Stimme+
Reaktionen in Heilbronn
Lesezeichen setzen Merken

Genervte Pendler wegen ÖPNV-Streik: "Ich kenne Menschen, die ihre Arbeit verloren haben"

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Der Streik im Nahverkehr sorgt für erhebliche Einschränkungen beim Stadtbahn- und Busverkehr in Heilbronn. Pendlern fehlt allmählich das Verständnis, besonders Schüler und Azubis trifft es hart.

Fahrgäste wie Carina Kin sind nicht begeistert.
Fahrgäste wie Carina Kin sind nicht begeistert.  Foto: Theresa Heil

Um sieben Uhr morgens sind die S-Bahngleise an diesem Donnerstag fast verwaist. Anzeigetafeln verkünden den zweitägigen Verdi-Warnstreik der Stadtwerke Heilbronn (SWHN), der an diesem Tag beginnt. "Ganztätig kein Stadtbus- und Stadtbahnverkehr", heißt es da. Die S-Bahn-Verbindungen etwa nach Schwaigern oder Bad Friedrichshall sollen während des Streiks über den Hauptbahnhof umgeleitet werden, aber nicht in der Heilbronner City halten. Die Heilbronner Stimme berichtet im Newsblog über die Entwicklungen

Vereinzelt stehen ratlos wirkende Menschen vor dem Heilbronner Hautbahnhof und schauen auf ihr Handy oder in die Gegend. Eine von ihnen ist Carina Kin. "Heute Morgen kam kein Bus, deshalb bin ich mit dem Fahrrad hergefahren. Und eigentlich hätte vor zwei Minuten die Bahn hier sein sollen", sagt die 19-Jährige. "Es ist halt ziemlich blöd, weil es heute morgen auch ziemlich kalt ist." 


Ihr Arbeitsplatz ist in Schwaigern, wo sie eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten im Rathaus absolviert. Ohne Bahn kann sie nicht dorthin kommen, ihr bleibt nichts anderes übrig, als zu warten. "Ich kann ja schlecht mit dem Fahrrad hinfahren."

Nahverkehr in Heilbronn streikt – kein Verständnis mehr bei Fahrgästen

"Ich bin gerade 40 Minuten von Flein nach Heilbronn gelaufen", berichtet Petra Morina. Von dem Streik habe sie erst am Tag vorher bei einer Busfahrt zufällig erfahren. Es fahren zwar Regionalbusse, aber die würden "kreuz und quer" fahren. "Das müsste besser organisiert sein", sagt die 51-Jährige. Sie wartet auf ihre Tochter, die aus Bad Friedrichshall anreist. Sie haben einen gemeinsamen Termin.

Verständnis für den Streik hat Morina nicht mehr. "Ich finde es den Leuten gegenüber eine Zumutung. Ich kann verstehen, dass die Menschen mehr Geld wollen, aber alle anderen müssen darunter leiden." Außerdem würden die Tickets immer teurer werden, kritisiert sie.  "Ich kenne Menschen, die ihre Arbeit verloren haben, weil sie zu spät zur Arbeit gekommen sind", sagt Morina. "Da hat der Arbeitgeber irgendwann gesagt, interessiert mich nicht, du hast pünktlich hier zu sein. Aber was können die Leute dafür?"

Azubis und Schüler trifft der Streik in Heilbronn am heftigsten

Die menschenleere Innenstadt lässt vermuten, dass viele Berufspendler auf das Auto umgestiegen sind oder im Homeoffice bleiben. Azubis und Schüler haben diese Möglichkeiten oft nicht. Darum trifft der Streik diese Gruppe besonders hart. Lukas Molnaf wusste bis Mittwochvormittag nicht, dass gestreikt wird. Der 24-Jährige kommt aus Stuttgart und absolviert in Heilbronn eine Ausbildung. "In der Deutsche-Bahn-App steht, dass mein Bus ganz normal kommt, aber er kommt leider nicht. Deswegen muss mich mein Kollege abholen", erzählt der Azubi. Dass die Mitarbeiter mehr Lohn wollen, befürwortet er grundsätzlich. Für ihn selbst es aber ärgerlich, denn er ist auf den Bus- und Bahnverkehr angewiesen. 

Die 16-jährige Sarisa Baric muss zum Wollhaus. Dort arbeitet die Bad Friedrichshallerin. "Es ist alles durcheinander", klagt sie. Den Streik findet sie "richtig nervig". Baric: "Es ist einfach jede Woche, es ist Routine geworden." Vom Streik habe sie durch Erzählungen erfahren. Die App des Verkehrsverbundes habe ihr den Streik nicht angezeigt. Ihr Arbeitgeber sei über den Streik zwar informiert, aber wenn sie es nicht zur Arbeit schaffe, müsse sie einen Urlaubstag nehmen. Das sehe sie nicht ein, erklärt sie. 

Sonderurlaub bekommt auch Carina Kin für den Streik nicht. Extra einen Urlaubstag einzureichen, sieht sie nicht ein. "Ich finde den Streik blöd, als Mitfahrerin kann man nichts dagegen tun. Und es wurde ja vor kurzem erst gestreikt, warum jetzt nochmal? Es häuft sich in letzter Zeit", beschwert sich Kin.

Externer Inhalt

Dieser externe Inhalt wird von einem Drittanbieter bereit gestellt. Aufgrund einer möglichen Datenübermittlung wird dieser Inhalt nicht dargestellt. Mehr Informationen finden Sie hierzu in der Datenschutzerklärung.

Streik in Heilbronn: Harmonie und Bahnhof sind menschenleer

Nicht nur der Hauptbahnhof, auch die Haltestellen am Rathaus und der Harmonie sind am Morgen menschenleer. "Heute kommen wir wahrscheinlich nicht zur Schule", sagt Nikola Pavlovic. Der 17-jährige Azubi nimmt es mit Humor. Seine ebenfalls 17-jährige Mitschülerin Janina Mayer ist weniger entspannt. "Ich finde es für Schüler nicht okay, weil wir zu spät kommen und ich nicht weiß, wie wir uns entschuldigen sollen." Beide waren im Vorfeld über den Streik informiert, von den Ausmaßen sind sie dennoch überrascht. "Wir wussten nicht, dass es so krass ausartet", sagt Mayer. Bisher seien die Schulbusse immer gekommen. Nun fahre gar nichts mehr.

Vom Streik betroffen sind in Heilbronn übrigens nur die Stadtbusse und S-Bahnen. Die Regionalbusse- und Bahnen, die nicht von den Stadtwerken betrieben werden, fahren nach Plan

 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben