Platzprobleme im Heilbronner Erfrierungsschutz: Obdachlose teilweise abgewiesen
Die Nachfrage nach Plätzen im Erfrierungsschutz in Heilbronn ist groß. So groß, dass Obdachlose teilweise keine Übernachtungsmöglichkeit erhalten. Experten sehen gleich mehrere Gründe für die steigende Not.

Seit November sind die Räume des Erfrierungsschutzes im Freibad Neckarhalde geöffnet. Die Nachfrage ist so groß, dass an neun Tagen im Dezember Obdachlose wieder weggeschickt werden mussten, weil die 16 Betten nicht ausreichten, sagt Hans-Martin Klenk, Leiter des Wohnungsnotfallhilfe-Unterstützungszentrums der Aufbaugilde.
Manch einer habe provisorisch mit einer Isomatte im Flur schlafen müssen oder wurde ins Obdachlosenheim weitervermittelt. Auch Diskussionen unter den Menschen habe es gegeben, wer bleiben darf und wer gehen muss.
Nachfrage nach Übernachtungen im Heilbronner Erfrierungsschutz steigt seit Jahren
Die Stimmung war angespannt: "Ein Mann war sehr in Not", erinnert sich Klenk. Er hatte im Gegensatz zu den meisten anderen keinen Leistungsbezug wie beispielsweise Bürgergeld und auch keinen Personalausweis. "Unter diesen Umständen wäre er nicht mal im städtischen Obdachlosenheim untergekommen", weiß Klenk und betont: "Für diese Menschen sind wir vorzugsweise da." Auch werden im Erfrierungsschutz Menschen mit Hund aufgenommen, was aufgrund der Hausordnung im Obdachlosenheim nicht möglich wäre.
Die Nachfrage ist nicht nur im Dezember sehr hoch gewesen, sondern sie steigt seit Jahren: Im November 2021 waren es noch 85 Übernachtungen. Ein Jahr später waren es bereits 235. Und diesen November waren es schon 313. Hans-Martin Klenk macht vor allem einen Grund für die seit Jahren steigende Nachfrage fest: "Immer mehr Menschen sind in Wohnungsnot. Der Markt ist sehr angespannt."
Auch Räumungsklagen würden zunehmen. Während der Corona-Pandemie seien sie zwischenzeitlich ausgesetzt worden. Eine weitere Beobachtung: "Die Anzahl der psychisch angeschlagenen Menschen nimmt zu."
Sozialwohnungen fehlen auch in Heilbronn, Inflation bedrängt Bedürftige
Die Folgen seien gravierend: Man komme im Alltag nicht mehr klar, verliere vielleicht sogar seinen Job und im schlimmsten Fall die Wohnung. Gerald Bürkert, Geschäftsführer der Aufbaugilde Heilbronn, spricht von einer "beunruhigenden Lage". Die Zahl der Langzeitarbeitslosen steige deutschlandweit. Es gebe nicht genug Sozialwohnungen, und auch die Inflation hinterlasse ihre Spuren.
Sollte man nicht schaffen, Obdachlose von der Straße zu holen, geht Gerald Bürkert von "weitreichenden Konsequenzen" aus. Soziale Unruhen, Drogen- oder Gewaltszenen könnten sich folglich in Heilbronn breitmachen, sagt er.
Wohnungslose Menschen brauchen laut Gerald Bürkert vor allem ein Ziel, für das es sich lohne, am nächsten Morgen aufzustehen. Tagesstruktur, Motivation und Beschäftigungsmaßnahmen, um Menschen in die Arbeitswelt zurückzuführen, seien unabdingbar. Sonst würden viele aus der Abwärtsspirale nicht mehr rauskommen.

 Stimme.de
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