Kinderärzte fordern Klarheit: Wie geht es mit den SPZs an der SLK-Klinik weiter?
Das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) der SLK-Kinderklinik kann womöglich nicht weiterbetrieben werden. Der Weinsberger Kinderarzt Jan Binder erklärt, welche Folgen die Schließung hätte.
Die Obleute der niedergelassenen Kinderärzte aus der Region haben sich mit einer Stellungnahme an die Redaktion gewandt. „Die drohende Schließung des sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) in Heilbronn sehen wir mit Bestürzung und großer Sorge“, heißt es darin. Zuvor hatte unsere Redaktion berichtet, dass das wichtige Zentrum an derSLK-Kinderklinik womöglich zum 1. Oktober schließen muss. Dr. Jan Binder, Kinderarzt aus Weinsberg, erklärt, welche Konsequenzen das hätte.
Wen schicken Sie zum SPZ an der Kinderklinik?Jan Binder: Wir schicken Säuglinge und Kinder dorthin, die in ihrer Entwicklung auffällig und von Behinderung bedroht sind. Am SPZ gibt es ein spezialisiertes Team von Kinderärztinnen, Psychologinnen, Heilpädagoginnen, Logopädinnen, Ergotherapeutinnen und weiteren Fachleuten, die solch auffällige Kinder begutachten und teilweise behandeln können. Das SPZ ist die einzige derartige ärztlich geleitete Einrichtung in der Region und seine Aufgaben können von keiner anderen Stelle geleistet werden. Zentren wie die in Ludwigsburg, Heidelberg oder Maulbronn nehmen gar keine Kinder mehr aus dem Stadt- und Landkreis Heilbronn an, weil sie sagen, sie seien nicht zuständig.
Was würde eine Schließung für betroffene Familien konkret bedeuten?
Binder: Es muss für eine Stadt wie Heilbronn mit einer großen Kinderklinik und einem sehr großen Einzugsbereich weiterhin ein SPZ geben. Wenn es das Zentrum nicht mehr gäbe, würden Kindern damit Chancen auf eine normale Entwicklung genommen. Nur ein Beispiel: Wenn ein Kind auffälliges Sozialverhalten im Kindergarten zeigt und deshalb vielleicht sogar vom Besuch der Einrichtung ausgeschlossen wird, kann man versuchen, es über eine Eingliederungshilfe doch in die Einrichtung zu integrieren und ihm so eine normale, altersgerechte Teilhabe zu ermöglichen. Das Sozialamt, das die Kosten für solch eine Eingliederungshilfe übernimmt, benötigt aber einen Bericht vom SPZ mit medizinischen Diagnosen. Das heißt: Ohne Diagnose des SPZ besteht keine Chance zur Eingliederung für das Kind. Das wirkt sich gravierend auf das weitere Leben aus.
Wie viele Kinder schicken die niedergelassenen Kinderärzte aus der Region ins SPZ?
Binder: Ich würde schätzen, dass das pro Woche ungefähr fünf Kinder aus jeder Praxis sind. Die Wartezeiten betragen zwar jetzt schon oft Monate, aber wir können Eltern die Option wenigstens anbieten und die Zeit bis zu einem Termin irgendwie überbrücken, zum Beispiel mit der Verordnung von Einzelmaßnahmen wie Logopädie, wenn Kinder nicht altersgerecht sprechen. Die Kinder werden im Übrigen nicht nur über uns Kinderärzte geschickt. Häufig heißt es auch aus Schule oder Kita, dass das Verhalten oder die Entwicklung des Kindes auffällig ist und dass es eine eingehende Diagnostik braucht. Eine Untersuchung im SPZ kann dann zum Beispiel in der Diagnose ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung) münden.
Was ist Ihre Hoffnung?
Binder: Wir niedergelassenen Kinderärzte hoffen, dass durch die Berichterstattung etwas in Bewegung gekommen ist und die Öffentlichkeit wachgerüttelt wurde. Wir bitten die Verantwortlichen von SLK-Geschäftsführung und Aufsichtsrat um größtmögliche Anstrengung, um die Versorgung von entwicklungsauffälligen Säuglingen und Kindern durch das SPZ in Heilbronn sicherzustellen. Die Kinderklinik hat daran übrigens selbst großes Interesse, denn auch die Frühgeborenen aus Heilbronn müssen dort regelmäßig vorgestellt werden.