Regeln auf Heilbronner Bildungscampus: Was auf dem Privatgelände erlaubt ist
Der Bildungscampus Heilbronn ist privates Gelände. Und er wächst. Damit könnte die Dieter-Schwarz-Stiftung auf weiteren Teilen in der Innenstadt bestimmen, was erlaubt ist – und was nicht.
Viele Passanten nehmen das kleine Schild beim Eingang zum Bildungscampus kaum wahr: Privatgelände steht drauf, und damit bestimmt die Dieter-Schwarz-Stiftung die Regeln über den Campus mit schon jetzt Tausenden Studenten und vielen Wissenschaftlern. Nicht jedem passen die Vorgaben, bei der Bürgerinfo zu Ipai und Erweiterung Bildungscampus hakte ein Student beim Stiftungs-Geschäftsführer Reinhold Geilsdörfer nach: Werde denn das Alkoholverbot gelockert?
„Der Bildungscampus der Dieter-Schwarz-Stiftung ist ein Ort des Lernens und des Austauschs“, so die Stiftung auf Anfrage. „Das Alkoholverbot trägt im Wesentlichen zur Sicherheit am Campus bei.“ Im Rahmen von Veranstaltungen würden meist Ausnahmen gelten.
Regeln auf dem Bildungscampus Heilbronn: Dieter-Schwarz-Stiftung überprüft Hausordnung alle ein bis zwei Jahre
Die Hausordnung werde alle ein bis zwei Jahre geprüft und aktualisiert, so die Stiftung auf Anfrage weiter. „Dabei fließen die Erfahrungen und auch die Bedürfnisse der Campus-Bewohner ein.“ Mit dem Bildungscampus West würden sich sicher auch andere Regelungen ergeben.

Der Bildungscampus, obwohl er vom Charakter her wie ein öffentlicher Raum wirkt, ist privates Gelände mit einer Hausordnung. Und der Campus wächst weiter in Richtung Neckar, will in einer übernächsten Erweiterung sogar den Brückenschlag in die Innenstadt schaffen. Das erklärte Ziel bei den bevorstehenden Investitionen ist es, den Bildungscampus stärker für die Bevölkerung zu öffnen und zu einem Treffpunkt zu machen.
Erweiterung Bildungscampus: So will sich die Stadt Heilbronn Einfluss sichern
Was am Ende bei der Erweiterung tatsächlich Privatgelände mit eigenen Regeln ist und was nicht, ist aktuell unklar. Wie es sich beim Bildungscampus West (Mediamarkt-Gelände) abzeichnet, werden öffentliche Flächen, die der Stadt gehören, teilweise an den Investor veräußert. Mitbestimmen will der Gemeinderat trotzdem. Private Verkehrsflächen, so heißt es in einem Bebauungsplan, sollen aber „mit einem Gehrecht zugunsten der Allgemeinheit“ belastet werden.
Die Stadtverwaltung will auch beim Schlüsselprojekt Bildungscampus Süd zwischen Rollsporthalle und Soleo die Zügel in der Hand behalten, auf die Hausordnung des Bildungscampus wirkt sie laut Rathaussprecherin Suse Bucher-Pinell aber nicht ein. Sollten bei der Süd-Erweiterung Grundstücke an die Stiftung verkauft werden, will sich das Rathaus „die für die Öffentlichkeit relevanten Geh- und Fahrrechte im Rahmen des Bebauungsplans sichern“.
Bildungscampus Heilbronn als Privatgelände: Das sagen Stadträte
Rainer Hinderer will auch, dass Flächen für Spielplätze zur Verfügung stehen. Gerade bei der Süd-Erweiterung möchte der SPD-Fraktionssprecher im Gemeinderat darauf achten, „die Lebensqualität zu erhalten“. Es müssten die Belange des öffentlichen Interesses berücksichtigt werden. Eine öffentliche Nutzung müsse weiterhin möglich sein, seiner Ansicht nach gehört hier mehr dazu als Rad- und Fußwege.
Vielen ist der Zugang zum Neckar wichtig, wozu schon Renate Pappert (AfD) im Gemeinderat nachhakte. Der Uferweg soll laut Rathaus im Eigentum der Stadt bleiben. Bereiche, die nicht der Stadt gehören und die diese nicht kaufen kann, sollen „mit einem Geh- und Fahrrecht“ für die Öffentlichkeit gesichert werden. „Einvernehmliches Ziel ist es, den Neckaruferweg für die Öffentlichkeit begehbar und nutzbar zu gestalten“, so die Antwort der Stadtverwaltung.
Das ist Holger Kimmerle (Grüne) ebenfalls ein Anliegen. Sollten Flächen in Privateigentum übergehen, dürfe das eine Neckar-Promenade nicht verhindern. Bei Flächen, die von der Bevölkerung genutzt werden, möchte er prüfen, ob Stadt und Stiftung „gemeinsame Regeln“ schreiben können.
Vorbild Dieter-Schwarz-Stiftung: Stadt kann laut CDU-Fraktionschef von den Regeln lernen
Als eine „sehr prägende Fläche“ bezeichnet Thomas Randecker das Gelände, das zum Bildungscampus Süd werden könnte. Vorstellbar ist es deshalb für den CDU-Fraktionschef, städtischen Grund nicht zu verkaufen, sondern nur über Erbpacht herzugeben.
Dass die Stiftung auf dem Bildungscampus das Hausrecht ausübt, geht für Thomas Randecker in Ordnung – auch um unerwünschte Begleiterscheinungen zu verhindern. Daran können sich seiner Ansicht andere orientieren, auch das Rathaus. „Da kann die Stadt Heilbronn dazulernen.“
Wenn private Flächen wie öffentlicher Raum wirken: So können Konflikte vermieden werden
Mit Stadtentwicklung befasst sich Frank Eckardt, Professor für Sozialwissenschaftliche Stadtforschung an der Bauhaus-Universität Weimar. Private Flächen, die wie öffentlicher Raum wirken: Um Konflikte zu verhindern, regt er frühe Diskussionen über die Regeln an. Das liege auch im Interesse einer Stadt. Gespräche mit Eigentümern müssten von der Politik kommen. Oft drehen sich Diskussionen um Jugendliche, die sich nicht an Regeln halten würden. Er betont: „Gerade junge Leute haben in den Städten nicht mehr so viele Freiräume.“ Ihnen fehlten Bereiche, um sich auch einmal auszutoben.
Einkaufszentren als Privatgelände hätten in den vergangenen Jahren dazugelernt. Sie seien davon abgekommen, auf Recht und Ordnung zu pochen, so Frank Eckardt. Zu viel Sicherheitsdienst hätte Kunden abgeschreckt. Mittlerweile kennt der Professor sogar Einkaufspassagen, in denen Passanten gar nicht wahrnähmen, dass sie auf privatem Gelände seien.
Unterschiedliche Hausordnungen: Was auf dem Bildungscampus gilt
In Gebäuden des Bildungscampus hängen Hausordnungen aus unterschiedlichen Jahren: 2021 ist zu finden, auch 2017 ist angeschlagen. Im Internet finden sich Regeln, datiert mit 2022, bei wissenschaftlichen Einrichtungen gibt es eine Hausordnung, Stand Oktober 2023. Für die Ordnung auf dem „Bildungscampus Dieter Schwarz Stiftung“ ist den Angaben zufolge die Geschäftsführung der Schwarz Campus Service GmbH & Co. KG verantwortlich.
Unzulässig ist demnach auf dem Bildungscampus unter anderem Ballspielen sowie der Alkoholkonsum (jeweils mit Ausnahmen) sowie unter anderem die Benutzung von Zweirädern, Rollschuhen, Inline-Skates, Kickboards und Skateboards. An anderer Stelle heißt es: In Innenbereichen, die als Fußgängerzonen ausgeschildert sind, gelte Schrittgeschwindigkeit. Und: „Das Befahren mit Fahrrädern und (E)-Rollern ist gestattet.“
Die Stiftung ergänzt auf Anfrage: „Das Zweiradverbot bezieht sich ausschließlich auf motorisierte Fahrzeuge wie Mopeds oder Motorräder.“ Fahrräder, E-Scooter, Kinderwagen und Laufräder laut Stiftung selbstverständlich genutzt werden. „Diese Differenzierung ist auch auf den Hinweisschildern vor Ort erkennbar. Regelungen wie das Ballspielverbot dienen dem Schutz der Anlagen und der Rücksichtnahme auf alle Nutzergruppen.“
Gibt es Vorgaben zu Alkohol für Grundstücke der Hochschule Heilbronn?
Die Hausordnung der Hochschule Heilbronn enthält für seine Grundstücke in Sontheim, Künzelsau und Schwäbisch Hall keine Vorgaben zu Alkohol. Es heißt aber: „Jede Benutzerin und jeder Benutzer hat sich so zu verhalten, dass die Sicherheit der Einrichtungen nicht gefährdet ist und dass sich keine Beeinträchtigung des Lehr-, Lern- und Forschungsbetriebes, sowie sonstiger genehmigter Veranstaltungen und der Verwaltungsarbeit ergibt.“
Die Hausordnung der Technischen Universität München für die Gelände in Bayern enthält ebenfalls keine Vorgaben zum Alkoholkonsum. Allerdings wird dort anderes verboten: „Die Hochschulgrundstücke dürfen von Hochschulfremden nicht als Durchgang benutzt werden.“ Anders dazu die Regeln beim Bildungscampus, dort heißt es unter anderem: „Der gesamte Außenbereich des Campusgeländes, die Mensa im U-Bau sowie die Cafeteria im M-Bau sind öffentlich.“