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Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen: Hygiene in Heilbronner Restaurants bleibt ein Geheimnis

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Regelmäßig besuchen Lebensmittelkontrolleure Restaurants in Heilbronn. Doch nur die allergrößten Mängel werden öffentlich, kleinere Verstöße erfährt nur, wer die entsprechenden Dokumente umständlich beantragt. Das könnte besser gehen.

Bei Burger King in der Neckarsulmer Straße in Heilbronn scheint alles in Ordnung zu sein. Zumindest haben die Lebensmittelkontrolleure der Stadt bei ihren Besuchen im Juli 2021 und im August 2022 „keine Mängel festgestellt“. Auch im vietnamesischen Restaurant MySapa in der Kirchbrunnenstraße finden die Kontrolleure im Mai 2022 lediglich „viele betriebsfremde Gegenstände“ auf dem Tresen, notieren aber wenig später: Alle Mängel wurden beseitigt.

Bei der Wurstbraterei Silzer monieren sie im Oktober 2019, dass nicht alle Zusatzstoffe gekennzeichnet sind. Außerdem fehlen das Einfrierdatum auf manchen Lebensmitteln, ein Thermometer sowie Seife auf den Toiletten. Hier notieren die Kontrolleure ebenfalls kurz darauf: Alles wurde in Ordnung gebracht.

Solche Verstöße bedeuten oft keine Gefahr. Denn in schweren Fällen müssen die Behörden eine gesonderte Warnung veröffentlichen. So geschehen ist das im Juli, als die Kontrolleure im Heilbronner Asia-Restaurant Keio Gourmet potenziell gesundheitsgefährdende Zustände vorfanden. Dennoch zeigen die Berichte über Routinekontrollen, wie sorgsam Restaurants es mit der Hygiene halten.

Kontrollberichte von Restaurants gibt es, wenn man seine Adresse offenlegt

Grundsätzlich haben Bürger das Recht, auch Kontrollberichte einzusehen, in denen kleinere Mängel verzeichnet sind. Möglich macht es das Verbraucherinformationsgesetz (VIG). Wie lange das dauert, zeigt ein Selbstversuch unserer Redaktion, für den die Berichte der drei zufällig ausgewählten Heilbronner Restaurants angefragt wurden.

Es beginnt mit einer E-Mail Mitte September. Dabei hilft die Plattform „Frag den Staat“, über die jeder vorformulierte Anfragen rausschicken kann. Darin steht, für welche Restaurants man die Berichte gerne hätte. Außerdem müssen Antragsteller zustimmen, dass ihre Adresse den Betrieben auf Nachfrage mitgeteilt wird.

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Dadurch werde versucht, einen Ausgleich „zwischen dem Informationsinteresse der Bevölkerung und den Datenschutzbelangen des Lebensmittelunternehmers herzustellen“, erklärt Stadtsprecherin Suse Bucher-Pinell. Weil das Gesetz das vorschreibt, gebe es keinen Spielraum.

Zwei Monate und sieben Papierschreiben sind nötig, um die Informationen zu übermitteln

Anfang Oktober teilt die Stadt mit, dass sie die Restaurantbetreiber befragen wird. Sie müssen erlauben, dass die Berichte herausgegeben werden. Die Bearbeitungszeit verlängert sich dadurch auf zwei Monate. Anfang Dezember liegt ein beträchtlicher Papierstapel mit allen nötigen Infos vor mir.

Die Bitte, die Schreiben per E-Mail zu schicken, lehnt die Stadt ab. Zum einen soll der Postweg eine sichere Kommunikation gewährleistet und garantiert werden, dass die Akten nur an echte Personen verschickt werden, erklärt Bucher-Pinell.

Zum anderen würden alle Antworten, die das Ordnungsamt an die E-Mail-Adresse von „Frag den Staat“ schickt, veröffentlicht. Durch den Postweg könne „der Antragstellende selbst entscheiden, wie und ob er die Information weiterverwendet“. Eine Veröffentlichung aller Kontrollergebnisse sei nicht möglich, weil die gesetzliche Grundlage fehle.

In Berlin wird ab 2023 jeder Betrieb durch ein Ampel-System bewertet

Diese Einschätzung fällt im Norden der Republik anders aus. Der Berliner Bezirk Pankow veröffentlicht seit Jahren die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen im Netz. Wer sich an die Hygienevorgaben hält, wird mit einem grünen lächelnden Gesicht ausgezeichnet. Bei wenigen Punkten droht ein roter trauriger Smiley.

Durch ein neues Gesetz wird es ein solches Ampel-System ab dem kommenden Jahr in ganz Berlin geben. Die Bewertung muss dann an der Eingangstür hängen. Ähnlich läuft es in Dänemark: Dort müssen die Kontrollergebnisse seit Jahren an der Tür ausgehängt werden.

Solche Bewertungen hat die EU 2017 möglich gemacht. In der Kontrollverordnung steht dazu: „Die zuständigen Behörden können Angaben über die Einstufung einzelner Unternehmer aufgrund der Ergebnisse einer oder mehrerer amtlicher Kontrollen veröffentlichen.“ Einzige Regel: Die Kriterien für die Bewertung müssen „objektiv, transparent und öffentlich“ sein.

In Deutschland diskutiert man seit 2010 über ein Restaurant-Bewertungssystem

In Deutschland wird seit Jahren über ein Bewertungssystem für Restaurants diskutiert. 2010 halten die zuständigen Minister von Bund und Ländern fest: Es sei „sinnvoll, ein bundesweit verbindliches Modell“ einzuführen. Jedes Jahr wird der Beschluss erneut für gut befunden, bisher ohne Ergebnis.

Das Verbraucherschutz-Ministerium im Land von Peter Hauk (CDU) verweist auf den Bund. Man habe diesen „bereits mehrfach“ aufgefordert, die gesetzliche Grundlage für eine Hygiene-Ampel zu schaffen. „Diese liegt jedoch immer noch nicht vor“, sagt ein Sprecher. Das Siegel müsse „deutschlandweit einheitlich, verständlich und verbraucherfreundlich“ sein.

Eine eigene Kennzeichnung will das Land nicht. Es sei für Restaurantbesucher nicht nachvollziehbar, wenn ein Bundesland diese veröffentlicht und ein anderes nicht.

Doch ein bundesweites Siegel wird es absehbar nicht geben. Auf Nachfrage, ob das Bundesernährungsministerium daran arbeitet, antwortet eine Sprecherin: „Nein.“ Die EU-Kontrollverordnung, die laut Experten ein System wie in Dänemark oder Berlin ermöglicht, sei nicht ausreichend.


Anzahl an Kontrollen in Heilbronn

In Heilbronn wurden in diesem Jahr bisher 1246 Betriebe vom zuständigen Ordnungsamt kontrolliert (2021: 917). Dabei gab es laut Angaben der Stadt in 458 Betrieben Verstöße (2021: 366). Die häufigsten Mängel waren die Betriebshygiene, die Kennzeichnung von Lebensmitteln oder bei Eigenkontrollen. Während 2021 kein Betrieb geschlossen werden musste, musste 2022 ein Betrieb vorübergehend schließen.

Über das Portal "Frag den Stadt" gingen den Angaben zufolge in den beiden Jahren jeweils 16 Anfragen ein. Im vergangenen Jahr wurden sechs davon beantwortet, bei zehn wurde das Verfahren eingestellt. Dieses Jahr wurden zwölf Anfragen beantwortet, zwei eingestellt und einer zurückgezogen. Eine Anfrage wird derzeit bearbeitet.

Hier können Sie die Kontrollberichte einsehen:

 

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