Marktplatz ist laut Definition der Polizei ein Bereich, in dem sich Straftäter aufhalten
Zum ersten Mal nennt die Polizei das Problem in der Heilbronner Innenstadt beim Namen. Die Stadt räumt nun ein, dass am Marktplatz mit verschreibungspflichtigen Medikamenten gehandelt wird. Die CDU-Fraktion fordert weitere Maßnahmen.

Nach wie vor beklagen Bürger und Gewerbetreibende die Situation in der Innenstadt, speziell am Marktplatz. Nun ist bekannt geworden, dass die Polizei diesen Bereich als einen Ort versteht, "an dem sich erfahrungsgemäß Straftäter verbergen, Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben". Anders wäre es auch kaum möglich, derart intensive und anlassunabhängige Kontrollen vorzunehmen, wie die Polizei sie seit Wochen macht. Dafür braucht sie gute Gründe.
Zu denen gehören auch, dass sich Menschen "ohne erforderlichen Aufenthaltstitel oder ausländerrechtliche Duldung treffen". Was ein wenig sperrig klingt, ist im Polizeigesetz verankert. "Im Bereich der Heilbronner Kern- und Innenstadt, insbesondere rund um den Marktplatz und der Kilianskirche, können diese Voraussetzungen aktuell begründet werden", teilt Carsten Diemer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Heilbronn, schriftlich mit. Damit nennt die Polizei das Problem erstmals mit Namen, das Bürger und Händler seit Monaten auch so wahrnehmen, von der Stadt wurde dies seither dementiert.
Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten am Marktplatz
Anfang Mai stellten Rathaus und Polizei das Projekt "Sofortmaßnahmen für Sicherheit und Sauberkeit" vor. Bei Kontrollen hat die Polizei seit Ende April 150 Straftaten festgestellt, erklärt Diemer. 125 Verstöße haben mit Drogen zu tun. Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) hat nach Angaben von Suse Bucher-Pinell, Sprecherin der Stadt Heilbronn, 103 Maßnahmen getroffen: Identitätsfeststellungen, mündliche Verwarnungen und Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten.
Einem Handel, vor allem mit verschreibungspflichtigen Medikamenten am Marktplatz, widersprach die Stadt bei der Präsentation des Konzepts zunächst. Bei einer Prüfung vor Ort räumte sie ihn ein. Man habe die Erkenntnisse der Polizei gemeldet, erklärt Bucher-Pinell. Sie sehe die Polizei gefordert.
CDU fordert intensive und dauerhafte Kontrollen des Ordnungsdienstes
Die Lösungsvorschläge der Stadt werden unterdessen von den Stadtratsfraktionen unterschiedlich bewertet. Deshalb hat die CDU Anfang Juni beantragt, das Thema erneut auf die Tagesordnung im Gemeinderat zu setzen. Gleichzeitig hat die Fraktion deutlich weitergehende Vorschläge erarbeitet. "Die bisher vorgestellten Maßnahmen sind gut, reichen aus unserer Sicht aber nicht aus, um die Probleme zu lösen", begründet Stadtrat Christoph Troßbach den Vorstoß seiner Partei. Deshalb beantragt die Fraktion, den Marktplatz, den Bahnhofsvorplatz und das K3-Umfeld durch Streifen des KOD dauerhaft intensivst zu beobachten, um in diesen Problembereichen "null Aufenthaltsqualität für Störer" zu schaffen.
Videoüberwachung und Waffenverbotszone gefordert

Dazu schlägt die CDU vier Schritte vor. Die Menschen müssten sich darauf verlassen können, dass Strafen für Verstöße auf den Fuß folgten, fordert Troßbach. Zudem solle die Stadt prüfen, das öffentlich zugängliche, kostenfreie WLAN in den Problemzonen zeitweise und lokal begrenzt einzuschränken. Außerdem sollen gemeinsame Streifen von KOD und Polizei in den besonders schwierigen Gebieten und Abendstunden dauerhaft erhöht werden.
Schließlich sieht der Vorstoß "eine intelligente Videoüberwachung" und die Einrichtung einer Waffenverbotszone nach Stuttgarter Vorbild vor. Praktisch würde die Umsetzung einer Waffenverbostzone bedeuten, dass das Mitführen von Messern mit einer Klinge von über vier Zentimetern Länge verboten sind. Derzeit sind Messer mit einer Klingenlänge von zwölf Zentimetern erlaubt.
Die Pressestelle der Stadt äußert sich trotz mehrfacher Nachfragen nicht zu den Vorschlägen. Die Polizei gibt zu bedenken, dass eine Einschränkung des freien Internets alle Besucher der Innenstadt beträfe. Eine Waffenverbotszone sei geeignet, das Sicherheitsgefühl der Menschen zu verbessern. Auch eine Videoüberwachung könne sinnvoll sein, so Diemer. Beides sei an enge rechtliche Vorgaben geknüpft.
Verärgerung über mangelhafte Kommunikation der Stadt Heilbronn
Der Vorstoß der CDU ist auch eine Reaktion auf die aus Sicht der Räte mangelhafte Kommunikation der Stadtverwaltung. Verärgert hatte viele, dass das Sicherheitskonzept zuerst vor der Presse und nicht im Rat vorgestellt worden sei. Auch Anfragen würden nicht oder unvollständig beantwortet. "Ich hatte drei Mal in Sachen WLAN angefragt und bis heute keine Antwort bekommen", klagt Troßbach. Er hofft, dass sein Antrag in der nächsten Gemeinderatssitzung am 26. Juni behandelt wird. Über die Tagesordnung entscheidet der Oberbürgermeister.