Raserprozess: Tonaufnahme vom Unfall in der Wollhausstraße – Tränen im Gerichtssaal
Im sogenannten Raserprozess vor dem Heilbronner Landgericht ging es auch am Freitag emotional weiter. Ein Anwalt meldet Zweifel an einem fairen Prozess an und entschuldigt sich für einen Wutausbruch. Ein Sachverständiger macht Angaben zur Schuldfrage.

Die Jugendkammer spielte am Freitagvormittag ein Video vor, auf dem der tödliche Unfall vom 12. Februar in der Heilbronner Wollhausstraße akustisch aufgenommen wurde. Darauf ist ein Knall, quietschende Reifen, ein weiterer Knall und Stimmen zu hören. Die Tonaufnahme vom Unfallgeschehen war allerdings so schlecht, dass kaum nachvollzogen werden konnte, was gesprochen wurde.
Raserprozess in Heilbronn: Witwe des Todesopfers verlässt den Gerichtssaal
Familienangehörige des Todesopfers, die in dem Prozess auch als Nebenkläger auftreten, brachen in Tränen aus. Die Witwe des getöteten Familienvaters verließ mit psychologischem Beistand den Gerichtssaal. Zuvor hatte Rechtsanwalt Stefan Lay das Verfahren kritisiert. Er sagte, dass "wohl unstreitig die Hoffnung auf ein faires Verfahren und später auf ein gerechtes Urteil" beseitigt worden seien. Dabei bezog sich der Verteidiger auf den lautstarken Streit mit dem Beisitzenden Richter Markus Schönberger am Mittwoch.
Sachverständiger: Unfallopfer trifft keine Schuld
Laut dem verkehrsrechtlichen Sachverständigen Andreas Förch aus Neckarsulm wäre der Unfall am 12. Februar 2023 vermeidbar gewesen, wenn der 21 Jahre alte Angeklagte trotz bereits überhöhter Geschwindigkeit von mutmaßlich rund 80 Stundenkilometern reagiert hätte, sobald er den aus einer Ausfahrt fahrenden Mercedes gesehen haben muss. Den getöteten Fahrer, in dessen Auto der Angeklagte mit rund 100 Stundenkilometern knallte, treffe keine Schuld. "Das Unfallgeschehen war für das Opfer nicht vermeidbar", so Förch. Kurz zuvor hätte der Angeklagte eine Frau auf dem Zebrastreifen auf Höhe der Kreissparkasse erfasst, wenn sie nicht gerannt wäre.
Rechtsanwalt kritisiert Richter und entschuldigt sich für Wutausbruch
Am Vormittag meldete Lay Zweifel an einem gerechten Prozess an. Hintergrund ist der Streit zwischen ihm und Schönberger am Mittwoch. Dabei ging es um eine Formulierung des Vorsitzenden Richters Alexander Lobmüller im Zusammenhang mit einem Unfall, den der Angeklagte 2019 mit einem Motorrad verursachte. Dabei hatte Lobmüller gesagt, der Vater des Beschuldigten habe von der Geschädigten des Unfalls "gefordert", den Unfallschaden mit ihm ohne Anzeige zu regeln. Schönberger sagte, Lobmüller habe "gefordert" nicht gesagt. Darauf eskalierte der Streit. Lay und Schönberger schrien sich an. Lay schlug mit der Faust auf den Tisch.
Für Lay blieben nur zwei Alternativen übrig: "Entweder hatte der Beisitzende Richter Schönberger vorsätzlich gelogen oder er sagt subjektiv die Wahrheit, weil er der Hauptverhandlung nicht aufmerksam gefolgt war." Für seinen Wutausbruch am Mittwoch bat der Verteidiger um Entschuldigung.


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