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Warum bei SLK weniger Wurst auf dem Teller und weniger Essen im Müll landet

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Die Heilbronner SLK-Kliniken wollten ihren Speiseplan klimafreundlicher gestalten. Das Ziel: Weniger Fleisch- und Wurst sollen auf den Teller und weniger Essen weggeworfen werden. Was der Klinikverbund unternommen hat, um das zu erreichen.

Mehr als 11 Millionen Tonnen Lebensmittel landen jedes Jahr in Deutschland im Müll. Damit bei den Heilbronner SLK-Kliniken weniger Essen weggeworfen wird, wurde die Essensversorgung umgekrempelt.
Mehr als 11 Millionen Tonnen Lebensmittel landen jedes Jahr in Deutschland im Müll. Damit bei den Heilbronner SLK-Kliniken weniger Essen weggeworfen wird, wurde die Essensversorgung umgekrempelt.  Foto: Fevziie/stock.adobe.com

Rund fünf Prozent der weltweiten Treibhausgase gehen auf das Konto des Gesundheitswesens. "Das ist mehr als der Flug- und Schiffsverkehr zusammen", sagt Christin Löffler, Vorsitzende der Umweltkommission bei den Heilbronner SLK-Kliniken. Das Essen der Patienten habe einen großen Anteil am CO2-Ausstoß des Klinikverbunds. Das gelte besonders für Fleisch und Wurst. "Beides ist zudem für viele Erkrankungen verantwortlich, die wir bei SLK behandeln."

Deshalb hat sich das Unternehmen drei Ziele gesetzt: Das Essen soll nachhaltiger werden, der Wurst- und Fleischanteil sinken. Zudem sollen die Patienten mit der Umstellung zufrieden sein. Gemeinsam mit der DHBW Heilbronn startet SLK deshalb im vergangenen Jahr ein Forschungsprojekt. Dabei ziehen Studierende los, schauen Köchen über die Schulter, wiegen Lebensmittelreste, befragen Patienten.

Rund 300 Kilo Lebensmittelreste landen bei SLK täglich im Müll 

Katja Lotz
Katja Lotz  Foto: BE fotomedia

Die Ergebnisse sind für Katja Lotz, Leiterin des Studiengangs BWL-Food Management erschreckend. "Vieles wird weggeworfen, bevor es auf dem Teller landet." Zum Beispiel Brot. Der Brotanschnitt und die ersten beiden Scheiben jeder Seite landeten bisher im Müll. Der Grund: Für einige Patienten sind diese Stücke zu hart zum Kauen. Ganze Mülltonnen füllen die Studierenden auf diesem Weg mit Brot.


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Beträchtlich sind auch die Mengen, die die Patienten übrig lassen, darunter oft verpackter Frischkäse und Marmelade. Mehr als 300 Kilogramm Lebensmittelabfälle kommen so an einem Tag zusammen, berichtet Lotz. Bei einem Einkaufspreis von durchschnittlich sechs Euro pro Kilogramm Nahrung landen somit jährlich 470.000 Euro in der Tonne.

Bisher dachte das SLK-Küchenteam, die Patienten wollen viel Fleisch und Wurst

Stephanie Haußmann
Stephanie Haußmann  Foto: BE fotomedia

Für das Krankenhaus sind die Erkenntnisse weitgehend neu. "Wenn man mal sieht, wie viel Abfall an einem Tag zusammenkommt, regt das zum Nachdenken an", sagt Stephanie Haußmann, Geschäftsführerin der SLK-Service GmbH. Die Tochterfirma ist für die Verpflegung in den Kliniken zuständig.

Unerwartet sind auch die Ergebnisse der Patientenbefragung. Darin geben die meisten an, dass sie sich kleinere Portionen wünschen und mit weniger Wurst und Fleisch einverstanden sind. "Die Annahme der Köchinnen und Köche war bisher: Die Patienten wollen viel Wurst und Fleisch", erklärt Haußmann.

Statt Portionen können SLK-Patienten nun Scheiben wählen

Also macht sich das Krankenhaus daran, Lösungen für das Abfallproblem zu finden. Die seien nicht immer kompliziert, führt Lotz aus: Statt der ovalen Brotlaibe könne man Kastenbrot nehmen, bei dem weniger Scheiben weggeworfen werden müssen. Vollauf zufrieden sei man damit aber nicht, sagt Haußmann, weil noch immer Anschnitt übrig bleibt. Deshalb werden die Brotstücke nun gesammelt und an die Heilbronner Obdachlosenhilfe oder Foodsharing gespendet.

Den Speiseplan krempelt das Klinikum komplett um. Statt fester Menüs können Patienten Hauptspeise und Beilage nun frei wählen. Gibt es Gulasch und Spätzle, kann die Beilage auf Wunsch abbestellt werden. Genauso beim Frühstück: Statt Portionen Wurst und Käse können Patienten die Zahl der Scheiben wählen.

Bei dem Forschungsprojekt haben Studierende der DHBW Heilbronn dokumentiert, wie viele Lebensmittel bei den SLK-Kliniken im Müll landen. Besonders Brot wurde früher in großen Mengen weggeworfen.
Bei dem Forschungsprojekt haben Studierende der DHBW Heilbronn dokumentiert, wie viele Lebensmittel bei den SLK-Kliniken im Müll landen. Besonders Brot wurde früher in großen Mengen weggeworfen.  Foto: DHBW Heilbronn

Essen soll nicht nur nachhaltig sein, sondern auch schmecken

Christin Löffler
Christin Löffler  Foto: BE fotomedia

Mittag- und Abendessen, bisher immer mit Fleisch oder Fisch, können nun vegetarisch sein. Die Veggie-Gerichte werden zudem als klimafreundlich gekennzeichnet. "So wissen die Patienten, dass sie nicht nur etwas für sich selbst, sondern auch für die Umwelt tun können", sagt Haußmann. Dabei gehe es nicht darum, Patienten etwas vorzuschreiben, erklärt Löffler. "Das Ziel ist, den in unserer westlichen Welt aus dem Ruder gelaufenen Fleisch- und Wurstkonsum auf ein gesundes Maß zurückzufahren."

"Am besten funktioniert das durch schmackhaftes Ersetzen", sagt Lotz. Statt drei Scheiben Wurst könne man nur zwei auf den Teller legen und stattdessen einen kleinen Salat anbieten. "Das Wichtigste ist: Es muss schmecken und gleichzeitig gesund sein."

Weniger Lebensmittelabfälle sparen nicht automatisch Kosten ein

Die Umstellung der Speisepläne sei nicht leicht gewesen, sagt Löffler. "Fleisch und Wurst sind immer noch günstiger als Obst und Gemüse." Deshalb hat sich der Koch von SLK mit dem der Jugendherberge zusammengesetzt. "Gemeinsam haben sie eine Rezeptesammlung mit vegetarischen und günstigen Gerichten zusammengestellt, die in einer Großküche praktikabel umgesetzt werden können."


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Das Thema Kostensparen stehe bei dem Projekt nicht im Vordergrund, betont Haußmann. Durch das individuellere Abfragen der Menüs sei der Aufwand sogar höher. "Die vegetarischen Gerichte sind zudem teurer", gibt Löffler zu bedenken. "Das, was wir einsparen, geben wir wahrscheinlich an anderer Stelle wieder aus." Beim Brot sei der Unterschied aber deutlich merkbar, davon bestellen die Kliniken inzwischen weniger.

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Auch bei den Lebensmittelabfällen sei noch nicht absehbar, ob deutlich weniger weggeworfen wird. Laut Haußmann kämen gefühlt weniger Reste in der Küche an. "Das muss sich langfristig noch herausstellen." Für die Verantwortlichen hat es sich aber ohnehin schon gelohnt: Ende Juli wurde das Projekt mit dem Sonderpreis Nachhaltigkeit des Klinikverbands QuMiK ausgezeichnet.

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