Heilbronner Gastwirte wehren sich gegen ungleiche Sperrzeiten
Pub-Betreiber sehen im Heilbronner Zonenkonzept eine klare Benachteiligung und erwägen eine Klage. Je nach Lage darf ein Gastwirt Terrasse oder Biergarten seines Lokals abends länger oder kürzer öffnen.

Sie haben den langen Lockdown für Gaststätten durchgestanden und sind jetzt von einer neuen Regelung für Lokale ziemlich frustriert. Ende April hat der Heilbronner Gemeinderat die Sperrzeit für die Außenbewirtschaftung von Gaststätten neu gefasst und die Stadt in drei Zonen aufgeteilt. Je nach Lage darf ein Gastwirt Terrasse oder Biergarten seines Lokals abends länger oder kürzer öffnen.
Andrea und Thomas Engel fiebern dem Moment entgegen, wenn sie ihre Gäste im Jack Angel's Pub endlich wieder auf der Terrasse an der Ecke Charlotten-/Fontanestraße in der äußeren Kernstadt begrüßen dürfen. Dass sie aber jeden Tag früher schließen müssen als Lokale in der Innenstadt und Bahnhofsvorstadt, wollen sie nicht hinnehmen.
30 Stunden weniger Öffnungszeit pro Monat, kritisieren die Gastwirte
Sie liegen in der Zone B, bei ihnen soll sonntags bis donnerstags draußen um 23 Uhr, Freitag und Samstag um 24 Uhr Schluss sein. Ihr Vergleich: Innenstadt-Lokale, bei denen auch Anwohner oft obendrüber oder nebenan wohnten oder auch mal ein Seniorenheim gegenüber liege, dürften ihre Gäste jeweils eine Stunde länger außen bewirten.
Als "Ungleichbehandlung" und "Wettbewerbsverzerrung" empfindet Andrea Engel dies. "Es muss gerecht zugehen", fordert Thomas Engel. Insgesamt mache das Zonensystem bei ihnen im Monat 30 Stunden weniger Öffnungszeit auf der Terrasse aus. Das seien klare Umsatzverluste. Lokale in Zone C - in Biberach, Kirchhausen, Frankenbach, Horkheim und Klingenberg - müssten ihre Freiflächen noch eine Stunde früher schließen und kämen dann auf rund 60 Stunden Unterschied im Monat, rechnen die Engels vor. Sie wollen die Dreiteilung nicht akzeptieren. Einen Antrag auf eine Einzelfallentscheidung haben sie bei der Stadt Heilbronn gestellt, haben den Gaststättenverband Dehoga kontaktiert und das Verwaltungsgericht in Stuttgart.
"Wir sind durch den langen Corona-Lockdown schon gebeutelt - und werden jetzt noch mal geknebelt", findet Thomas Engel. Falls sie von den Behörden in dem Fall kein Entgegenkommen erleben, wollen sie über eine Klage vor dem Verwaltungsgericht im Eilverfahren nachdenken. "Zur Not würden wir es tun", sagt die Wirtin des Heilbronner Lokals, in dem seit 56 Jahren Gastronomie betrieben wird.
Stadt: Örtliche Verhältnisse und Störungsgrad prüfen
Was sagt die Stadt zu der Kritik an der Zonenregelung? Einheitliche Sperrzeiten für alle Gastronomen in der Stadt habe es auch bisher nicht gegeben, teilt Ordnungsamtsleiterin Dr. Kristine Pohlmann mit. Es sei normal, dass es bei den Zeiten Unterschiede gibt. Eine Sperrzeitverordnung für die Altstadt gebe es zudem seit 2002. Nach dem Gaststättenrecht seien öffentliche Bedürfnisse und besondere örtliche Verhältnisse zu prüfen - auch der Lärmschutz für Anwohner. Eine wichtige Rolle spielt nach Angaben von Pohlmann der Baugebietstyp. In Kern- und Mischgebieten sei ein höherer Störungsgrad zulässig als in Wohngebieten. Das spiegele sich unter anderem auch in einzuhaltenden Lärmrichtwerten der Technischen Anleitung Lärm wider. Und: Während der Fußball-EM ab Mitte Juni hätten alle Lokale in Zone B als Zugeständnis dieselben Sperrzeiten wie in Zone A.
Eine Einzelfallregelung sieht das Ordnungsamt dann als Möglichkeit an, wenn zum Beispiel ein Betrieb zwar in einem Wohngebiet liege, aber weit genug weg von der nächsten Wohnbebauung, so dass "nicht mit nennenswerten Störungen zu rechnen ist".
Aus Sicht der Verwaltung sind bei der Sperrzeitenlösung die Interessen der Gastronomen und der Anwohner an Nachtruhe "sehr gut abgewogen". Es sei eine durchdachte Lösung, die zwar nicht jeden zufriedenstelle, so Pohlmann. Man sehe aber gute Chancen, dass die Einteilung vor Gericht "Bestand hat".
Dehoga für weitestgehende Öffnung
Hugo Kurz, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga in Heilbronn, sieht eine Abstufung von Sperrzeiten nach Stadtteilen als Wettbewerbsverzerrung. Man sollte "so weit es geht alles aufmachen". Gastwirte hätten einen monatelangen Lockdown hinter sich, die Menschen seien lange eingesperrt gewesen. Man sollte eine weitestgehende Öffnung wagen und die Dinge beobachten. Das Freizeitverhalten der Bürger habe sich verändert. Sie würden lieber im Freien in Lokalen sitzen. Zudem wäre das Infektionsrisiko geringer, wenn man die Gäste mehr in der Fläche verteile.

