„Andere schauen neidisch auf Heilbronn“: Profitieren Händler und Bürger vom KI-Park Ipai?
Mehrere hundert Millionen Euro fließen in Heilbronn in den Ipai und den Bildungscampus. Beim Stimme-Forum im Wertwiesenpark diskutieren Experten, ob das Geld gut angelegt ist.
Die Erweiterung des Bildungscampus am Rande der Innenstadt und der geplante Innovationspark für künstliche Intelligenz (Ipai) auf den Steinäckern sind der Motor für die derzeitige dynamische Entwicklung der Stadt Heilbronn. Jetzt sorgt eine weitere Idee für Gesprächsstoff: Eine Seilbahn soll Hauptbahnhof und Stadtmitte mit dem Ipai verbinden.
„Manch ein Heilbronner erkennt seine eigene Stadt nicht wieder“, sagte die stellvertretende Chefredakteurin der Heilbronner Stimme, Tanja Ochs, bei der Diskussionsrunde „Im Fokus“ am Freitagabend vor rund 80 Zuhörern auf der Freilichtbühne im Wertwiesenpark.
Was machen solche Projekte mit einer Stadt? Was haben Bürger und der Einzelhandel davon? Und könnte man die hunderte Millionen Euro an Investitionen nicht besser in Kindergärten und Wohnungen investieren? Diese Fragen diskutierten Tanja Ochs und der stellvertretende Regionalchef der Heilbronner Stimme, Alexander Hettich, mit Oberbürgermeister Harry Mergel, dem Vorsitzenden der Stadtinitiative Sven Hofmann, der Boutique-Besitzerin Petra Kern und dem Mitglied im Regionalvorstand des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), Peter Kaspar.
Heilbronner OB Mergel setzt auf starken Wirtschaftsstandort für Investitionen
Ja, in Wohnbau und Kindergärten müsse investiert werden, so Oberbürgermeister Mergel. Aber das sei nur möglich, wenn der Wirtschaftsstandort stark ist. Damit Heilbronn ein solcher Standort bleiben könne, müsse die Transformation in die „Wissensstadt“ gelingen, so das Stadtoberhaupt. Ipai und Bildungscampus sind für Mergel „unsere Lebensversicherung“. Kein traditionelles Unternehmen komme künftig ohne künstliche Intelligenz aus. Entsprechend profitiere die Stadt von der Investition in den „KI-Hotspot“.

Dass davon mittelfristig auch der Einzelhandel profitiere, davon ist Sven Hofmann überzeugt. Voraussetzung sei, die rund 5000 neuen Fachkräfte, die gutes Geld im Ipai verdienen, „haben Lust, es in Heilbronn auszugeben“. Der Vorsitzende der Stadtinitiative zeigte sich am Freitagabend optimistisch. „Andere schauen neidisch auf Heilbronn“, sagte Hofmann.
Auch Petra Kern ist begeistert davon, „was in Heilbronn alles passiert“. Die Inhaberin einer Boutique und neues Mitglied in der Stadtinitiative vermisst allerdings dieselbe Dynamik in der Innenstadt. Ihr fehlten unter anderem „emotionale Wärme und Wohlfühlathmosphäre“. Verkehrsexperte Peter Kaspar wohnt seit 1983 in Heilbronn. Als Bürger der Stadt sage er, „Heilbronn hat sich positiv verändert“.
Seilbahn von Heilbronn in den Ipai? Verkehrsmittel nicht unumstritten
Während sich beim Bildungscampus und Ipai die meisten einig waren, scheiden sich an der geplanten rund 4,7 Kilometer langen Seilbahn die Geister. Auch bei den rund 80 Zuhörern hielt sich das Stimmungsbild in etwa die Waage. Während sich Mergel mit der Seilbahn „auf dem richtigen Weg sieht“, kann Kaspar vom VCD diesem Verkehrsmittel nur wenig abgewinnen.
Der Weg von der Stadtmitte und vom Bahnhof zur Haltestelle der Gondeln sei zu weit. Wegen des „zehnminütigen Fußwegs“ falle der Zeitvorteil weg. Er plädierte dafür, auf die Stadtbahn zu setzen und eine S43 vom Ipai zum Bahnhof Neckarsulm zu bauen, von wo aus die Fahrgäste ja nach Heilbronn weiterfahren könnten.
Diese Variante hielt Mergel für falsch, schließlich wolle man die Menschen im Ipai in die Heilbronner Innenstadt bringen, nicht nach Neckarsulm. So sahen das auch Sven Hofmann und Petra Kern. Hofmann brachte darüber hinaus die Idee ins Spiel, ein Seilbahn-Ticket mit einem Einkaufgutschein in der City zu koppeln. Die beiden Händler wünschten sich von der Verwaltung aber auch, „in eine attraktive Innenstadt zu investieren“. Schließlich, so Kern, stünden in absehbarer Zeit möglicherweise weitere Schließungen von Geschäften in der City an.
Heilbronner Verwaltung muss für Aufenthaltsqualität in der Stadt sorgen
Oberbürgermeister Mergel sieht seit Jahren einen Trend in allen Städten, nicht nur in Heilbronn: „Wohnen nimmt zu, Geschäfte gehen zurück. Da werden wir als Stadt nicht viel verändern können.“ Dennoch müsse die Verwaltung in die Aufenthaltsqualität der Innenstadt investieren. In Sauberkeit und Sicherheit, so der Rathauschef. Darüber hinaus stelle die Stadt über das gesamte Jahr hinweg zahlreiche publikumswirksame Veranstaltungen auf die Beine. „Andere Städte machen nur zwei Veranstaltungen“, so Mergel.
So seien mitunter an Wochenendtagen bis zu 50.000 Menschen in der Innenstadt unterwegs. Für den letzten Schritt der Besucher über die Türschwelle der Ladengeschäfte müssten die Händler aber schon selbst sorgen, so Mergel.