Laut Ermittlungen hunderte von Fällen: Von Telefonbetrug will der 33-jährige Angeklagte nichts gewusst haben
Eine Bande hat zumeist ältere Bürger in Deutschland mit der immer gleichen Masche von der Türkei aus um Geld betrogen. Ein Polizeibeamter aus Frankfurt spricht im Heilbronner Gerichtssaal von der "Spitze des Eisbergs".

Weil er mit mehreren Komplizen mit einer Betrugsmasche am Telefon von der Türkei aus vornehmlich ältere Bürger in Deutschland um meist vierstellige Geldbeträge betrogen haben soll, muss sich seit Anfang Juni ein 33-jähriger Kosovare vor dem Heilbronner Landgericht verantworten.
Am zweiten Verhandlungstag äußerte sich der Angeklagte erstmals zur Sache. In seiner Einlassung ließ er seinen Anwalt verlesen, dass er weder von dem Betrug gewusst habe, noch daran beteiligt gewesen sei.
Telefonkarte des Angeklagten spielt bei Betrug eine Rolle
Mit zwölf Fällen zwischen dem 4. Januar und dem 9. März 2021 bringen die Ermittler den Angeklagten allerdings in Verbindung. Nicht nur, weil eine auf ihn zugelassene Telefonkarte bei den Betrügereien immer wieder eine Rolle gespielt habe.
Bereits verurteilte Geldboten der Bande, die als sogenannte Läufer das Bargeld der Opfer per Western Union an die Hintermänner verschickten, hatten auch den Angeklagten als Adressaten auf ihrer Liste. Einer der beiden Läufer hatte den Angeklagten bei seiner polizeilichen Vernehmung belastet. Am ersten Verhandlungstag widerrief er als Zeuge vor der 14. Großen Strafkammer seine damaligen Angaben allerdings wieder. Die Beschuldigungen habe er frei erfunden.
Frankfurter Kommissar spricht von Hunderten von Fällen
Im Zuge der Ermittlungen "hatten wir Hunderte von Fällen", sagte ein Frankfurter Kriminaloberkommissar am Mittwoch im Heilbronner Zeugenstand. "Dabei sprechen wir wahrscheinlich sogar nur über die Spitze des Eisbergs", so der Polizist.
Dass der Angeklagte Mitglied der Bande war, stehe für ihn außer Zweifel, so der Beamte. Nicht nur wegen der auf ihn zugelassenen Telefonnummer und der verschickten Geldbeträge. In einem abgehörten Telefonat habe sich der Beschuldigte vielmehr mit einem mutmaßlichen Drahtzieher der Bande, offenbar ein Muhammed G., über das richtige Verhalten bei den Telefonaten mit den Opfern unterhalten. Dabei sei nicht nur die markante Stimme des Angeklagten zu hören. Vielmehr sei auch sein Name genannt worden. "In der Türkei fühlen sich die Täter so sicher, dass sie sich sogar mit ihrer eigenen Nummer anrufen", so der Polizist.
Anrufer gibt sich als Bankangestellter aus
Die Masche sei immer gleich. Einer der Täter - ein sogenannter Keiler - gab sich als Bankangestellter aus, der den Opfern von bevorstehenden Kontopfändungen berichtete. Diese ließen sich nur abwenden, indem das Opfer einen Anwalt kontaktierte, der einen Vergleichsvorschlag mache.
Der falsche Anwalt gehörte ebenfalls zur Bande. Das Geld sollten die Betrogenen per Post an eine Adresse schicken, deren Briefkästen die Geldboten vorher mit falschen Namen manipuliert hatten. Das Geld schickten diese sogenannten Läufer dann nach Abzug ihres Anteils an der Beute an die Hintermänner der Bande.



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