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„Mut, Neues anzupacken“: Verband sieht Heilbronn als Modellstadt für Seilbahnprojekt

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Immer mehr Städte denken über Seilbahnen als Teil des Öffentlichen Nahverkehrs nach. Der Branchenverband hofft, dass es endlich in Deutschland ein Referenzprojekt gibt – und setzt dabei die Hoffnung auf Heilbronn. 


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Heilbronn will den Innovationspark Künstliche Intelligenz (Ipai) im Nordwesten der Stadt mit einer Seilbahn an die Innenstadt anbinden und so auch das Gewerbegebiet Wohlgelegen und den Bildungscampus anschließen. Der  Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte (VDS) beobachtet mit Interesse, dass sich das Verkehrsmittel vom touristischen in den urbanen Raum bewegt. „Es wäre einfach schön, etwas zu haben, das man zeigen kann“, hofft VDS-Geschäftsführerin Birgit Priesnitz. Sie betont im Stimme-Interview, dass es schön wäre, wenn es in Deutschland endlich ein Referenzprojekt in diesem Bereich gibt. 

Die Idee Urbane Seilbahn schwimmt auf einer Sympathiewelle. Wie viele der Projekte, die derzeit gehandelt werden, halten Sie von Verbandsseite für realistisch?

Birgit Priesnitz: Ein früherer Professor in Trier, Heiner Monheim, hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt und vor Jahren an die 100 Standorte für urbane Seilbahnen in Deutschland identifiziert. Von diesen 100 sind ein paar in konkretere Planungen gegangen. Für mich derzeit wirklich realistisch sind nur Bonn und Heilbronn.

Gondeln schweben über den Neckar auf den Bildungscampus West: So könnte die Heilbronner Seilbahn aussehen.
Gondeln schweben über den Neckar auf den Bildungscampus West: So könnte die Heilbronner Seilbahn aussehen.  Foto: Schwarz

Warum gerade die beiden?

Priesnitz: Bonn war das erste Projekt, das eine standardisierte Bewertung mit einem Faktor größer 1 abgeschlossen hat. In Heilbronn ist der deutliche politische Wille bemerkenswert, das in die Tat umzusetzen. Ich spüre da den Mut, etwas Neues und Innovatives anzupacken.

Welche Sachgründe sprechen außerdem für eine Seilbahn in Heilbronn?

Priesnitz: Soweit ich das einschätzen kann, ist es ein sinnvolles Verkehrsmittel für die konkrete Situation. Im Vorfeld wurden Alternativen wie eine Stadtbahn geprüft, ein Faktor von 1,27 bei der Bewertung ist gut. Die Bahn würde keine Wohngebiete überqueren, auch das ist ein großer Vorteil.

Weil es dann immer Vorbehalte gibt und Menschen sich in ihrer Privatsphäre gestört fühlen?

Priesnitz:  Ja, das sind natürlich Ängste, die man sehr ernst nehmen muss. Dass in Heilbronn keine Wohnhäuser an der Strecke liegen, ist ein großer Vorteil. Dann wird der Fluss überquert, da ist die Seilbahn als Verkehrsmittel prädestiniert. 

Branchenverband: Sachliche Gründe für Seilbahn in Heilbronn 

Kritiker wie der Verkehrsclub VCD in Heilbronn lehnen die Seilbahn ab und fordern stattdessen, das Stadtbahnnetz zu erweitern.

Priesnitz: Ich sehe die Seilbahn nicht als Konkurrenz zu anderen Verkehrsmitteln, sondern als Ergänzung in bestimmten Bereichen. Vorteile sind, dass Seilbahnen in der Regel günstiger sind, die Bauzeiten sind kürzer, es wird weniger Fläche am Boden verbraucht. Aber wie bei allen Verkehrsprojekten ist es auch in diesem Fall sehr komplex, und viele Faktoren sind zu berücksichtigen.

 

Eine urbane Seilbahn als Teil des Nahverkehrssystems, wie sie in Heilbronn geplant ist, gibt es bislang in Deutschland nicht. Wünschen Sie sich als Lobbyverband der Seilbahnbranche, dass es endlich ein Referenzprojekt gibt?

Priesnitz: Ganz klar. Es wäre einfach schön, etwas zu haben, das man zeigen kann. Das ist ein System, dass nicht alle, aber doch manche Verkehrsprobleme lösen kann. Ich bin optimistisch, dass das klappt, aber vielleicht braucht es noch ein bisschen Zeit. In Frankreich war das auch so. Brest war die erste, dann kam Toulouse, jetzt kommt Paris. Das bekommt dann eine Dynamik.

Birgit Priesnitz ist Geschäftsführerin des Verbands Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte mit Sitz in München.
Birgit Priesnitz ist Geschäftsführerin des Verbands Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte mit Sitz in München.  Foto: Thomas Steinlechner

Wie ist das Problem zu lösen, dass Seilbahnen als Dauerbeförderer eigentlich nicht für klassischen Rush-Hour-City-Verkehr gedacht sind?

Priesnitz: Im öffentlichen Nahverkehr gibt es an Seilbahnen natürlich ganz andere Anforderungen als im touristischen Bereich. Grundsätzlich hat man die Möglichkeit, die Geschwindigkeit zu reduzieren und damit auch Energie einzusparen, wenn es Zeiten mit geringerer Nachfrage gibt.

 

Wie schätzen Sie den Markt ein? Da es nur wenige Hersteller gibt, könnten solche Bahnen die Kommunen besonders teuer zu stehen kommen.

Priesnitz: Das sehe ich nicht. Es gibt mit Doppelmayr und Leitner zwei große Hersteller, aber auch mehrere kleinere. Die besetzen zum Teil Nischen, sind aber auch alle global tätig. Es gibt durchaus Wettbewerb auf dem Markt.


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Bei den Kosten in Heilbronn halten sich alle bedeckt. Es heißt immer: Es kommt darauf an, ist das auch ihre Antwort?

Priesnitz: Ja, das ist in der Tat so. Die Länge der Bahn und die Zahl der Stationen sind natürlich entscheidend, aber auch das Seilbahnsystem. Es gibt Bahnen mit einem bis drei Seilen, die Luxusvariante kann sehr große Entfernungen überwinden, ist aber entsprechend teuer. Das braucht man im urbanen Raum nicht unbedingt, dafür kommen dort auch städtebauliche Aspekte dazu, die sich auf die Kosten auswirken.

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Kommentare

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am 08.09.2025 23:40 Uhr

Man fragt Seilbahn Lobbyisten ob Seilbahnen sinnvoll sind? Frag nicht die Frösche wenn Du einen Teich trocken legen möchtest. Natürlich machen sie dort Sinn wo sie gebraucht werden. Für touristische Zwecke und um große Städte vor dem Verkehrsinfarkt zu bewahren. Dass die Heilbronner Idee einer Seilbahn auf einer Sympathiewelle schwimmen soll, höre ich zum ersten Male. Offensichtlich bei den Leuten die das nicht bezahlen müssen. Nüchtern betrachtet ist dieses Projekt für eine Kommune deren größte Ausgabenposten Personalkosten und Soziales sind ein paar Nummern zu groß. Finger weg von kommunalen Projekten deren Investitionskosten und Folgekosten niemand auch nur annähernd beziffern möchte. Wir haben in Heilbronn mehr als genug strukturelle Finanzprobleme und mehr Begehrlichkeiten als Steuereinnahmen.

Jürgen Mosthaf

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