Umstellung auf Gas/Wasserstoff: Welche Schritte am Heilbronner Kraftwerk jetzt geplant sind
Schon im Herbst will die EnBW mit dem Bau eines Gaskraftwerks beginnen. Das Kohlezeitalter ist dann in Heilbronn vorbei. Umweltschützer kritisieren das Vorhaben dennoch.

Der Weg ist geebnet. Nach dem Beschluss des Bebauungsplans "Lichtenbergerstraße Nordwest" als Satzung im Heilbronner Gemeinderat kann die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) auf dem Kraftwerksgelände im Industriegebiet Osthafen ihr geplantes Gaskraftwerk bauen. Gegen das Projekt stimmten die beiden Linken-Stadträte Konrad Wanner und Erhard Jöst sowie Wolf Theilacker (Grüne).
Strom und Fernwärme will die EnBW künftig in erster Linie über den neben dem Kühlturm geplanten erdgasbetriebenen Block 8, einem Gas- und Dampfturbinenkraftwerk (GuD) mit einer elektrischen Gesamtleistung von 710 Megawatt (MW) und einer Feuerungswärmeleistung von 1150 Megawatt, produzieren. Zur Sicherung der Gasversorgung muss eine neue Gasleitung von der Übergabestation in den Böllinger Höfen bis zum Kraftwerk gebaut werden. Später soll die Anlage auf regenerativ erzeugten Wasserstoff umgestellt werden.
EnBW investiert am Heilbronner Kraftwerk mehr als 500 Millionen Euro
Außer dem GuD entstehen ein strombetriebener Hilfskrafterzeuger (3 MW), ein Fernwärmespeicher mit einem Volumen von 11.000 Kubikmetern und einer Wärmekapazität von 600 Megawattstunden. Darüber hinaus soll der bestehende Hilfskrafterzeuger 3 komplett erneuert und erweitert werden. Das mögliche Investitionsvolumen schätzt die EnBW aktuell auf über 500 Millionen Euro.
Der Baubeginn für Block 8 ist bereits für den kommenden Herbst geplant. Ende 2026 sollen die Anlagen dann in Betrieb gehen. Dieser Termin ist wichtig, um eine zeitlich befristete staatliche Entschädigung beim Wechsel von Kohle zu Gas zu erhalten. Nach der Inbetriebnahme von Block 8 werden die Blöcke 5, 6 und 7 stillgelegt. An letzterem waren kürzlich Reparaturen nötig. Spätestens 2038 müssen alle Steinkohlekraftwerke abgeschaltet sein. Nicht mehr benötigt werden dann das Steinkohlelager am Neckar und die beiden 250 Meter hohen Schornsteine. Der 140 Meter hohe Kühlturm bleibt stehen und wird für Block 8 weiterverwendet.
Wegen Energiepolitik: Kritik an der grün-schwarzen Landesregierung
Positiv steht Michael Seher von der AfD-Fraktion zum geplanten Gaskraftwerk. Er sieht darin die Chance, dass mit dem Projekt auch das örtliche Fernwärmenetz ertüchtigt werden kann. Sorge, dass in dem neuen Gaskraftwerk auch Fracking-Gas eingesetzt wird, hat Stadtrat Konrad Wanner (Die Linke). Auch der spätere Betrieb mit Wasserstoff sieht er kritisch: "Die Erzeugung ist teuer und aufwendig." Die Alternative zum Gaskraftwerk ist für Wanner eine Energiewende, die zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien basiert. In diesem Zusammenhang kritisierte er die grün-schwarze Landesregierung: "Sie setzt zu wenig auf diese Energieformen."
"Entweder Kohle oder die Kombination Gas/Wasserstoff. Sie müssen sich schon entscheiden", reagierte Oberbürgermeister Harry Mergel auf die Wanner-Worte. Der jetzt beschlossene Weg ist für Mergel zwar "keine optimale Lösung, aber besser als die derzeitige Kohleverstromung" und ein Beitrag zur Sicherung der Energieversorgung.
Umweltverbände kritisieren neues Kraftwerk in Heilbronn
Für das Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn, Heilbronn For Future und den Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) passt das geplante Erdgas-Großkraftwerk "nicht mehr in die Zeit". Sie sehen in dem Projekt, wie es in einer Mitteilung heißt, nur eine "Krücken- und Tückentechnologie", die den Weg zur Energiewende nur verlängere.
Nach dem Ratsbeschluss sind für die drei Umweltverbände folgende Punkte von Bedeutung:
Überwachung: Scharfe Kontrolle und Beschleunigung des Erdgas-Ausstiegs-Zeitplans.
Reinheit: Wasserstoff nur aus wirklich regenerativer Produktion mit 100 Prozent erneuerbar erzeugtem Strom.
Ausbau: Massiver Einsatz für einen schnellen Ausbau der Windkraft und des Solarstroms.
Abkehr: Beendigung der Mitgliedschaft der HNVG im Verein "Zukunft Gas", der eine Kampagne der Erdgas-Lobby mitfinanziert.

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