Heilbronner Raserprozess: Mordurteil noch immer nicht rechtskräftig
Ein Familienvater stirbt vor zwei Jahren bei einem Unfall in der Wollhausstraße. Das Mord-Urteil des Landgerichts Heilbronn ist nicht rechtskräftig, es wird vom Bundesgerichtshof auf Rechtsfehler geprüft.
Zwei Jahre nach dem tödlichen Zusammenstoß zweier Pkw auf der Heilbronner Wollhausstraße ist das Urteil gegen den damals 20 Jahre alten Verursacher noch immer nicht rechtskräftig. Die zweite Große Jugendkammer hat den türkischen Staatsbürger am 22. April 2024 unter anderem wegen Mordes und dreifachen versuchten Mordes zu einer Gefängnisstrafe von neun Jahren verurteilt.
Die Anwälte des Beschuldigten legten Revision vor dem Bundesgerichtshof ein. Dessen Entscheidung steht noch immer aus.
Tödlicher Unfall in der Wollhausstraße in Heilbronn: Witwe des Opfers kämpft mit den Folgen bis heute
Am 12. Februar 2023 hat der Verurteilte laut Richter Alexander Lobmüller „sein Fahrzeug mit bedingtem Tötungsvorsatz in der Wollhausstraße auf rund 100 Stundenkilometer beschleunigt“. Hier gilt Tempo 40. Dabei hatte er damals nach Auffassung des Gerichts zuerst beinahe eine Frau auf dem Zebrastreifen auf Höhe der Kreissparkasse überfahren.
Wenige Sekunden später krachte er in das Fahrzeug einer vierköpfigen Familie, die gerade aus einer Garagenausfahrt fuhr. Der 42 Jahre alte Familienvater war offenbar sofort tot. Die Ehefrau und die beiden Kinder wurden zum Teil schwer verletzt. Bis heute leiden die Witwe und die beiden Kinder unter den Folgen der Tat.
Gerichtssprecher im Heilbronner Raser-Prozess: Das Verfahren ist ziemlich komplex
In der Regel vergeht laut Lutz Hils, damaliger Sprecher des Heilbronner Landgerichts „nach der Verkündung eines landgerichtlichen Urteils rund ein Jahr, bis der Bundesgerichtshof eine Revisionsentscheidung trifft“. In diesem Fall könnte aber noch mehr Zeit vergehen. Denn das Verfahren ist laut Hils „ziemlich komplex“.
Zunächst wird das schriftliche Urteil formuliert und den Prozessbeteiligten wie Staatsanwaltschaft, Verteidiger und Vertreter der Nebenkläger förmlich zugestellt. Wer von den Beteiligten mit dem Urteil nicht einverstanden ist, kann innerhalb einer Woche nach dem Urteilsspruch Revision einlegen. Danach haben sie einen Monat nach Zustellung der schriftlichen Urteilsbegründung Zeit, ihre Revision zu begründen. Darüber hinaus haben nicht revidierende Prozessbeteiligte Gelegenheit zur Gegenerklärung.
Anschließend gehen die Akten über die Staatsanwaltschaft an den Generalbundesanwalt, der seine Einschätzung abgibt. Erst nach Abschluss dieser Etappen wird der Vorgang dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
Was im Heilbronner Raser-Prozess nach dem tödlichen Unfall in der Wollhausstraße geschah
In einer Chronologie werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Prozesstage:
Heilbronner Raser-Prozess: Die schriftliche Urteilsbegründung umfasst 268 Seiten
Im Fall des Heilbronner Raserprozesses lagen die Akten nach der mündlichen Urteilsverkündung noch bis etwa Jahresende 2024 im Landgericht. Das war möglich, weil die Frist für die schriftliche Fertigstellung der Urteilsbegründung abhängig ist vom Umfang des Verfahrens und der Fertigstellung des Pozessprotokolls. Dieses Protokoll der rund achtmonatigen Verhandlung umfasst laut Landgerichtsprecherin Stephanie Morgenstern 201 Seiten. „Die schriftliche Urteilsbegründung ist 268 Seite lang.“
Die Revision der Verteidigung liegt laut Stephanie Morgenstern inzwischen vor. Eine Reaktion seitens des Bundesgerichtshofs gebe es „aufgrund des jetzigen Verfahrensgangs noch nicht“. Nach vorsichtiger Einschätzung der Strafkammer auf Basis der üblichen Erfahrungswerte könne frühestens ab Sommer 2025 mit einer Entscheidung in dieser Sache gerechnet werden. „Ob dies der Fall sein wird, bleibt abzuwarten“, so Stephanie Morgenstern.
Urteil im Heilbronner Raser-Prozess ist noch nicht rechtskräftig: Bei einer Revision prüft der Bundesgerichtshof auf Rechtsfehler
Die Revision ist ein Rechtsmittel, das Prozessbeteiligte gegen ein Landgerichtsurteil einlegen können. Die prüfende Instanz ist der Bundesgerichtshof (BGH). Dabei geht es im Gegensatz zur Berufung bei Amtsgerichtsurteilen nicht darum, die Umstände des Falles erneut zu untersuchen, sondern das Urteil auf Rechtsfehler hin zu prüfen. Verwirft der BGH die Revision, ist das Urteil rechtskräftig. Dem Beschuldigten würde als türkischem Staatsbürger die Abschiebung drohen.