ETH-Coup: Erste Professoren wollen für Zürich am Bildungscampus Heilbronn arbeiten
Die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich bekommt einen Ableger am Bildungscampus Heilbronn. Bis zu 200 Stellen werden dort geschaffen. Nun äußert sich Präsident Joël Mesot exklusiv.

Das Interesse am Heilbronn-Deal der ETH Zürich ist groß. ETH-Mitarbeiter, die aus der Region Heilbronn stammen, freuen sich. Reaktionen aus Politik und Schweizer Hochschulen sei mehrheitlich positiv gewesen. Aber nicht nur: "Ein bisschen Neid gibt es überall", sagt Joël Mesot gegenüber der Heilbronner Stimme. Der ETH-Präsident wertet das als Zeichen des Erfolgs seiner Hochschule. Der Neid lässt sich mit Blick auf die Finanzierung begründen, hinter der neuen Zusammenarbeit steht die Dieter-Schwarz-Stiftung.
Schweizer Medien sprechen von der „mit Abstand größten Zuwendung, die alle Schweizer Hochschulen und Universitäten je von Privaten erhalten haben“. Summen nennt niemand, weder die ETH noch die Stiftung in Heilbronn. Joël Mesot sagt allerdings über die Einschätzung der Schweizer Medien: "Ja, das stimmt."
Züricher Hochschule ETH in Heilbronn – Zahl der Studenten soll sich verdoppeln
Die Schwarz-Stiftung finanziert über die nächsten 30 Jahre rund 20 neue Professuren in Zürich und auf dem Bildungscampus, die meisten werden in Heilbronn geschaffen. Es geht um die Themen "Digitale Transformation" und Datenwissenschaften. Zunächst werden in Zürich zwei Professuren im Bereich Informatik und Datenwissenschaften eingerichtet, parallel dazu wird das Zurich Information Security and Privacy Center ausgebaut. In einem nächsten Schritt sollen in Heilbronn fünf Forschungsgruppen im Bereich Informatik und Datenwissenschaften aufgebaut werden.
Üblich seien Berufungsverfahren von eineinhalb bis zwei Jahren, sagt Joël Mesot. Das bedeutet für Heilbronn: "Wenn alles gut läuft, können wir mit den ersten Professuren Ende 2025 oder Anfang 2026 starten." Bei einer Person allein bleibt es nicht, mit Doktoranden und weiteren Mitarbeitern seien solche Teams zwischen fünf und zehn Personen groß. Er erwartet, dass Professoren zusätzliche Gelder einholen - über Stipendien oder die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen.

Insgesamt rechnet Joël Mesot deshalb mit 150 bis 200 ETH-Mitarbeitern am Standort Heilbronn, die bislang einzige ETH-Außenstelle in Singapur hat dieselbe Größe. Die ersten Bewerbungen für Heilbronn gebe es schon, sagt der Präsident. Das sei üblich. Die Bewerber würden allerdings vertröstet, bis die Details zu den Anforderungen erarbeitet seien. Bei einem Nobelpreisträger würde man eine Ausnahme machen - unter den ersten Interessenten sei allerdings keiner. "Noch."
Die ETH Zürich kommt nach Heilbronn: Das sind Gründe
Dass die ETH Zürich nach Heilbronn gekommen ist, hat für den Präsidenten mehrere Gründe. "Zum einen ist die Vision, die Dieter Schwarz in beeindruckender Weise vorantreibt", sagt der Präsident. "Zum andern sind mit der TUM und Fraunhofer schon zwei Forschungsschwergewichte vor Ort." Joël Mesot betont: "Es braucht eine kritische Masse, damit man etwas bewirken kann."
Joël Mesot erwartet deshalb, dass es mit der ETH-Arbeit in Heilbronn losgeht, sobald der erste Professor da ist. Die ETH muss aus Sicht von Joël Mesot nicht die letzte Einrichtung sein, die sich in Heilbronn ansiedelt. Weitere "exzellente Institutionen" seien ausdrücklich erwünscht: "Ich hoffe, dass noch mehr kommen." ETH arbeitet schon in der Schweiz mit anderen Universitäten und Hochschulen zusammen, Ähnliches werde es in Heilbronn geben - wie etwa mit der TUM. Deren Angebote werde man ergänzen.
Forschung und Lehre: Beides wird es auch in Heilbronn geben

Die Detailplanungen laufen, vieles ist aktuell offen. An der ETH warten viele auf Antworten, um mehr Details zu erfahren. "Der Erwartungsdruck ist hoch." Forschung und Lehre werden auch in Heilbronn Hand in Hand gehen. "Ausbildung gehört seit der Gründung der ETH Zürich zum Kernauftrag nebst der Forschung und dem Wissenstransfer in die Gesellschaft", sagt Joël Mesot. Alle Professuren hätten einen Lehrauftrag. Dabei werden sich Zürich und Heilbronn gegenseitig ergänzen. Angebote, die schon in der Schweiz vorhanden seien, müssten nicht noch einmal geschaffen werden. Davon würden am Ende die Studenten profitieren: Interessant für sie sei, dass sie einen Teil ihrer Zeit in Zürich verbringen können, so der Präsident.
Bleibt nur die Frage, wie der Brückenschlag zwischen Zürich und Heilbronn am besten gelingt. Die Schweizer kennen die Bahn-Anbindung nach Heilbronn, ein Umstieg ist nötig. Heilbronner Kommunalpolitiker wünschen sich schon lange eine direkte ICE-Verbindung. Was die ETH von einer Direktverbindung Heilbronn-Zürich hält? Joël Mesot schmunzelt. "Daran müssen wir gemeinsam arbeiten."