Raser-Prozess in Heilbronn: Heute Entscheidung über Antrag zu geistiger Reifeprüfung des Angeklagten erwartet
Im Prozess um den tödlichen Unfall in der Heilbronner Wollhausstraße hört das Gericht am fünften Verhandlungstag Polizeibeamte. Die Kammer entscheidet voraussichtlich auch über einen Antrag der Verteidigerin des Angeklagten, die die geistige Reife ihres Mandanten prüfen lassen will.
Im Raser-Prozess vor dem Heilbronner Landgericht werden am Mittwoch vier weitere Zeugen gehört. Darunter Polizeibeamte und ein Mitarbeiter des Ordnungsamts. An diesem fünften Verhandlungstag wird voraussichtlich auch über den Antrag der Verteidigerin des Beschuldigten entschieden. Anke Stiefel-Bechdolf hatte am vorangegangenen Prozesstag beantragt, einen psychiatrischen Gutachter zu beauftragten, der den geistigen Reifezustand ihres Mandanten zum Zeitpunkt des Unfalls untersuchen soll.
Am 12. Februar dieses Jahres fuhr der Beschuldigte mit seinem BMW mit knapp 100 Stundenkilometer in der Heilbronner Wollhausstraße in das Fahrzeug einer Familie, die gerade aus einer Ausfahrt fuhr. Der Familienvater starb noch am Unfallort. Seine Ehefrau und die beiden Kinder wurden zum Teil schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten unter anderem Totschlag und mehrfachen versuchten Totschlag vor. Das Gericht hält auch eine Verurteilung unter anderem wegen Mordes und versuchten Mordes für möglich.
Raser-Prozess in Heilbronn: Jugendstrafrecht ist in weiten Teilen auch auf Heranwachsende anwendbar
Der Prozess wird vor der zweiten Großen Jugendkammer verhandelt, weil der Angeklagte zum Tatzeitpunkt 20 Jahre alt war. Das Jugendstrafrecht ist in weiten Teilen auf Heranwachsende, also auf Angeklagte, die zur Tatzeit 18 bis 20 Jahre alt waren, nach Maßgabe des Paragrafen 105 des Jugendgerichtsgesetzes anwendbar.
Dort sind laut Lutz Hils, Sprecher des Heilbronner Landgerichts, zwei Anwendungsfälle normiert: Wenn zum einen die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, dass er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand.
Fünfter Verhandlungstag beim Raser-Prozess am Landgericht Heilbronn: Erhöhte Bedrohungslage
Oder zum anderen, wenn es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt. „Täter mit Reifeverzögerungen oder Taten, die eigentlich für Minderjährige typisch und für Erwachsene untypisch sind, können den Rückgriff auf das Jugendrecht rechtfertigen“, so Hils.
Der fünfte Prozesstag findet am Mittwoch um 14 Uhr im Heilbronner Landgericht statt. Der Prozess steht wegen einer erhöhten Bedrohungslage unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen.


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