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Heilbronner Ausländerbehörde am Rande der Belastungsgrenze

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Die Kritik wegen monatelanger Wartezeiten bei der Heilbronner Ausländerbehörde häuft sich. Abteilungsleiter Matthias Riegler stellt klar: "Wir können dem Arbeitsaufwand nicht mehr Herr werden."

Heilbronn sei keine Ausnahme, bundesweit hätten Ausländerbehörden mit Personalmangel und anderen Themen zu kämpfen, so Matthias Riegler. Foto: dpa
Heilbronn sei keine Ausnahme, bundesweit hätten Ausländerbehörden mit Personalmangel und anderen Themen zu kämpfen, so Matthias Riegler. Foto: dpa  Foto: Marcus Brandt

Einen Termin in der Heilbronner Ausländerbehörde zu bekommen, ist so gut wie unmöglich. Und wenn, muss man oft Monate warten. Telefonisch ist niemand zu erreichen. Per Mail sieht es nicht besser aus. Kritikpunkte wie diese wurden von Bürgern an den Beirat für Partizipation und Integration herangetragen und waren in der jüngsten Sitzung Thema.

Abteilungsleiter Matthias Riegler nahm bei der Stellungnahme kein Blatt vor den Mund und machte vor allem eins deutlich: Die Lage in der Heilbronner Ausländerbehörde ist prekär. "Wir sind am Rande der Belastungsgrenze und können dem Arbeitsaufwand nicht mehr Herr werden."


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Antragsflut, Personalmangel und Co.: Heilbronner Ausländerbehörde an Grenze angelangt

Die Zahl der ausländischen Mitbürger steige, dazu komme, dass die Behörde permanent neuen Gesetzesänderungen ausgesetzt werde. Wegen des zum 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Chancen-Aufenthaltsrechts beispielsweise, das Personen, die seit fünf Jahren geduldet sind, unter bestimmten Voraussetzungen ein Aufenthaltsrecht gewähren soll, kämpfe man derweil mit einer Antragsflut.

Auf der einen Seite gebe es Probleme, offene Stellen zu besetzen, auf der anderen Seite sei es schwer, gutes Personal zu halten, da Heilbronn in Konkurrenz zu anderen Ausländerbehörden stehe. Beispielsweise hinke die Bezahlung im Vergleich zum Hohenlohekreis oder dem Landratsamt hinterher. Geschultes Personal aus Ausländerbehörden zu bekommen, sei reines Wunschdenken. Auch Mitarbeiter aus der Verwaltung sind selten, betonte Riegler.

Hunderte Anrufe und permanente Einarbeitung von Quereinsteigern

Immer mehr müsse man auf die Ausbildung von Quereinsteigern setzen. Ausländerrecht sei eine komplexe und vielschichtige Materie, in der eine wochenlange Einarbeitung nötig sei. Teilweise brauche es bis zu einem Jahr oder länger, um einen Durchblick zu bekommen. "Wir stecken in permanenten Einarbeitungsprozessen, was viele Kapazitäten bindet." In der Folge sei man nicht oder nur eingeschränkt für Kunden erreichbar. "Ein Teufelskreis seit einigen Jahren." Außerdem hätten Erfahrungen in der Vergangenheit gezeigt, dass frisch ausgebildete Azubis aus der Verwaltung mit dem Druck oder den persönlichen Schicksalen nicht klarkommen. Potenzieller Nachwuchs falle demnach weg.


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Hinzu kommen Urlaub, Schwangerschaft oder Krankheit. Es gebe Mitarbeiter, die mehrere Kollegen gleichzeitig vertreten müssten und dementsprechend drei Telefone bei sich tragen. "Ich muss eingestehen, dass wir telefonisch schlecht zu erreichen sind. Hunderte Anrufe sind nicht zu bewerkstelligen."

In Notfällen werden Sondertermine geschalten

Entwarnung gab Riegler bei Notfällen: "Dann schalten wir Sondertermine frei." Beispielsweise wenn es um eine Geschäftsreise, den Verlust des Arbeitsplatzes oder um einen verlorenen Aufenthaltstitel geht. "Ein Urlaub ist kein Notfall", stellte der Abteilungsleiter klar.

Ein weiteres Problem sieht Riegler in der Erwartungshaltung der Kunden: Heute eine Mail zu schreiben und morgen eine Antwort zu erhalten, sei nicht realistisch. Außerdem wünscht er sich ein besseres Zeitmanagement: "Ausweispapiere laufen ja nicht unvorbereitet ab."

Terminvereinbarungssystem soll bleiben

An dem Terminvereinbarungssystem, das im Zuge der Corona-Pandemie im März 2020 eingeführt wurde, will man trotz Kritik festhalten. Kunde und Sachbearbeiter seien auf diesem Weg besser vorbereitet. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass nicht immer alle notwendigen Papiere mitgebracht wurden, so Riegler.

Außerdem habe man noch Bilder von 2019 im Kopf: In den Fluren der Ausländerbehörde habe es immer wieder körperliche Auseinandersetzungen gegeben, sodass zeitweise Security-Mitarbeiter im Einsatz waren. Wegen der langen Wartezeiten seien die Gemüter erhitzt gewesen.

"Wir sind selbst nicht zufrieden mit den Wartezeiten"

"Eine schnelle Lösung wird es nicht geben", sagte Sozialbürgermeisterin Agnes Christner. Zu versprechen, dass es morgen besser wird, wäre weder ehrlich noch realistisch. "Wir sind selbst nicht zufrieden mit den Wartezeiten." Zunächst müsse man daran arbeiten, dass niemand an der Terminvergabe scheitert und in einem nächsten Schritt die Wartezeiten verkürzen. "Wenn wir schon daran festhalten, muss das System auch leicht zugänglich sein."

Die Ausländerbehörde kümmert sich bei ausländischen Staatsangehörigen um die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltstiteln- und gestattungen sowie Duldungen, so Abteilungsleiter Matthias Riegler. "Darüber hinaus werden Visaanträge bearbeitet, Passersatzdokumente ausgestellt, der Zugang zu Integrationskursen sichergestellt, über Wohnsitzauflagen sowie deren Aufhebung oder Änderung entschieden und Ausweisungen veranlasst. Auch Widerspruchs- und Klageverfahren gilt es zu begleiten."

 

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