Ärger um grelle Dachfarbe im Schutzgebiet
Die Kritik an seiner leuchtend roten Lagerhalle bringt dem Weingut Jürgen Drautz eine amtliche Prüfung ein. Dem Inhaber geht es auch um die Zukunft des Weinbaus.

Am Anfang stand der Ärger über "ein feuerrotes Dach" im Landschaftsschutzgebiet. Weil ein Anwohner im Heilbronner Osten sich bei Spaziergängen in den Weinbergen an der Dachfarbe einer neuen Lagerhalle im Weingut Jürgen Drautz im Seeloch ärgerte, rief er die Stimme an und protestierte. Eine solche störende Farbgebung könne in einem Schutzgebiet doch nicht zugelassen sein. "Wo ist da das Baurechtsamt, das andere bei viel kleineren Verstößen unmaßvoll verfolgt?", kritisiert der Bürger.
Beanstandenswertes rot?
Eine berechtigte Kritik? Das Dach hat je nach Tageszeit und Lichteinfall in der Tat eine mehr oder weniger intensive rote Farbe. Und bei Landschaftsschutzgebieten sieht das Gesetz vor, dass das Landschaftsbild nicht nachteilig geändert oder die natürliche Eigenart "nicht auf andere Weise beeinträchtigt" werden darf. Ist so eine Farbe beanstandenswert? Die Stadt Heilbronn reagierte auf unsere Anfrage, lud Wengerter Jürgen Drautz zum Gespräch. Und hatte ihm vorher mitgeteilt, dass die Ziegelfarbe identisch mit der Farbe auf Dächern anderer Gebäude sein müsse. Man bitte um einen Vorschlag, wie dieser "Mangel" behoben werden kann − sonst leite man ein Verfahren zur Einhaltung der Baugenehmigung ein.

Das traf Wengerter Drautz. Einerseits findet er es nicht fair, dass sich ein "besorgter Bürger" an die Zeitung und nicht in einem Gespräch direkt an ihn wendet. Er erklärt, dass die Lagerhalle für seinen bewusst gewählten Mehrwegkreislauf von Weinflaschen − sogar bei der 0,75-Liter-Größe − genutzt werde, deshalb viel Platz nötig sei. Da wegen einer notwendigen Höhe nur ein sehr flaches Dach in Frage kam, ein Ziegeldach da keinen Sinn machte, habe er sich für ein beschichtetes Blechdach entschieden. Es habe von der Firma zwei Farben zur Auswahl geben, Braun oder Rot. Da Braun durch Nachdunkeln irgendwann zu Schwarz werde, habe er sich für das Rot entschieden. "Da kann man nicht die gleiche Farbe wie bei einem Ziegeldach erwarten", betont Drautz. "Es ist nun mal kein Ziegeldach."
Drei mögliche Lösungen
Und: Bei der Bauabnahme im August 2017 habe niemand aus der Behörde die Dachfarbe beanstandet, sagt Drautz. Ein Schreiben belegt diese Aussage. Was nun? Jürgen Drautz verweist auf Vorschläge des Amtes, das Blechdach neu zu streichen oder eine Fotovoltaikanlage als Sichtschutz darauf zu installieren
Bei der Elektrolösung kämen hohe Kosten auf ihn zu, die Streichvariante will er vermeiden. "Welcher Lack ist nicht wassergefährdend?", fragt er mit Blick auf das Schutzgebiet. Und: Regenwasser vom Dach nutze er auch zum Bewässern der Weinberge. Die dritte Lösung wäre ein Streit vor Gericht. Was für ihn am ehesten in Frage kommt, lässt er offen.
Gemeinderats-Vorgaben "aus den 1960er Jahren ändern"

Generell aber sieht Drautz Probleme für den Weinbau der Zukunft − wenn Betrieben, die aus Wirtschaftlichkeit im Außenbereich siedeln wollen, von Behörden zu große Hürden in den Weg gestellt werden. Wenn man die Weingärtner dabei nicht unterstütze, "werden Weinbergflächen in Heilbronn versteppen in der nächsten Generation". Man müsse akzeptieren, wenn Betriebe sich auf die Zukunft ausrichten. Und da müsste man auch mal Gemeinderats-Vorgaben "aus den 1960er Jahren ändern". Vor allem bei einer modernen Art von Weinpräsentation und Weinerlebnis im Außenbereich seien Pfalz oder Mosel "viel weiter".
Vor dem Gespräch mit Jürgen Drautz sprach die Stadt davon, dass eine Genehmigung einer intensiven roten Farbgebung "nicht erfolgt" sei. Konkrete Reglungen zu einer Farbgebung würden in der Verordnung für Landschaftsschutzgebiete aber auch nicht getroffen. Nach dem Gespräch sagte die Stadt, man könne noch keine weiteren Auskünfte zum Stand der Dinge geben. Es seien "neue Erkenntnisse" vorgetragen worden, die in der weiteren Prüfung nun "bewertet und gewichtet" werden.
Weniger Hürden
Karl Seiter, Geschäftsführer der Genossenschaftskellerei Heilbronn, betätigt, dass es allgemein öfter Reibungspunkte mit Behörden gibt. Einzelne Ämter seien sich "in der Zusammenarbeit nicht einig". Für Weinbaubetriebe würden weitere Standbeine wie Gastronomie oder Tourismus immer wichtiger. "Da kann man nicht so restriktiv sein wie vor 30 Jahren", fordert Seiter. Wenn man im Außenbereich nichts genehmigt bekomme, "gehen Betriebe weg". Im Jagsttal gebe es einige Brachen. "Da ist nicht mehr viel Weinbau."



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