Heilbronn will Flüchtlinge freiwillig zur Rückkehr in die Heimat bewegen
Im Heilbronner Rathaus wird, sobald die formalen Voraussetzungen erfüllt sind, eine Beratungsstelle eingerichtet, die nicht bleibeberechtigte Flüchtlinge bei der Rückkehr in ihr Herkunftsland unterstützen soll. Bei der Debatte im Gemeinderat wurde die AfD-Fraktion für ihre Haltung heftig kritisiert.

Zur Förderung der freiwilligen Rückkehr von nicht bleibeberechtigten Flüchtlingen und Ausländern wird Heilbronn eine Rückkehrberatungsstelle, besetzt mit einer Vollzeit-Fachkraft, einrichten. Das beschloss der Gemeinderat bei seiner letzten Sitzung. Die vier anwesenden AfD-Stadträte enthielten sich der Stimme. Die Arbeitsplatzkosten belaufen sich auf knapp 100 000 Euro.
Fördermittel nur mit Kooperationsvereinbarung
Um in den Genuss der EU- und Landesförderung zu kommen, schließt die Verwaltung eine Kooperationsvereinbarung zur Rückkehrberatung mit den Landkreisen Heilbronn und Schwäbisch Hall, in denen bereits das Kooperationsnetzwerk "Rückkehrberatung Heilbronn-Franken" besteht. Nur über diesen Verbund ist es möglich, dass Heilbronn Fördermittel erhält. Der Eigenanteil der Stadt Heilbronn liegt bei 20.000 Euro jährlich.
Beratung bietet Fülle an Informationen
Mit der Rückkehrberatung werden unter anderem Ziele wie die Stärkung der freiwilligen Rückkehr, die Einsparung von Sozialleistungen und die Vermeidung einer erneuten Einreise verfolgt. Darüber hinaus geht es um die Organisation der Rückkehr, die Kontaktaufnahme zu Beratungsstellen im Heimatland sowie um die Gewährung von finanziellen Rückkehrhilfen und Perspektiven für die Wiedereingliederung im Herkunftsland.
Rathaus rechnet mit bis zu 30 Ausreisen pro Jahr
Im November 2021 hielten sich in Heilbronn 520 Menschen mit einer Duldung (Aussetzung der Abschiebung) auf. Aufgrund der Beratungsstelle rechnen die Experten im Rathaus mit 25 bis 30 freiwilligen Ausreisen pro Jahr. 2016 registrierte die Verwaltung mit 99 Rückkehrern die höchste Zahl an Ausreisen.
Kein Wort über menschliche Schicksale
Für Unmut hatte in der Gemeinderatssitzung der Redebeitrag von Franziska Gminder gesorgt. Die AfD-Stadträtin rückte verstärkt die Kosten, welche die Geduldeten verursachen, in den Fokus, verlor aber kein Wort über ihre Schicksale und hielt die Einführung der Stelle angesichts offener Fragen - auch was die Finanzierung betrifft - für verfrüht.
AfD erntet heftige Kritik
Von einem "unerträglichen Redebeitrag" sprach der CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Randecker. Für Andrea Babic (Grüne) gibt die Beratungsstelle den Menschen "ein Stück Würde". Anna Christ-Friedrich (SPD) hält die Stelle für ein "wichtiges Element in der Ausländerpolitik". Legitim ist für Nico Weinmann (FDP), dass man über Flüchtlingspolitik diskutiert. Nicht hinnehmbar ist für ihn aber eine Diskussion über das Asylrecht.
FWV: Viele Flüchtlinge sind keine Draufsteher
Mit Hinweis auf die Gminder-Rede sprach der FWV-Fraktionschef Herbert Burkhardt "vom hässlichen Gesicht der AfD". Viele Flüchtlinge seien keine Draufsteher: "Das AfD-Weltbild ist falsch." Konrad Wanner (Linke) hält die AfD-Inhalte für "völlig inakzeptabel" und attestierte eine Gesinnung aus der Zeit von vor 80 Jahren.
Reaktionen der AfD-Fraktion
Gegen die "unfairen Aussagen" verwahrte sich Franziska Gminder umgehend. Die anderen AfD-Stadträte schwiegen in der Sitzung. Erst am folgenden Tag schickte der AfD-Fraktionssprecher Raphael Benner eine Presseerklärung an die Redaktion. Darin monierte er die "stark moralisierende Art", widersprach dem Vorwurf, die Fraktion sei flüchtlingsfeindlich und protestierte gegen die Gesinnungs-Unterstellung von Stadtrat Wanner.