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Der vergessene Zinnsarg unter dem Chor der Kilianskirche

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Während des Wiederaufbaus der Heilbronner Kilianskirche entdeckten Bauarbeiter menschliche Überreste - und sogar einen kunstvollen Zinnsarg, der fast in Vergessenheit geraten ist und jetzt wieder auftauchte.

1958 stieß man im Chor der Kirche bei Bohrungen auf diesen kunstvollen Zinnsarg aus dem Jahr 1652. Foto: Stimme-Archiv
1958 stieß man im Chor der Kirche bei Bohrungen auf diesen kunstvollen Zinnsarg aus dem Jahr 1652. Foto: Stimme-Archiv  Foto: Archiv

Kaum einer kennt sich in der Heilbronner Kilianskirche so gut aus wie Mesner Gerd Bäuerle. So weiß er, dass vor allem beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg immer wieder Grabreste gefunden wurden. In einem Schwarz-Weiß-Film sei gar ein Zinnsarg zu sehen, der mit einem Kran in die Höhe gehievt wird. "Leider ist der Film ohne Ton." Mitarbeiter des Stadtarchivs, der Städtischen Museen, der Denkmalschutzbehörde, ja sogar der Kilianskirchenpfarrer und der Architekt der evangelischen Gesamtkirchengemeinde wussten auf Stimme-Anfrage zunächst nichts davon.

Vergilbter Zeitungsbericht mit Hinweisen

Licht in das Dunkel bringt zunächst Ani Ghazaryan. Sie zaubert aus dem Stimme-Archiv Zeitungssartikel vom April 1958 hervor. Dort wird von Bohrungen nach dem Kirchbrunnenquell berichtet, bei denen man auf einen Zinnsarg aus dem Jahr 1652 gestoßen war. "Als Bauarbeiter einen Karren über diese Stelle fuhren, brach der Boden ein und die ausgemauerte Grablege wurde sichtbar", heißt es In dem "handwerklich schönen Stück" sei das tote Kind des damaligen kurpfälzischen Gouverneurs der Stadt, Emanuel Konz, genannt von Metzof, gelegen. Dessen Armee hatte nach dem Westfälischen Frieden die französischen Besatzer abgelöst.


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Der Sarg im Sarg

Der dreiteilige Deckel trägt die Wappen der Familie und die Lebensdaten des mit zweieinhalb Jahren am 2. März 1651 gestorbenen und am 8. März bestatteten Kindes. Der Sargboden sei indes von der "Zinnpest" befallen und beschädigt. "Durch eine undichte Stelle", so der Stimme-Redakteur, seien ein im Zinnsarg enthaltener Eichenholzsarg und Teile von Grabplatten zu sehen. Am Fuß- und am Kopfende, das zeigt auch ein altes Schwarz-Weiß-Foto, ist der Sarg mit Löwenköpfen verziert, an denen Tragringe hängen. Weitere Verzierungen seien im Stil der Renaissance gefertigt, die Familienwappen aber nach Manier des Frühbarock.

Selbst in den Ratsprotokollen des Bürgermeisters Trapp wird die Beerdigung des "lieben Söhnlin in der hiesigen Pfarrkirche" erwähnt, weil sie der Rat zuvor genehmigen musste - und ausnahmsweise auf die Gebühr von 100 Gulden verzichtet habe. Den "Leich Sermon" habe Magister Löschenbrand gehalten.

 


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Im Museum auf Lager

Wie es 1958 in einer eigens einberufenen Pressekonferenz hieß, sollte der Zinnsarg dem Historischen Museum anvertraut werden. Und tatsächlich: Nach gründlicher Recherche bestätigen Stadtarchiv und Städtische Museen, dass der leere Sarg bis heute im Deutschhof eingelagert, aber derzeit nicht ausgestellt sei.

Ute Kümmel vom Stadtarchiv geht davon aus, dass in der Kirche früher noch weitere Tote begraben wurden. Dafür sprächen die zahlreichen Epitaphe, die in Band 9 der Kleinen Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn näher beleuchtet werden. Manche wurden nach dem Wiederaufbau im Kirchenfoyer aufgestellt.

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