Innovationspark für Künstliche Intelligenz – was hinter dem Milliardenprojekt Ipai steckt
Der Park für Künstliche Intelligenz soll sich zu einem der wichtigsten KI-Zentren Europas entwickeln. Was kostet der Ipai? Was ist dort geplant? Welche Unternehmen machen mit? Ein Überblick.

Künstliche Intelligenz ist dabei, die Gesellschaft umzukrempeln. Spätestens mit großen Sprachmodellen wie ChatGPT ist auch vielen Laien klar geworden, welche Möglichkeiten sich durch KI ergeben. Heilbronn könnte dabei eine wichtige Rolle spielen. Mit dem Ipai bekommt die Stadt ein Zentrum für KI, das Strahlkraft entwickeln soll. Dazu beantworten wir einige Fragen.
Ipai – was soll das eigentlich sein?
Was früher KI-Park oder Park für Künstliche Intelligenz genannt wurde, heißt nun englisch Ipai: Innovation Park Artificial Intelligence. Er soll "das größte Ökosystem für KI in Europa" werden, so der eigene Anspruch. Sichtbar wird der Ipai, wenn die Pläne des niederländischen Architekturbüros MVRDV im Areal Steinäcker auf 23 Hektar ab Ende 2024 realisiert werden.
Erste Gebäude werden ab 2026/27 bezugsfertig sein, erklärt Ipai-Sprecher Jan Denia. Wann der Gesamtkomplex fertig ist, lasse sich nicht abschätzen.
Was ist das Ziel?
Wenn die Verantwortlichen vom "größten Ökosystem für Künstliche Intelligenz in Europa" sprechen, dann geht es um ein Zusammenspiel vieler Akteure. An dem Standort sollen kleine bis große Unternehmen, Start-ups sowie Akteure der öffentlichen Verwaltung mit Spitzenforschern zusammen an KI-Lösungen und -Produkten arbeiten. "Es geht um die Anwendung", betont Ipai-Geschäftsführer Moritz Gräter im Live-Talk "Ohne Ausrede" mit Stimme-Chefredakteur Uwe Ralf Heer. Vom Ipai können auch Firmen der Region profitieren, sagt er – unabhängig davon, ob sie mit ersten Ideen oder schon mit Projekten am Start seien.
Gräter lehnt es ab, sich der Beschreibung von Heilbronn "als dem Silicon Valley in Europa" anzuschließen. Davon hält er nichts. Zu viele Projekte hätten mittlerweile im Namen ein "Valley". "Ich bin Fan davon, dass wir Dinge gestalten mit unserer eigenen DNA."
Wie funktioniert im Ipai die Zusammenarbeit?
Es hilft, die Verantwortlichen des Ipai von den Partner-Unternehmen zu trennen, die Mitglied werden können. Als Ipai-Mitglied haben Unternehmen Zugriff auf alle anderen Mitglieder, betont Moritz Gräter. "Das heißt: Wir schaffen die Formate." Als Beispiele nennt der Ipai-Chef Diskussionsrunden am Mittag mit Experten oder Möglichkeiten für die Unternehmen, sich zu vernetzen. Zudem könnte man Firmen bei deren Projekten miteinander vermitteln.
Welche Unternehmen kooperieren schon mit dem Ipai?
Aufsehen erregte die jüngst vorgestellte Partnerschaft zwischen der großen deutschen KI-Hoffnung Aleph Alpha aus Heidelberg und dem Ipai. Aleph Alpha will eine vertrauenswürdige Alternative zu amerikanischen Sprachmodellen wie ChatGPT bieten. Offizielle Partner sind zudem die Unternehmen Audi, Porsche, Würth, Schunk, Seleon, Mmmake und die Schwarz-Gruppe, dazu die Start-ups Deepshore, Botforce, Privacy Solutions und X-Ray-Lab sowie die Applied-AI-Initiative.
Ebenso dabei sind die IHK Heilbronn-Franken, der KI Bundesverband, der Stifterverband und Bioland. Vor kurzem wurde auch die Kooperation mit dem GovTech-Campus Deutschland verkündet. Weiterhin gehören zum Netzwerk der Zukunftsfonds Heilbronn, die Campus Founders, der Verein Wissensstadt Heilbronn sowie fast alle Einrichtungen auf dem Bildungscampus: Fraunhofer, Steinbeis, DHBW, Hochschule Heilbronn, TUM, die Schule 42 und auch die Experimenta.
Ist der Ipai offen für Interessierte?
Ja, Anfang 2024 soll im Wohlgelegen, wo ein erstes Gebäude für den jetzigen Ipai entsteht, ein Besucherzentrum eröffnet werden. Gäste können dort KI erleben, verspricht Moritz Gräter.
Wer stellt wie viel Geld zur Verfügung?
Der Innovationspark KI geht auf einen Wettbewerb des Landes Baden-Württemberg zurück. Der Landtag hat 50 Millionen Euro für ein neues Zentrum bereitgestellt. Voraussetzung war, dass die gleiche Summe noch einmal von den Projektpartnern bereitgestellt wird. Die Stadt Heilbronn, die Stadtsiedlung Heilbronn und die Dieter-Schwarz-Stiftung waren mit ihrer Bewerbung erfolgreich. Die Kofinanzierung stammt nun von der Dieter-Schwarz-Stiftung. Damit liegt die Gesamtsumme bei 100 Millionen Euro.
Reichen 100 Millionen Euro, um international zu bestehen?
Nein. Die 100 Millionen decken nur den gemeinnützigen Teil des Ipai ab. Eine Milliardensumme - genaue Zahlen gibt es nicht - werden von Gesellschaften der Schwarz-Gruppe noch einmal für die bauliche Entwicklung des Ipai und kommerzielle Projekte investiert. Schätzungen für die Gesamtkosten des kreisrunden Innovationsparks nach dem MVRDV-Entwurf liegen zwischen ein und zwei Milliarden Euro.
Der Ipai bekommt seinen endgültigen Standort in den Steinäckern. Wann geht es los?
Angepeilt ist das Jahr 2026. Die Gebäude entstehen Schritt für Schritt, und es sind nicht nur Büros. "Es ist wie eine Zukunftsstadt", sagt Moritz Gräter. Sie sei frei von der üblichen Mobilität. Im ersten Bauabschnitt soll deshalb der sogenannte Mobilitätshub errichtet werden. Logistisch erschlossen wird das Gelände unterirdisch. Am "Hub", dem Knotenpunkt, würden die Menschen dann umsteigen auf E-Scooter oder Rad oder zu Fuß weitergehen.
Zum ersten Bauabschnitt gehört auch das Start-up-Innovation-Center, eine Anlaufstelle für junge Firmen, und das Kommunikationszentrum. Die Architektur soll dazu beitragen, dass Menschen auf der Autobahn beschließen, in Heilbronn abzufahren und sich im Ipai für einen halben Tag mit KI zu beschäftigen, wünscht sich Gräter.
Im Ipai sollen 5000 Arbeitsplätze entstehen. Ist das in Zeiten von Homeoffice überhaupt nötig?
Moritz Gräter weiß, dass die Menschen in Büro und Homeoffice arbeiten. Er hofft allerdings, dass alle Mitarbeiter, die für Unternehmen im Ipai sind, spüren: An Homeoffice-Tagen vermissen sie etwas. "Wir wollen es so schwer wie möglich machen, im Homeoffice zu sein."
Was tut sich, um den Ipai mit der Stadt zu verbinden?
Kritische Stimmen gibt es, was den Flächenverbrauch angeht. Auch die Mobilität und die Frage des Wohnraums rund um das Großprojekt treiben viele Menschen in der Region um. Kommunalpolitiker erwarten, dass der Druck auf den Wohnungsmarkt größer wird. Was die Mobilität angeht, so arbeiten öffentliche Hand und die Ipai-Verantwortlichen zusammen. Die Mobilität werde ganzheitlich gedacht, verspricht Moritz Gräter. Im Ipai sollen Mitarbeiter eine Zeit lang wohnen können, zwischen einer Nacht und bis zu einem Jahr - mit der gesamten Familie.