Gebühren für Krippenplätze in Heilbronn werden nicht erhöht
Kontroverse im Gemeinderat: Heilbronn friert gegen die Mahnungen dreier Bürgermeister die U3-Kita-Gebühren weiter ein - aus Rücksicht auf belastete Familien.

Das ist historisch. Daran werden wir uns noch erinnern. Das wird uns einholen." So kommentierte jenseits des Protokolls und ohne Mikro Finanzdezernent Martin Diepgen eine Entscheidung des Gemeinderates, die dieser gegen die eindringlichen Mahnungen von ihm, von Oberbürgermeister Harry Mergel und von Sozialdezernentin Agnes Christner am Donnerstagabend gefasst hat. Danach werden die Elternbeiträge für unter Dreijährige an Heilbronner Kindertagesstätten im Schuljahr 2022/23 erneut nicht erhöht, nachdem die Stadt schon in den Jahren 2020 und 2021 wegen der allgemeinen Corona-Belastungen darauf verzichtet hatte. Heilbronn hinkt damit weiter hinter den Landesregelsätzen her.
25 von 40 Stadträten stimmten gegen eine Erhöhung, einer enthielt sich. Grüne, CDU, SPD und FWH begründeten ihre Ablehnung mit den vielen Belastungen, die sich aktuell bei Familien mit Kindern durch die Energiekrise und allseits steigende Kosten aufsummieren würden.
Eindringliche Mahnungen
Nach ausführlicher Debatte konnte die Verwaltungsspitze im Wilhelm-Maybach-Saal der Harmonie die Mehrheit des Rats nicht überzeugen, weshalb der OB ankündigte, folgendes "noch öfter zu sagen": "Wir alle haben einen Eid geschworen, Schaden von der Stadt fernzuhalten", und eben dies wäre der Fall, wenn Heilbronn seinen gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtaufgaben nicht mehr nachkommen könnte, warnte Mergel kurz vor der Abstimmung. Gerade in einer Zeit der Belastungen wäre es fatal, den Eindruck zu erwecken, die Stadt könne alles abfedern. "Da machen wir den Menschen etwas vor, das uns irgendwann einholen wird." Und: "Die Bürger verstehen mehr, als man ihnen zutraut, das zu erklären, braucht es Mumm!"
Martin Diepgen rief in Erinnerung, dass die Stadt Familien bereits auf vielerlei Weise unterstütze bis hin zu gebührenfreien Kindergartenplätzen für Ü-3-Kinder, wodurch man jährlich auf 8,5 Millionen Euro im Stadtsäckel verzichte. Wem daran liege, dass solche Förderungen Bestand haben, müsse "Belastungen nach Maß und Mitte weitergeben" und dem vom Bund und Land geschaffenen Sozialsystem vertrauen, "denn die Stadt kann nicht alles auffangen, sonst fahren wir gegen die Wand".
Agnes Christner gab zu bedenken, "wenn wir die Anpassung ein weiteren Mal aussetzen, verlassen wir unsere eigene Beschlussgrundlage", weil die gewünschte "moderate Anpassung an die Landessätze" somit nicht mehr möglich sei. Einen Detailantrag der Grünen, gerade finanzschwache Eltern über Möglichkeiten von Jugendhilfe-Geldern aufzuklären, trage das Rathaus mit entsprechenden Info-Aktionen "in der Intention und Praxis natürlich mit".
Pro und Contra im Ratsrund
Zuvor hatte Grünen-Stadtrat Steven Häusinger wegen zunehmender Belastungen von Familien "Bauchschmerzen" geäußert und für eine Verschiebung der Erhöhung um ein weiteres Jahr plädiert. Dem schloss sich Christoph Trossbach (CDU) an. Ihm sei durchaus bewusst, dass man mit Elternbeiträgen keinesfalls kostendeckend arbeiten könne. So kam er zu dem Schluss "breite Schultern tragen mehr". Ähnlich sah es Tanja Sagasser-Beil (SPD), bei 14.500 Euro im Jahr 2022 und bis zu 33.900 Euro in 2023 sei der Verlust für die Stadtkasse "überschaubar". Marion Rathgeber-Roth (FWH) sprach gar von "Pillepalle" im Vergleich zu Kostensteigerungen bei Bauvorhaben und von einem "positiven Zeichen" an Familien.
Dagegen betonte Raphael Benner (AfD), selbst höhere Beiträge seien nicht kostendeckend, die geplanten aber "zumutbar".
Gerade in der Pandemie leisteten Kitas "hervorragende Arbeit, und das kostet", betonte Nico Weinmann (FDP). Er sehe gleichzeitig auch die Belastungen der Familien - und nannte die vorgeschlagenen Sätze einen "Mittelweg", den er mittrage - im Gegensatz zur Ratsmehrheit.
Heilbronn liegt bei Kita-Gebühren weit unter den Landesrichtsätzen
In Heilbronn gibt es eine Besonderheit: Eltern von über Dreijährigen müssen keine Kindergartengebühr bezahlen. Für unter Dreijährige gilt das nicht. Gleichwohl liegt die Stadt hier weit hinter den Landesrichtsätzen. So zahlt man hier etwa pro Kind für sechs Stunden Kita-Betreuung 328 Euro im Monat, für elf Stunden 600 Euro (Landessatz: 410 Euro bzw. 752 Euro). Die Verwaltung wollte nun eine Erhöhung um 20 Euro bzw. 38 Euro, um sich dem Landessatz anzunähern. Die Mehrheit des Gemeinderates lehnte dies ab, weil Familien derzeit zu sehr belastet seien.