereits seit den 1970er Jahren. Nach vielen Verzögerungen schien im Frühjahr 2008 der Durchbruch gelungen. "Baugebiet kommt nach 30 Jahren auf die Zielgeraden", schrieb damals die Heilbronner Stimme. Dann wurden Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt, die verfüllt werden mussten. Es folgte ein Umsiedlungsaktion für Zauneidechsen. Schließlich machte das Landesdenkmalamt erneut klar, dass archäologische Ausgrabungen notwendig sind. Dass auf dem Gelände "zwei hochwertige archäologische Kulturdenkmale liegen", hatte das Amt bereits 2004 mitgeteilt.