Diskussion um Heilbronner Innenstadt: Architekt verschickt Brandbrief
Der Architekt Franz-Josef Mattes will die Diskussion unter Heilbronnern anregen. Deshalb hat er 80 Menschen angeschrieben und nach ihren Ideen für die Innenstadt gefragt. Zuletzt hatte unter anderem der Handel klar gelitten.

Über die Entwicklung der Heilbronner Innenstadt wird derzeit viel diskutiert. Auch Architekt Franz-Josef Mattes, dessen Wirken an vielen Stellen in der Stadt sichtbar ist, macht sich Gedanken über die Innenstadt. So schreibt er es in einer E-Mail, die am Dienstagabend an 80 ausgewählte Empfänger ging. Darin nennt er die Schließung von weiteren Einzelhandelsflächen realistisch und beschreibt die Wollhaus-Pläne als "Wünsch-dir-Was-Konzert". Er fragt aber auch nach den Chancen der City.
Alle müssen sich kümmern
"Ich glaube nicht, dass Kaufhof eine Zukunft hat", sagt Mattes auf Nachfrage. Der Handel werde immer weniger, damit müsse sich die Stadt beschäftigen. Mit "der Stadt" meint er nicht die Verwaltung, sondern ausdrücklich alle Heilbronner. "Es ist doch deren Innenstadt." Seit Jahrzehnten verfolgt er die Entwicklung der Stadt, sie liege ihm am Herzen, betont er. "Den Niedergang erleben wir seit 20 Jahren."
Das Heilbronner Architekturbüro Mattes, Riglewski, Wahl hat einst das Technische Rathaus entworfen, ist unter anderem im Neckarbogen und im Schwabenhof aktiv. Mattes äußert sich unter anderem zum Wollhaus und kritisiert, dass die Stadt nicht "die fünf oder sechs Millionen Euro aufgebracht hat, um einen Fuß im Wollhaus zu haben".
Dann hätte man frühzeitig einen Konzeptwettbewerb für die ungeliebte Immobilie anstoßen und die Entwicklung steuern können. Jetzt sei nicht klar, was dort entsteht. "Man feiert sich zu früh", findet Mattes. Gleichwohl sei die Kernidee des Entwurfs der Stuttgarter Architekten Blocher Partners sehr gut nachvollziehbar.
Das Beste für beide Seiten
"Man muss das Beste wollen mit beiden Herzen", sagt Mattes und bezieht sich damit auf OB Harry Mergel, der oft von der "Stadt der zwei Herzen" spricht und damit die Verbindung von originärer Stadtentwicklung und dem von Dieter Schwarz geförderten Ausbau zur Wissensstadt meint. Der Boom am Stadtrand müsse in die Stadt hineinwirken: "Das würde der Stadt guttun", ist Mattes überzeugt. Sonst könne jemand, der im Ipai arbeitet, auch in Heidelberg wohnen.
Entscheidend sei die Aufenthaltsqualität. "Eine Fußgängerzone muss so sein, dass der Handel dorthin kommen will." Auch Kultur und Gastronomie seien wichtig.
In seinem digitalen Brandbrief stellt Mattes konkrete Fragen, etwa ob die Händler die Belastungen des Wollhausumbaus stemmen können, welchen Bedarf es gibt, ob "die gefühlte Innenstadt" zu groß sei, wie diese belebt werden könne oder wann studentisches Leben sichtbar werde. Er formuliert aber auch klare Forderungen, etwa nach einer Initiative der Verwaltung, um die Parkplatzproblematik zu lösen.
Eine Herausforderung für die Empfänger
Antworten zu finden sei "eine Herausforderung zum Jahresstart" schreibt Mattes, nicht weniger erwartet er von den Empfängern: "Ich will eine Diskussion unter den Heilbronnern anregen." Es gebe durchaus interessanten Rücklauf. Einige fänden zwar den Ansatz gut, erklärten aber, sie könnten da nichts machen. Manche Absender bringen auch die Zerstörung der Stadt bei Kriegsende ins Spiel. "Aber Wehmut hilft uns nicht weiter", sagt Mattes. Er freut sich über konstruktive Beiträge, zum Beispiel einen neuen Kontakt zur DHBW, um gemeinsam Ideen für die Innenstadt zu entwickeln. "Wir bleiben im Gespräch", verspricht der Heilbronner Architekt.
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Kommentare
Martin Ernst am 06.01.2024 11:57 Uhr
Der ständige Vergleich zwischen HN Innenstadt und Bräuningerland auf der "grünen Wiese" ist ziemlich unsinnig! Die Situation in der LB Innenstadt ist kaum anders, als in HN. Wer wegen der Parkplätze nicht in die Innenstadt fahren will, den wird man auch in LB nicht finden.
Das grösste Problem nahezu aller Innenstädte ist der ausufernde online Markt und damit die Käufer, die sich nicht im Klaren darüber sind, dass es schlicht ihr Kaufverhalten ist, das Innenstädte unattraktiv werden lässt.
Rainer Ott am 05.01.2024 07:52 Uhr
Meiner Meinung nach hat Heilbronn die Verkehrssituation und Parksituation in den letzten Jahren immer weiter verschlechtert. "Autos raus aus der Stadt" hat als Konsequenz auch die Menschen aus der Stadt gebracht. Dadurch werden Alternativen gesucht und die finden sich zum Beispiel im Breuninger Land mit kostenlosen Parkplätzen und hervorragender Erreichbarkeit. Warum soll ich mich dann nach Heilbronn quälen, wenn ich genauso schnell aber deutlich bequemer, ohne große Parkplatz Suche und mit kostenlosen Parkplätzen zu einer großen Auswahl von Geschäften komme?