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Geplanter Fahrrad-Turm am Hauptbahnhof wird nicht gekippt

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Trotz Kostensprüngen wird das markante Fahrradparkhaus am Heilbronner Hauptbahnhof zu Ende gebaut. Erneut gab es eine spannende Ratsdebatte, bei der Baubürgermeister Hajek Fehler einräumte.

Die Bauarbeiten vor dem Heilbronner Hauptbahnhof haben bereits begonnen. Foto: Mario Berger
Die Bauarbeiten vor dem Heilbronner Hauptbahnhof haben bereits begonnen. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Ein Schildbürgerstreich wurde abgewendet. Das im Advent begonnene Fahrradparkhaus vor dem Heilbronner Hauptbahnhof wird bis Juni zu Ende gebaut. Dies hat am Donnerstagabend der Gemeinderat beschlossen. Die CDU hatte zuvor wegen eines erneuten Kostensprungs Einsparungen angemahnt und gedroht, den Turm zu kippen, wenn dies „für die Bürger günstiger ist, als der Weiterbau“, so deren Chef Thomas Randecker.

Das Amt für Straßenwesen klopfte deshalb ein Dutzend Kostenposten ab. Abstriche bei Brandschutz, Anti-Graffiti, Baustelleneinrichtung, Öffentlichkeitsarbeit und Sicherheit ergeben aber nur 22.700 Euro weniger. So bleibt es - gegenüber ersten Angaben von 2017 - voraussichtlich bei einer Verdoppelung auf knapp 1,087 Millionen Euro. Möglicherweise könnte sich der städtische Anteil von 455.000 Euro um 100.000 Euro reduzieren, wenn der Betrieb des Fahrradparkhauses als Gewerbe anerkannt und dadurch Steuern gespart werden könnten. Dies würde sich auch positiv auf Fördergelder auswirken; der Bund zahlt so oder so 313.788 Euro, das Land aber dann mehr als die versprochenen 318.400 Euro. Die Sache hat noch einen anderen Haken: Die kompletten Fördergelder fließen nur, wenn der zwölf Meter hohe Turm, in dem auf acht Ebenen vollautomatisch 122 Fahrräder untergebracht werden können, bis Ende Juni tatsächlich steht.

Spannende Debatte im Gemeinderat

"Ja, die Verwaltung hat Fehler gemacht." Dies gab Baubürgermeister Wilfried Hajek am Ende zweier denkwürdiger Sitzungen offen zu. Er räumte ein, "ich hätte strenger auf mein junges Team schauen müssen". Man habe nicht beachtet, dass der vor drei Jahren von der Firma Wöhr ins Spiel gebrachte Turm "eine einfache Lösung" war. Eine solche "Blechtrommel" wäre an dieser städtebaulich und verkehrlich wichtigen Stelle aber falsch. Vielmehr habe sich der Gemeinderat bewusst für eine Art Leuchtturm entschlossen, ein Schlüsselprojekt zur fahrradfreundlicheren Stadt.

CDU-Chef Randecker zeigte nochmals „die Ehrenrunden“ des Projektes auf. Die angemahnten Sparpotenziale seien leider „eher symbolisch“ ausgefallen. Seine Kritik ziele aber auch darauf ab, „dass so etwas nicht mehr vorkommt“. „Nach einem klärenden Gespräch“ mit Hajek, werde er nicht mehr am Turm zu rütteln. Der angedrohte Projektabbruch hätte die Stadt 650.000 Euro gekostet, 200.000 Euro mehr als der Bau selbst.

Grüne kritisieren CDU scharf

Dies hob auch Holger Kimmerle (Grüne) hervor, der die CDU scharf kritisierte. Er betonte: „Wir wollen und brauchen diesen Turm mit Strahlkraft“, der Bedarf wachse mit dem aktuellen Radler-Boom ständig. Für die SPD, neben den Grünen Ideengeber, erinnerte Tanja Sagasser-Beil, man habe zwischendurch gar ein größeres Parkhaus gewollt, aber keine Mehrheit gefunden. Trotz allem Ärger mahnte sie bei wegweisenden Vorhaben, "nicht um jeden Cent zu feilschen".

"Man muss in Zukunft beim Planen vorsichtiger sein", betonte Eugen Gall (FWV), "so hat das Ganze ein Geschmäckle". Allein die AfD stimmte wegen der "grottenschlechten Kalkulation, mit der man in der freien Wirtschaft pleite wäre", so Raphael Benner, dagegen. Hajek wies Benners Vorwurf zurück, Projekte anfangs bewusst schönzurechnen. Rückenstärkung bekam Hajek von OB Harry Mergel, etliche Bauprojekte seien am Ende sogar günstiger abgerechnet worden.

Bald zweites Fahrrad-Parkhaus?

Hajek hätte sein junges Team "nicht ins Messer laufen lassen dürfen", meinte Gottfried Friz (FDP). Gleichzeitig zeigte er sich von dem beleuchteten Turm hellauf begeistert, wünschte sich sogar einen zweiten oder zumindest weitere Radler-Stellplätze, etwa im Experimenta-Parkhaus oder auf freien DB-Flächen. Konrad Wanner (Linke) nannte als Standort für ein weiteres Radler-Parkhaus den Neckarbogen. Heilbronn müsse den Kurs der klimaschonenden Mobilitätswende jedenfalls konsequent fortführen.

 


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Kommentare

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am 22.01.2021 10:42 Uhr

Sehr geehrter Herr Krauth,

über den Sinn oder Unsinn oder auch die grottenschlechte Planung, Kommunikation, fortwährende Kostensteigerungen kann man sich lange auslassen. Als Unternehmer könnte ich mir erstens keine solche Späßchen erlauben und zweitens vermisse ich eine Kostenrechnung.

Keine Bank würde mir einen Geschäftskredit gewähren ohne eine ordentliche Kostenrechnung vorab und eine Bilanzvorschau für dieses Projekt. Das kann sich nur die öffentliche Hand erlauben.

Was erwartet mich als Steuerzahler an jährlichen Unterhaltungskosten. Dazu zähle ich neben Energiekosten auch Personalkosten, Verwaltungskosten, Versicherungen u.s.w. und einen fetten Batzen an Rücklagen zur Instandhaltung dieses Fahrradparkhauses.

Ich bin gespannt ob die Öffentlichkeit dies auch mal erfahren darf.

Jürgen Mosthaf

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Kilian Krauth am 22.01.2021 16:19 Uhr

Lieber Jürgen, wir sind doch noch per Du? Die jährlichen Betreibskosten liegen laut rathaus bi 8000 bis 9000 Euro. Freundliche Grüße Kilian

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