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Private Ukraine-Hilfe bricht im 40-Tonner auf

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Die Gruppe "Kirchhausen hilft" sammelt gezielt Notfallspenden und erhält eine riesige Unterstützung. Jetzt werden mehr als 600 Kartons in einen Sattelzug gepackt. Beim ersten Konvoi gab es vor Ort Tränen - weil an der ukrainisch-ungarischen Grenze offenbar nur selten Hilfe ankommt.

von Carsten Friese
Rangierte den Sattelzug zum Beladen vor die Zehntscheune: Arthur Mokstadt. 1278 Kilometer misst die Strecke in die ungarische Grenzstadt Kisvárda.
Rangierte den Sattelzug zum Beladen vor die Zehntscheune: Arthur Mokstadt. 1278 Kilometer misst die Strecke in die ungarische Grenzstadt Kisvárda.  Foto: Friese, Carsten

Hinweis: Für Nutzer aus der Ukraine stellen wir diesen Inhalt kostenlos zur Verfügung.

Ein 40-Tonner mit dringend benötigten Hilfsgütern für Menschen in der bombardierten Ukraine bricht am heutigen Freitag aus Kirchhausen auf. Aus einer privaten Idee ist über Vereine im Ort, Kliniken, Arztpraxen und hohe politische Kreise in Ungarn eine Spendenaktion gewachsen, die nicht nur den Stadtteil erfasst.

Das Besondere daran: Durch gezielte Kontakte in die Grenzregion wissen die Helfer der Gruppe "Kirchhausen hilft" genau, was vor Ort benötigt wird und wer es abnimmt. Über 600 Kartons mit warmer Kleidung, haltbaren Lebensmitteln, Babywindeln und Medikamenten, auch mit wichtigen medizinischen Notfallutensilien, waren am Donnerstag gepackt. "Die Spendenbereitschaft ist überwältigend", sagt Ideengeber Thilo Müllner (45).


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"Wie kann man privat helfen?", fragte sich der Rettungssanitäter angesichts der schlimmen Bilder aus der Ukraine. Über einen ungarischen Arbeitskollegen entstanden Kontakte zur ungarisch-ukrainischen Grenzregion, wo Flüchtende ankommen. Als Müllner einen Spendenaufruf auf seiner privaten Facebook-Seite postete, stand das Telefon nicht mehr still. Gut 200 Bürger meldeten sich in Kürze, rasch waren zwei Garagen voll. Vereine und die Kirche im Stadtteil leiteten den Aufruf weiter.

Stehen inmitten der Hilfskartons auch mit medizinischen Utensilien: (v. li.) Thilo Müllner, Dr. Mark Glasauer und Volker Bierbaum von "Kirchhausen hilft".
Stehen inmitten der Hilfskartons auch mit medizinischen Utensilien: (v. li.) Thilo Müllner, Dr. Mark Glasauer und Volker Bierbaum von "Kirchhausen hilft".  Foto: Veigel, Andreas

Sogar der Infrastrukturminister kam zu den Heilbronnern und bedankte sich

Mit sieben Sprintern fuhren Freiwillige die 1278-Kilometer-Strecke in die ungarische Grenzstadt Kisvárda, jeweils zwei Fahrer pro Wagen. Vor Ort war Müllner verwundert, dass sie die einzigen Spendenhelfer für die Ukraine und die Flüchtlinge waren. "Die ganzen Hilfslieferungen gehen nach Polen, an der ungarischen Grenze kommt fast nichts an." Abnehmer des Verteilzentrums "hatten Tränen in den Augen". Und sogar der Infrastrukturminister sei herbeigeeilt und habe sich für die Hilfe bedankt.


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Auch der Kirchhausener Internist und Hausarzt Dr. Mark Glasauer engagiert sich in der privaten Hilfsgruppe. Er fragte in Praxen und Kliniken nach medizinischen Notfallpaketen, kaufte auch ein paar Sätze selbst. Infusionssysteme, Beatmungsbeutel, Verbände aller Art, sterile OP-Masken und -Handschuhe sowie Insulin, Schmerzmittel und Antibiotika für die umkämpften Gebiete erhielt er, sortierte und beschriftete mit den vielen Helfern Kartons in mehreren Sprachen. Wichtig sei, dass Notfallmedizin angekündigt wird, betont Thilo Müllner, weil sie sonst in der Ukraine aussortiert werde - aus Angst vor möglichen Anschlägen von Saboteuren. Inzwischen hat die Kirchhausener Gruppe Bilder gesehen, dass ihre Hilfsmittel in der umkämpften Hauptstadt Kiew ankamen. Glasauer: "Das spornt natürlich an."

 


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Spedition stellt für die Tour kostenlos Sattelzug samt Fahrer zur Verfügung

Spenden fließen weiter, auch Firmen melden sich. Am Mittwochabend stapelten sich in der Zehntscheune meterhoch die gepackten Kartons. Gut 15 Helfer waren emsig dabei, neue Kleider und Lebensmittel zu verpacken. Jetzt, auf der zweiten Tour, soll alles in einem Sattelzug nach Kisvárda gebracht werden. Auf Anfrage des Kirchhauseners Dietmar Stürner stellt die Spedition Serr Sattelzug, Fahrer und Benzin zur Verfügung. Ein Ersatzfahrer fährt aus der Hilfsgruppe mit. "Wir haben nicht lange überlegt", sagt Serr-Fuhrparkleiter Dominik Schmitt. "Dann war klar, dass wir den Menschen in Not dort helfen."

Der Kirchhausener Volker Birnbaum, auch ein Mitorganisator der Aktion, ist überzeugt, dass solche Hilfstransporte nur dann etwas bringen, wenn sie gezielt mit Helfern vor Ort koordiniert werden. "Damit die Hilfe auch ankommt." Jetzt denkt die Gruppe bereits an einen dritten Transport nach Ungarn. Ab Samstag wird wieder gesammelt (siehe Kasten).

"Wir haben mit dieser Aktion den ganzen Ort mobil gemacht", freut sich Ideengeber Thilo Müllner. Eine kleine Hilfsorganisation sei da entstanden. Die ganzen Kontakte und Adressen von "Kirchhausen hilft" möchte er auch nach der jetzigen Nothilfe aufbewahren. Als Basis "für eine nächste Katastrophe".

Weitere Infos zur Aktion

Zusätzliche Informationen gibt es auf der Facebook-Seite "Kirchhausen hilft".

Weitere Sammlung

Zu einer weiteren Spenden-Sammelaktion für einen dritten Transport in die Ukraine ruft die Gruppe "Kirchhausen hilft" am Samstag, 12. März, auf. Zeitpunkt: 10 bis 12 Uhr an der Zehntscheune am Schloss. Spender und Helfer, die beim Sortieren und Verpacken mitmachen, sind willkommen. Benötigt werden vor allem Medikamente (gegen Schmerzen und Fieber), Verbandsmaterial, haltbare Lebensmittel, Babynahrung, Windeln, Damen-Hygieneartikel und möglichst neue Damen- und Kinderunterwäsche.

 

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