Kein Rettungspaket für die Heilbronner Händler und Gastronomen
Der weiterentwickelte Masterplan soll Handel und Gastronomie helfen. Doch Bürgermeister Martin Diepgen lehnt schnelle Maßnahmen ab.

Leerstände, Billigläden, sinkende Aufenthaltsqualität - nicht nur wegen der Corona-Krise kämpft die Heilbronner Innenstadt mit strukturellen Problemen. Der Wandel im Einkaufsverhalten, die Zunahme des Onlinehandels und der steigende Wettbewerb machen Händlern und Gastronomen schon seit vielen Jahren zu schaffen.
Mit einem Masterplan, der erstmals im Jahr 2008 verabschiedet wurde, versucht die Stadt Heilbronn gegenzusteuern. 2019 wurde dieser Masterplan fortgeschrieben und aktualisiert. Auf Antrag der Freien Wähler und der FDP wurde nun im Wirtschaftsausschuss über die Umsetzung dieses Plans gesprochen. Dabei ging es konkret vor allem um Maßnahmen, die kurzfristig die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt verbessern.
Schwere Wochen für Händler und Gastronomen
"Es ist klar, dass es für Händler und Gastronomie ungeheuerliche und nicht zu ahnende schwere Wochen sind und der Lockdown auch schwere Ausmaße für die Innenstadt haben wird", macht der Erste Bürgermeister der Stadt Heilbronn, Martin Diepgen, zu Beginn der Sitzung klar. "Wer glaubt, dass die Innenstadt am Ende des Prozesses auch coronabedingt genauso dasteht, wie heute, der irrt", so Diepgen weiter. Konkreter wird der Finanzbürgermeister nicht.
Er verweist darauf, dass jüngste Untersuchungen einen unterdurchschnittlichen Leerstand von rund zwei Prozent ergeben hätten und dass auf dem Dinkelacker-Areal, an der Fleiner Straße 17 und auf dem Barthel-Areal Neues entsteht. "Heilbronn ist bis in die letzten Tage hinein attraktiv, das zeigen Anfragen von Investoren", sagt Diepgen.
Deutliches Zeichen der Stadt gewünscht
Das sehen Händler und Gastronomen in der Stadt anders. Sie fordern nicht nur wegen des anhaltenden Lockdowns schnelle Hilfen und haben das in einem Treffen mit Oberbürgermeister Harry Mergel Ende Februar deutlich gemacht.
"Wir hatten uns ein deutlicheres Zeichen der Stadt im Haushaltsplan gewünscht, eine Art Rettungspaket für Gastronomie und Einzelhandel", kritisiert Herbert Burkhardt (FWV) und verweist auf das Gutscheinkonzept von Eppingen und das 1,5-Millionen-Euro-Paket, das Pforzheim geschnürt hat.
Auf den Weg gebracht
"Vieles, was sich die Stadtinitiative vorstellt, ist auf den Weg gebracht. Dazu wird es in den kommenden Wochen klare Antworten geben", verspricht Bürgermeister Diepgen und schiebt nach: "Wir müssen aber sehr umsichtig mit dem Geld sein, weil sich die Lage nicht verbessern wird." Für Silvia Dörr ist das zu wenig. "Wir erwarten konkretere Maßnahmen, denn wir beobachten die Entwicklung mit großer Sorge", betont die FDP-Stadträtin, die auch einen regelmäßigen Runden Tisch anregt.
"Es kommen schlechte Zeiten auf uns zu", fürchtet Wolf Theilacker mit Blick auf den Online-Handel. Der Grünen-Rat fordert mehr Grün für "das hässliche Entlein nördliche Innenstadt".
Stadtteile im Blick behalten
Mit den Betreibern der E-Roller will Verena Schmidt (CDU) reden, um zu verhindern, dass diese "kreuz und quer abgestellt werden". Marianne Kugler-Wendt wirft der HMG vor, dass sie immer nur auf die Innenstadt blicke. "Auch in Horkheim gibt es Handel und Gastronomie", so die SPD-Rätin. Raphael Benner von der AfD fürchtet, "dass die Corona-Maßnahmen den Einzelhandel kaputtmachen". Er fordert die Stadtinitiative deshalb auf, über Schadenersatzforderungen nachzudenken. Erhard Jöst (Die Linke) setzt sich für eine Verkehrsberuhigung und mehr Kultur in der Innenstadt ein.
Dagegen bleibt Diepgen zum Ende der Sitzung eher vage: "Kurzfristige Maßnahmen sind gut, sie dürfen aber die Maßnahmen in der Zukunft nicht belasten", sagt er mit Blick auf den Haushalt der Stadt. Der wird in der nächsten Gemeinderatssitzung am 18. März diskutiert.
Gebührenverzicht, Begrünung, Digitalisierung
Heilbronn will den Erlass von Sondernutzungsgebühren und die Erweiterung der Außenflächen für die Gastronomiebetriebe in der Stadt auch im Jahr 2021 fortsetzen. Die Maßnahmen waren im vergangenen Jahr beschlossen worden, um Gaststätten und Restaurants zu helfen. Auch die Begrünung der Innenstadt soll im Corona-Jahr 2021 fortgesetzt werden. Laut Masterplan sollen unter dem Titel "Frühlingszauber" ab Ende März bis Mitte April Bereiche der Innenstadt mit Blumenelementen inszeniert werden.
Ebenso wird der "Kiliansgarten" wiederbelebt und am Wochenende mit Musik aufgewertet. Insgesamt acht digitale Infosäulen, die von der Buga übernommen wurden, sollen zudem künftig als Handels- und Gastrofinder dienen und eine Vielzahl von Informations- und Veranstaltungsangeboten bereithalten.
Weiterhin sieht der Masterplan vor, dass die Wirtschaftsförderung einen Ideenwettbewerb zur Verwirklichung neuer Geschäftsideen junger Gründer in der Innenstadt ins Leben ruft. Die besten Ideen werden prämiert. Auch die Parkmünzenaktion wird fortgesetzt. Bei einem Einkauf ab 12,50 Euro erhält der Kunde eine Parkmünze von 50 Cent, die in fast allen städtischen Parkhäusern eingelöst werden kann.