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Kritik an Abrissplan für Bollwerksturm-Parkhaus – „Trennungsschmerz“

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Das Parkhaus am Bollwerksturm in Heilbronn, erst 1999 errichtet, hat mehrere Architekturpreise eingeheimst. Jetzt soll es abgerissen werden und der Bildungscampus-Erweiterung weichen. Daran gibt es Kritik.  


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Eine „Wende in der Architektur der Region“ erkannten Beobachter im Jahr 2000. Erstmals ging der renommierte Hugo-Häring-Preis, der „große Hugo“, nach Heilbronn. Als architektonisch beispielhaft galt das ein Jahr zuvor eröffnete Parkhaus am Bollwerksturm mit seiner markanten Holzfassade. 

Die landesweite Auszeichnung des Bunds Deutscher Architekten (BDA) blieb nicht die einzige Eloge auf die vom Stuttgarter Büro MGF entworfene Konstruktion, es folgten ein Preis für vorbildliche Gewerbebauten und der Renault Traffic Award, mit dem der Autokonzern nachhaltige Architektur würdigt.

Als besonders nachhaltig ausgezeichnet, jetzt ein Abrisskandidat: Das Heilbronner Parkhaus am Bollwerksturm.
Als besonders nachhaltig ausgezeichnet, jetzt ein Abrisskandidat: Das Heilbronner Parkhaus am Bollwerksturm.  Foto: Berger

Bollwerksturm-Parkhaus in Heilbronn mit renommiertem Häring-Preis ausgezeichnet

Im Fall des hoch dekorierten Heilbronner Parkhauses dürfte die Nachhaltigkeit wenig mehr als ein Vierteljahrhundert umfassen. „Der Siegerentwurf baut das bestehende Parkhaus am Bollwerksturm zurück und nutzt die dadurch frei gewordenen Flächen für eine verdichtete Bebauung mit vier Einzelgebäuden für Hochschuleinrichtungen und Wohnen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt zum jüngsten Juryentscheid für die Erweiterung des Bildungscampus nach Süden. 

Die Heilbronner Bildungslandschaft wächst nicht nur nach Westen, wo auf dem Media-Markt-Gelände die Bauarbeiten laufen. Die Süderweiterung soll eine Lücke schließen und den Campus mit der City verzahnen. Wettbewerbssieger sind die Berliner Architekten Robertneun und das Büro Sinai, ebenfalls aus der Hauptstadt. Die Landschaftsarchitekten haben die Pläne für die Heilbronner Bundesgartenschau 2019 wesentlich geprägt und wecken hohe Erwartungen an die Gestaltung des Campus-Umfelds. 

Die markante Holzfassade zeichnet das Heilbronner Parkhaus am Bollwerksturm aus.
Die markante Holzfassade zeichnet das Heilbronner Parkhaus am Bollwerksturm aus.  Foto: Berger, Mario

Uferzone und Großbauten verändern das Stadtbild – Ersatz für Eisstadion und Soleo geplant

Geplant ist ein breiter Uferstreifen, der den Terrassen-Charakter des gegenüberliegenden Neckarbogens aufgreift und vier große Gebäude. Dass Eisstadion, Soleo und Rollsporthalle würden weichen müssen, war im Vorfeld klar. Für die Einrichtungen soll es Ersatzstandorte geben. Die Neubauten, so der Plan, werden stehen, bevor die Substanz abgerissen wird. Dass auch das Parkhaus wird weichen müssen, ist Ergebnis des Wettbewerbs. 

Es gab auch Beiträge, die die Holzgarage nicht angetastet hätten, sie kamen aber nicht zum Zug. Das Parkhaus sei „ein gut sitzendes Gebäude von hoher Qualität“, berichtet Volker Stegmaier von seinem „Trennungsschmerz“ angesichts des geplanten Abrisses. Stegmaier, selbst Architekt und bei der Stadtentwicklungsgesellschaft Steg beschäftigt, sieht auch einen Widerspruch zu Heilbronns Green-Capital-Ambitionen.

Die Stadt wurde gerade wegen ihrer Bemühungen um Nachhaltigkeit zur Europas Umweltkapitale 2027 gekürt. „Was da entsteht“, ist Stegmaier sicher, „muss diese architektonische Qualität erst hinbekommen.“ Kritik kommt auch von Stimme-Lesern.  Das „das wunderschöne, mit Preisen ausgezeichnete Parkhaus“ abzureißen trage nicht zur Verzahnung der Stadtteile bei, heißt es in einem Leserbrief.  Der Campus bleibe ohnehin „ein geistig geschlossener Elite-Raum“.

Stadt Heilbronn verteidigt Abrissplan: „Ganz andere Rahmenbedingungen“ 

Was sagt die Stadt zu der Kritik? Der Campus Süd stelle städtebauliche Weichen weit in die kommenden Jahrzehnte, sagt Patrik Henschel, Leiter Planungs- und Baurechtsamt. „Deshalb ist es vertretbar und auch wichtig, architektonische Weichenstellungen aus der Vergangenheit, die unter ganz anderen städtebaulichen Rahmenbedingungen getroffen wurden, zu korrigieren.“

Beim Bau des Parkhauses 1999 habe noch niemand an den Campus gedacht. Seinerzeit sei es eher darum gegangen, die City mit dem Parkhausriegel von Gewerbe- und Industrieflächen abzuschirmen. Jetzt sei die Holzgarage eine „Barriere“.  Die Jury sei sich „der architektonischen Qualität des Parkhauses“ bewusst gewesen, betont Henschel.  „In der Abwägung überwogen allerdings die genannten Vorteile.“

„Attraktive Blickbeziehungen“ von der Mannheimer Straße, die großen Freiflächen, die nur durch kompaktes Bauen an anderer Stelle möglich werden – das sind aus Sicht der Stadt die entscheidenden Trümpfe. Das Bollwerks-Parkhaus hat rund 300 Stellflächen. Im Campus Süd entstehen mehr als 260 neue Parkplätze in Tiefgaragen – ausdrücklich nicht im Campus-Park, jetziger Standort der Rollsporthalle. Er ist Teil des Hochwasserschutzkonzepts, könnte bei Starkregen zum teil unter Wasser stehen und ist für Tiefgaragen nicht geeignet.   




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