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Heilbronn
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Ärger um grelle Dachfarbe im Schutzgebiet

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Die Kritik an seiner leuchtend roten Lagerhalle bringt dem Weingut Jürgen Drautz eine amtliche Prüfung ein. Dem Inhaber geht es auch um die Zukunft des Weinbaus.

Von Carsten Friese
Je nach Tageszeit und Lichteinfall erscheint das Blechdach in einer anderen Farbnuance. Die Fachfirma schrieb an Drautz, das Dach dunkele mit der Zeit noch nach. Foto: Friese
Je nach Tageszeit und Lichteinfall erscheint das Blechdach in einer anderen Farbnuance. Die Fachfirma schrieb an Drautz, das Dach dunkele mit der Zeit noch nach. Foto: Friese  Foto: Friese, Carsten

Am Anfang stand der Ärger über "ein feuerrotes Dach" im Landschaftsschutzgebiet. Weil ein Anwohner im Heilbronner Osten sich bei Spaziergängen in den Weinbergen an der Dachfarbe einer neuen Lagerhalle im Weingut Jürgen Drautz im Seeloch ärgerte, rief er die Stimme an und protestierte. Eine solche störende Farbgebung könne in einem Schutzgebiet doch nicht zugelassen sein. "Wo ist da das Baurechtsamt, das andere bei viel kleineren Verstößen unmaßvoll verfolgt?", kritisiert der Bürger.

Beanstandenswertes rot?

Eine berechtigte Kritik? Das Dach hat je nach Tageszeit und Lichteinfall in der Tat eine mehr oder weniger intensive rote Farbe. Und bei Landschaftsschutzgebieten sieht das Gesetz vor, dass das Landschaftsbild nicht nachteilig geändert oder die natürliche Eigenart "nicht auf andere Weise beeinträchtigt" werden darf. Ist so eine Farbe beanstandenswert? Die Stadt Heilbronn reagierte auf unsere Anfrage, lud Wengerter Jürgen Drautz zum Gespräch. Und hatte ihm vorher mitgeteilt, dass die Ziegelfarbe identisch mit der Farbe auf Dächern anderer Gebäude sein müsse. Man bitte um einen Vorschlag, wie dieser "Mangel" behoben werden kann − sonst leite man ein Verfahren zur Einhaltung der Baugenehmigung ein.

Drautz setzt konsequent auf Mehrwegflaschen. Dazu baute er eine neue Halle. Foto: Friese
Drautz setzt konsequent auf Mehrwegflaschen. Dazu baute er eine neue Halle. Foto: Friese  Foto: Friese, Carsten

Das traf Wengerter Drautz. Einerseits findet er es nicht fair, dass sich ein "besorgter Bürger" an die Zeitung und nicht in einem Gespräch direkt an ihn wendet. Er erklärt, dass die Lagerhalle für seinen bewusst gewählten Mehrwegkreislauf von Weinflaschen − sogar bei der 0,75-Liter-Größe − genutzt werde, deshalb viel Platz nötig sei. Da wegen einer notwendigen Höhe nur ein sehr flaches Dach in Frage kam, ein Ziegeldach da keinen Sinn machte, habe er sich für ein beschichtetes Blechdach entschieden. Es habe von der Firma zwei Farben zur Auswahl geben, Braun oder Rot. Da Braun durch Nachdunkeln irgendwann zu Schwarz werde, habe er sich für das Rot entschieden. "Da kann man nicht die gleiche Farbe wie bei einem Ziegeldach erwarten", betont Drautz. "Es ist nun mal kein Ziegeldach."

Drei mögliche Lösungen

Und: Bei der Bauabnahme im August 2017 habe niemand aus der Behörde die Dachfarbe beanstandet, sagt Drautz. Ein Schreiben belegt diese Aussage. Was nun? Jürgen Drautz verweist auf Vorschläge des Amtes, das Blechdach neu zu streichen oder eine Fotovoltaikanlage als Sichtschutz darauf zu installieren

Bei der Elektrolösung kämen hohe Kosten auf ihn zu, die Streichvariante will er vermeiden. "Welcher Lack ist nicht wassergefährdend?", fragt er mit Blick auf das Schutzgebiet. Und: Regenwasser vom Dach nutze er auch zum Bewässern der Weinberge. Die dritte Lösung wäre ein Streit vor Gericht. Was für ihn am ehesten in Frage kommt, lässt er offen.

Gemeinderats-Vorgaben "aus den 1960er Jahren ändern"

Stein des Anstoßes: ein rotes Blechdach auf einer neuen Lagerhalle für Weinflaschen im Heilbronner Weingut Jürgen Drautz. Eine solche Farbe dürfe in einem Landschaftsschutzgebiet nicht sein, kritisiert ein Anwohner. Die Stadt prüft den Fall. Foto: Friese
Stein des Anstoßes: ein rotes Blechdach auf einer neuen Lagerhalle für Weinflaschen im Heilbronner Weingut Jürgen Drautz. Eine solche Farbe dürfe in einem Landschaftsschutzgebiet nicht sein, kritisiert ein Anwohner. Die Stadt prüft den Fall. Foto: Friese  Foto: Friese, Carsten

Generell aber sieht Drautz Probleme für den Weinbau der Zukunft − wenn Betrieben, die aus Wirtschaftlichkeit im Außenbereich siedeln wollen, von Behörden zu große Hürden in den Weg gestellt werden. Wenn man die Weingärtner dabei nicht unterstütze, "werden Weinbergflächen in Heilbronn versteppen in der nächsten Generation". Man müsse akzeptieren, wenn Betriebe sich auf die Zukunft ausrichten. Und da müsste man auch mal Gemeinderats-Vorgaben "aus den 1960er Jahren ändern". Vor allem bei einer modernen Art von Weinpräsentation und Weinerlebnis im Außenbereich seien Pfalz oder Mosel "viel weiter".

Vor dem Gespräch mit Jürgen Drautz sprach die Stadt davon, dass eine Genehmigung einer intensiven roten Farbgebung "nicht erfolgt" sei. Konkrete Reglungen zu einer Farbgebung würden in der Verordnung für Landschaftsschutzgebiete aber auch nicht getroffen. Nach dem Gespräch sagte die Stadt, man könne noch keine weiteren Auskünfte zum Stand der Dinge geben. Es seien "neue Erkenntnisse" vorgetragen worden, die in der weiteren Prüfung nun "bewertet und gewichtet" werden.


Weniger Hürden

Karl Seiter, Geschäftsführer der Genossenschaftskellerei Heilbronn, betätigt, dass es allgemein öfter Reibungspunkte mit Behörden gibt. Einzelne Ämter seien sich "in der Zusammenarbeit nicht einig". Für Weinbaubetriebe würden weitere Standbeine wie Gastronomie oder Tourismus immer wichtiger. "Da kann man nicht so restriktiv sein wie vor 30 Jahren", fordert Seiter. Wenn man im Außenbereich nichts genehmigt bekomme, "gehen Betriebe weg". Im Jagsttal gebe es einige Brachen. "Da ist nicht mehr viel Weinbau."

 

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Kommentare

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Heinz Schwalb am 22.06.2019 17:37 Uhr

ja gibt es nichts Wichtigeres als die rote Farbe eines Daches? Da fallen mir beim Spaziergang in den Weinbergen ganz andere wirkliche Scheusslichkeiten beim Blick auf Heilbronn auf, wie zum Beispiel das Shopping Haus oder das neue Monsterhotel im gerodeten Stadtgarten.
Viele Gruesse
Heinz Schwalb

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am 22.06.2019 17:19 Uhr

Aber man kann es auch positiv sehen.
Der berühmte schwäbische Bruddler lebt!
Das ist wichtig für den Erhalt regionaler Eigenschaften.

Ich persönlich finde das Dach gar nicht schlecht!
Es passt mit seinem weinroten Dach prima in die Landschaft mit den Rebpflanzen und gibt dem Ganzen eine künstlerische Note.
Da schließe ich mich Herrn Mosthaf an.

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Fritz Gommlich am 22.06.2019 09:07 Uhr

Es muß doch doch immer Nörgler geben,denen stört die Fliege an der Wand. Wenn die Flaschen im Freien stehen würden hätten auch welche etwas zu meckern, aber so sind die BÜRGER .

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am 22.06.2019 08:38 Uhr

Sind wir schon im Sommerloch? Es gäbe wahrlich lesenswertere Aufreger in Heilbronn wie ein rotes Lagerhallendach. Wäre das Dach durch einen bekannten Künstler gestaltet worden, könnte man durchaus eine künstlerische Verbindung zum Trollinger sehen.

Nimmt die Heilbronner Stimme in einer umfangreichen Serie nun "Bauwerke des Heilbronner Außenbereiches" unter die Lupe? Da freut sich Verdi - die Heilbronner Stimme als Arbeitsplatzsicherungsinstrument der städtischen Behörden.

Jürgen Mosthaf

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