Stimme+
Verhandlung am Landgericht
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Raserprozess in Heilbronn: Verteidiger zweifelt faires Verfahren und gerechtes Urteil an

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Im sogenannten Raserprozess vor dem Heilbronner Landgericht gehen die Emotionen weiter hoch. Bei einer Tonaufnahme des tödlichen Unfalls vom 12. Februar 2023 in der Wollhausstraße brachen Angehörige des Opfers in Tränen aus. Zuvor sagte Verteidiger Stefan Lay, der Beisitzende Richter im Verfahren lüge oder sei unaufmerksam.

Am 12. Februar vergangenen Jahres kam es in der Heilbronner Wollhausstraße zu einem tödlichen Unfall. Der mutmaßliche Raser, ein heute 21-Jähriger, steht vor Gericht.
Am 12. Februar vergangenen Jahres kam es in der Heilbronner Wollhausstraße zu einem tödlichen Unfall. Der mutmaßliche Raser, ein heute 21-Jähriger, steht vor Gericht.  Foto: HSt-Archiv (groß) / Christiana Kunz (klein)

Update vom 26. Januar, 19.45 Uhr: Hier lesen Sie den ausführlichen Bericht des aktuellen Prozesstages.

Ursprünglicher Bericht: Im sogenannten Raserprozess vor dem Heilbronner Landgericht ging es auch am Freitagvormittag emotional weiter. Bereits am vergangenen Verhandlungstag hatten sich Richter und und ein Anwalt gegenseitig angeschrien.

Die Jugendkammer spielte am Freitag ein Video vor, auf dem der tödliche Unfall vom 12. Februar in der Heilbronner Wollhausstraße akustisch aufgenommen worden ist. Darauf ist ein lauter Knall, quietschende Reifen und anschließend Stimmen in erster Linie einer verzweifelten und aufgebrachten Frau zu hören. Die Tonaufnahme war allerdings qualitativ so schlecht, dass nicht nachvollzogen werden konnte, was gesprochen wurde. Familienangehörige des Todesopfers, die in dem Prozess auch als Nebenkläger auftreten, brachen in Tränen aus. Die Witwe des getöteten Familienvaters verließ zwischenzeitlich mit psychologischem Beistand den Gerichtssaal.


Raserprozess in Heilbronn: Anwalt des Angeklagten zweifelt an fairem Verfahren 

Zuvor hatte Rechtsanwalt Stefan Lay Zweifel geäußert, dass „wohl unstreitig die Hoffnung auf ein faires Verfahren und später auf ein gerechtes Urteil“ beseitigt worden seien. Hintergrund seiner Befürchtung ist die lautstarke Auseinandersetzung zwischen dem Anwalt des Angeklagten und dem beisitzenden Richter Markus Schönberger während des mehr als acht Stunden dauernden Prozesstages am vergangenen Mittwoch. Dabei sei es um die Frage gegangen, ob eine Formulierung des Vorsitzenden Richter Alexander Lobmüller im Zusammenhang mit einem Unfall, den der Angeklagte bereits 2019 mit einem Motorrad verursachte, angemessen sei oder nicht. Dabei hatte Lobmüller gesagt, der Vater des Beschuldigten habe von der Geschädigten des Unfalls „gefordert“, den Unfallschaden mit ihm ohne Anzeige bei der Polizei zu regeln.

Schönberger hatte sich in den Disput zwischen dem Vorsitzenden Richter und dem Anwalt eingeschalten. Lobmüller habe das Wort „gefordert“ überhaupt nicht gesagt. Darauf eskalierte der Streit. Lay und Schönberger schrien sich gegenseitig an. Zwischendurch schlug Lay mit der Faust auf den Tisch.

Verteidiger des Angeklagten: Beisitzender Richter lügt oder ist unaufmerksam

„Diese Behauptung des beisitzenden Richters Schönberger war objektiv falsch, was wohl kaum einer der Verfahrensbeteiligten bestreiten wird“, sagte Lay am Freitag. Auch der Vorsitzende Richter räume die Äußerung ein. Damit blieben laut Lay nur zwei Alternativen übrig: „Entweder hatte der beisitzende Richter Schönberger vorsätzlich gelogen oder er sagt subjektiv die Wahrheit, weil er der Hauptverhandlung nicht aufmerksam gefolgt war.“ Für seinen Wutausbruch am Mittwoch bat der Verteidiger um Entschuldigung. „Leider überstieg der Grad meiner Empörung das Gebot der Mäßigung, weshalb ich auf den Tisch hieb und den beisitzenden Richter Schönberger anschrie“, so Lay.

Am 12. Februar vergangenen Jahres ist der heute 21 Jahre alte Angeklagte in der Heilbronner Wollhausstraße mit rund 100 Stundenkilometern mit seinem BMW in das Fahrzeug einer Familie gekracht. Der Vater starb noch am Unfallort. Die Ehefrau und die beiden Kinder wurden verletzt. Richter Lobmüller wies bereits zum Verhandlungsauftakt Mitte August darauf hin, dass einer Verurteilung wegen Mordes und dreifachen Mordversuchs infrage kommen könnte. Am Freitagvormittag wiederholte er diese Auffassung in seinem Rechtshinweis.

Am Freitagnachmittag wird der Prozess fortgesetzt. Ein ausführlicher Bericht folgt.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
Nach oben  Nach oben