Energiekrise: So will die Stadt Heilbronn Energie sparen
Mit verschiedenen Sofortmaßnahmen und längerfristigen Schritten, will die Stadt Heilbronn dem drohenden Gasmangel im Herbst und Winter und massiv steigenden Energiekosten entgegenwirken.
Bei den Maßnahmen, die der Heilbronner Gemeinderat am Donnerstag (22. September) beschlossen hat, wird in schnell wirkende Sofortmaßnahmen und längerfristig umsetzbare Schritte unterschieden. Der Maßnahmenkatalog ist in drei Phasen gegliedert.
Wie die Stadtverwaltung am Freitag mitteilt, sind neben bereits umgesetzten oder in der Umsetzung befindlichen Sofortmaßnahmen der Phase A, beispielsweise weniger Beleuchtung und niedrigere Raumtemperaturen in kommunalen Gebäuden, längerfristige Maßnahmen in Phase B vorgesehen. Diese sammelt Handlungen von Stadtverwaltung und städtischen Töchtern. Dazu zählen zum Beispiel eine Umstellung der Beleuchtung auf energiesparende LEDs und Heizeinsparungen in Schulen, Sporthallen und Schwimmbädern. In Phase C fokussiert die Stadt den Umstieg auf Erneuerbare Energien. Investitionen in Anlagen und Gebäude benötigen allerdings laut Stadtverwaltung Vorlaufzeiten.
Oberbürgermeister Harry Mergel appellierte an Bürgerinnen und Bürger sowie städtische Mitarbeitende, beim Energiesparen mitzumachen. „Nur gemeinsam werden wir gut über den Winter kommen“, sagte er. „Für uns als Kommune ist es Aufgabe, beispielhaft voranzugehen. Der verabschiedete Maßnahmenkatalog mit den Sofortmaßnahmen ist flexibel und orientiert sich an der aktuellen Gasversorgungslage.“
Die verabschiedeten Maßnahmen umfassen unterschiedliche Bereiche und betreffen die Energieträger Erdgas und Strom. Ziel sei es laut Stadtverwaltung, 20 Prozent des Wärmebedarfs einzusparen.
Das sind die verabschiedeten Maßnahmen im Einzelnen:
Sofortmaßnahmen aus Phase A
Kommunale Sportanlagen: Warmwasserversorgung in den Sommerferien abgestellt
Stadtbeleuchtung: Umstellung der Straßenbeleuchtung auf reduzierten Betriebe während der Nacht, Anstrahlung öffentlicher Gebäude abgeschaltet (wenn Sicherheit nicht gefährdet)
Stadtwerke: Keine zusätzliche Beckenheizung der Freibäder mit Gas, Absenkung der Raumtemperatur in allen Verwaltungsbereichen auf 19 Grad Celsius
Kommunale Gebäude:
- Heizgrenztemperatur (die maximale Außentemperatur, bei der ein Gebäude beheizt werden muss) senken von 15 auf 12 Grad Celsius
- Heizbeginn frühestens 1. Oktober
- Absenken der Raumtemperaturen auf 19 Grad Celsius an Arbeitsplätzen mit überwiegend sitzender Tätigkeit
- Abschalten der Beheizung für Verkehrsflächen (beispielsweise Flure oder Foyers)
- Abschalten der Warmwasserversorgung zum Händewaschen
Stadtsiedlung
- Reduktion der Gebäudebeleuchtung
- Versand von Energiespar- und Verbrauchsinformationen
Maßnahmen Phase B (werden im Herbst und Winter wirksam)Stadtsiedlung: Umstellung der Leuchtmittel auf LED
Stadtbeleuchtung: Umrüstung auf LED-Technik in weiten Teilen Biberachs und Frankenbachs sowie weitere Maßnahmen
Schulen:
- Heizungen werden im September nur in Ausnahmefällen angeschaltet
- Ab 1. Oktober werden Unterrichts- und Verwaltungsräume gemäß Landesempfehlung auf 20 Grad Celsius geheizt
- Verkehrsflächen (Flure, Treppenhäuser) werden nicht beheizt
- Bei anhaltend warmen Temperaturen kann die Heizung auch nach dem 1. Oktober vorübergehend abgeschaltet werden
- In den Weihnachtsferien fahren Schulen den Betrieb komplett herunter (Ausnahme Ferienbetreuung)
Kommunale Sportanlagen
- Duschen in kleinen Hallen ohne Turnierbetrieb bleiben kalt. Aufgrund des Ligabetriebs soll die Warmwasserversorgung aufrechterhalten werden in der Römerhalle, Mörikehalle und
- Turnleistungszentrum, Stauwehrhalle, Frankenstadion, Mönchseehalle, Schanzssporthalle. Temporär Warmwasser zur Verfügung zu stellen, ist wegen der Gefahr eines Legionellenbefalls nicht möglich
- Begrenzung der Hallentemperatur für den Übungsbetrieb auf 17 Grad Celsius (Schul- und Vereinssport)
- Sporthallen werden in den Weihnachtsferien geschlossen (Ausnahmeregelung für den Ligabetrieb)
Stadtwerke
- Soleo-Außenbecken außer Betrieb
- Soleo-Hotwhirlpool außer Betrieb
- Soleo-Sauna bleibt geschlossen
- Hallenbad Biberach: Umstellung auf Beheizung mit Heizöl
- Hallenbad Biberach: Senkung der Beckentemperatur um 2 Grad Celsius
- Reduktion des Beleuchtungsniveaus in Parkhäusern
- Temperaturabsenkung auf 26 Grad Celsius im Lehrschwimmbecken Grundschule Frankenbach
Nutzerverhalten
Stadtverwaltung: Information der Gebäudenutzer und Mitarbeiter: zu energiesparendem Heiz- und Lüftungsverhalten
Stadtbeleuchtung: Entscheidung für Telemanagement und Umstellung auf Präsenzsteuerung
Stadtsiedlung: aufsuchende Energieberatung in den Wohnungen in Kooperation mit Energieagentur und Umweltmentoren, Optimierung der Einstellungen der Technischen Gebäudeausrüstung
Maßnahmen Phase C – mittelfristige Perspektive und Fokus auf Erneuerbare Energien
Stadtverwaltung: Beschleunigung der Umrüstung auf LED bei kommunalen Gebäuden und bei Stadtbeleuchtung (abhängig von verfügbaren Haushaltsmitteln)
Stadtsiedlung: beschleunigte Umsetzung von Sanierungsfahrplänen
Reaktionen aus dem Gemeinderat
„Mit Augenmaß“ ist die Verwaltung nach den Worten von Bürgermeister Andreas Ringle bei der Ausarbeitung des „sehr ambitionierten“ Sparkatalogs vorgegangen. Aufgrund der Verschiedenheit der städtischen Gebäude hätten die Ämter nach unterschiedlichen Lösungen gesucht und individuell reagiert.
Dazu zählen für Ringle die Römerhalle, die Mörikehalle und das Turnleistungszentrum, die Stauwehrhalle, das Frankenstadion, die Mönchseehalle und die Schanzsporthalle. In diesen Hallen soll die Warmwasserversorgung aufrechterhalten bleiben. Temporär nur Warmwasser zur Verfügung zu stellen, sei wegen der Legionellengefahr nicht möglich.
„Mit Gänsehaut“ trägt die CDU-Fraktion nach den Worten von Christoph Troßbach die Einsparmaßnahmen mit, die aber „dringend notwendig“ seien: „Jede gesparte Kilowattstunde trägt zur Versorgungssicherheit bei.“ Von „sinnvollen Lösungen, geprägt von umsichtigem Verwaltungshandeln und Flexibilität“ sprach Grünen-Stadträtin Eva Luderer. Als Konsequenz aus der Krise forderte sie den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien.
„Wir wollen kein Schreckensszenario, dass Wohnungen nicht mehr geheizt werden können und Menschen sich in Hallen aufwärmen müssen“, begründete Rainer Hinderer die Zustimmung der SPD-Fraktion. Die Bundesregierung machte AfD-Stadtrat Raphael Benner für die aktuelle Situation verantwortlich: „Die selbstmörderische Politik zwingt uns zu diesen Maßnahmen. Russland hat den Wirtschaftskrieg nicht begonnen, sondern unsere Regierung.“ Mergels Bitte, sich auf kommunale Aspekte zu konzentrieren, ließ Benner außer Acht wie später auch Alfred Dagenbach (AfD).
„Heilbronn muss seinen Beitrag leisten, damit alle gut durch den Winter kommen“, merkte Nico Weinmann (FDP) an. Nord Stream 2 zu öffnen, sei naiv und verantwortungslos. Die Flexibilität der Verwaltung bei den Sparmaßnahmen lobte Herbert Burkhardt (FWV). Marion Rathgeber-Roth (Freie Wähler) forderte, die beschlossenen Maßnahmen laufend auf ihren Nutzen zu überprüfen. Für Konrad Wanner (Linke) rächt sich, dass die Stadt lange Zeit keine großen Energiesparschritte umgesetzt, sondern in den Straßenbau investiert hat.


Stimme.de