Wird der Heilbronner Pferdemarkt verlegt? Sicherheitskosten laufen aus dem Ruder
Die Kosten für Zufahrtssperren beim Heilbronner Pferdemarkt laufen aus dem Ruder. Womöglich wird die Traditionsveranstaltung im Februar ans Neckarufer verlegt.
Es war vor einem Jahr, doch die Folgen hallen bis heute nach: Seit der Amokfahrt vom Magdeburger Weihnachtsmarkt gelten bei Großveranstaltungen im öffentlichen Raum besonders strenge Sicherheitsmaßnahmen mit aufwendigen Zufahrtssperren. Derzeit stechen sie beim Heilbronner Weihnachtsmarkt ins Auge, davor erstmals beim Lichterfest im Juni, im September beim Weindorf. Und wie sieht es mit dem Pferdemarkt aus?
Heilbronner Pferdemarkt: HMG mietet spezielle Poller jeweils für viel Geld an
Die Heilbronn Marketing GmbH (HMG), die in der Käthchenstadt die meisten großen Feste organisiert und damit als Veranstalter zusammen mit der Kommune für deren Sicherheit verantwortlich ist, hat sich bisher mit besonders robusten, nach strengen Normen zertifizierten Pollern beholfen, die sie jeweils für viel Geld anmietet.
Fürs Lichterfest und fürs Weindorf waren dem Vernehmen nach jeweils rund 200.000 Euro fällig. Für den Weihnachtsmarkt sind es ganz genau 250.000 Euro, die der Gemeinderat extra freigeben musste, weil die Summe in keinem Haushalt vorgesehen war. Gleichzeitig hat die HMG das Marktareal etwas verkleinert. So stehen in der Sülmerstraße diesmal keine Stände.
Heilbronner Pferdemarkt-Gelände mit sehr hohem Aufwand abgesichert
Was unter den neuen sicherheitstechnischen Ansprüchen, die das städtische Ordnungsamt jeweils mit der Polizei festlegt, mit dem Pferdemarkt passiert, ist noch offen, obwohl der Traditionsmarkt bereits vom 21. bis 23. Februar über die Runden gehen soll. „Wir können bis heute tatsächlich nicht sagen, ob der Pferdemarkt an seinem angestammten Platz stattfinden kann“, erklärt HMG-Chef Steffen Schoch. Wobei er gleichzeitig keinen Hehl daraus macht, dass das kaum möglich sei – weil das Marktareal zwischen Allee und Oststraße sowie Karlstraße und Friedensplatz – in dem auch noch drei Schulen, die Harmonie und andere sensible Einrichtungen lägen – nur mit sehr hohem Aufwand abgesichert werden könnte. Kostenpunkt: 500.000 Euro.
Als Zufahrtssperren seien Betonblocks oder Lkw nicht mehr anerkannt. Vielmehr müsste man zertifizierte Poller einer Schweizer Firma verwenden, deren Elemente in einem Maximalabstand von 1,20 Meter an allen möglichen Zufahrten aufgestellt werden müssten und 7,5 Tonnen standhalten müssten.

Das Ordnungsamt orientiere sich bei seinen Vorgaben an bestimmte Regelungen aus Hessen, denn weder im Land Baden-Württemberg noch auf Bundesebene gebe es hierzu einheitliche Vorgaben. „Man lässt uns im Regen stehen“, beklagt auch Oberbürgermeister Harry Mergel, denn wenn etwas passiert, würden die Kommune und die Veranstalter zur Verantwortung gezogen.
Umfassendes Sicherheitskonzept für die Heilbronner Innenstadt in Arbeit
Die Stadtverwaltung arbeitet laut OB Mergel inzwischen an einem umfassenden Sicherheitskonzept für die Innenstadt, das wohl darauf hinauslaufe, an bestimmten neuralgischen Punkten, also an Plätzen oder Zufahrten, dauerhaft versenkbare Poller zu installieren, so wie es sie beispielsweise an der Experimenta schon gebe.
Neuer Pferdemarkt-Standort am Neckar in Planung
Zurück zum Pferdemarkt: HMG-Chef Schoch hat inzwischen einen alternativen Plan in der Schublade. Er würde die Veranstaltung zur Not in stark reduzierter Form auf abgespeckter Fläche mit weniger Beschickern und am Ende wohl auch weniger Besuchern auf der Neckarmeile verlegen: zwischen Götzenturm und Bollwerksturm, inklusive nördlicher Hefenweiler-Insel. „Also im Prinzip so wie das Lichterfest, wobei wir hier noch auf grünes Licht vom Ordnungsamt warten müssen.“
Studie: Stadtfeste haben einen hohen gesellschaftlichen Mehrwert
Laut einer aktuellen Studie der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland (bcsd) unter 258 Stadtmarketing-Organisationen haben Stadtfeste einen hohen gesellschaftlichen Mehrwert: Sie beleben die Innenstadt, sagen 100 Prozent der Befragten, stärken Stadtimage und Identität (94,9) sowie den zivilgesellschaftlichen Zusammenhalt (86,3).
Doch Sicherheitsauflagen, steigende Kosten und (Gema-) Gebühren sowie komplexere Genehmigungsprozesse würden die Veranstalter zunehmend belasten. 75,7 Prozent der Befragten müssen neben den Personal- und Sachkosten Geld zuschießen, nur 1,6 Prozent verzeichnen – bezogen auf das gesamte Jahr – einen finanziellen Überschuss. Mehr als die Hälfte (56,8 Prozent) muss deshalb bereits das Veranstaltungsangebot reduzieren.
Dazu Heilbronn-Marketing-Chef Steffen Schoch: „Wenn wir wollen, dass unsere Städte auch künftig lebendig bleiben, brauchen wir verlässliche Rahmenbedingungen und eine fairere Verteilung der Verantwortung. Stadtmarketingorganisationen dürfen damit nicht allein gelassen werden.“


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