Stimme+
Jungen Menschen eine Stütze sein
Lesezeichen setzen Merken

Ängste abbauen und Orientierung schaffen

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Die Diakonische Jugendhilfe in Heilbronn erleichtert Jugendlichen den Einstieg ins Berufsleben. Einzelcoachings ermöglichen es, für jeden das individuell Richtige zu finden.

Im Einzelgespräch versucht Barbara Ott von der Diakonischen Jugendhilfe, gemeinsam mit den Schülern herauszufinden, welcher Berufszweig zu ihnen passen könnte.
Im Einzelgespräch versucht Barbara Ott von der Diakonischen Jugendhilfe, gemeinsam mit den Schülern herauszufinden, welcher Berufszweig zu ihnen passen könnte.  Foto: Sina Alonso Garcia

Was brauchen junge Menschen, um ihren Weg ins Berufsleben zu finden? Damit beschäftigt sich Barbara Ott, Sozialpädagogische Fachkraft bei der Diakonischen Jugendhilfe Heilbronn (DJHN), täglich. Mit dem Projekt „Berufsorientierung an der Schule“ unterstützt die gemeinnützige GmbH Jugendliche beim Einstieg in die Arbeitswelt - darunter 48 Schüler der Gustav-Werner-Schule in Heilbronn und 20 Schüler der Christian-Heinrich-Zeller-Schule in Kleingartach. Finanziell gefördert wird das Projekt von der Dieter-Schwarz-Stiftung und der Hilfsaktion „Menschen in Not“ der Heilbronner Stimme. 

Das Besondere: Neben Gruppenseminaren bekommen die Schüler auch Einzelcoachings. Jeden Vormittag unter der Woche ist Ott an der Gustav-Werner-Schule vor Ort und empfängt die Schüler in ihrem Büro. Jeder, der Bedarf hat, darf in einem Zeitfenster von zwei Stunden in ihre Sprechstunde kommen - ganz ohne Voranmeldung. „Das Projekt geht immer über ein Schuljahr“, so Ott.

„Manchmal sprechen wir zehn Minuten, manchmal zwei Stunden“

„Die beiden Schulen, an die wir gehen, sind Privatschulen der DJHN, aber staatlich voll anerkannt“, sagt Ott. Bei der Gustav-Werner-Schule handelt es sich um eine Sonder-Berufsfachschule, bei der Christian-Heinrich-Zeller-Schule um ein sogenanntes SBBZ Sonderwerk. Die Schüler, die Barbara Ott an der GWS betreut, sind zwischen 15 und 19 Jahre alt und stehen kurz vor dem Abschluss. Ihr Kollege Jochen Lombacher kümmert sich um die Schüler der CHZS.

Ziel ist es mitunter, Zukunftsängste und Hemmungen abzubauen. „Im Gespräch geht es nicht nur um die Berufsfindung, sondern zum Beispiel auch um die Themen Wohnen und Finanzen.“ Wie lange ein Gespräch dauere, hänge immer davon ab, wie viel Redebedarf ein Schüler habe. „Manchmal sprechen wir zehn Minuten, manchmal zwei Stunden.“

Berufsberaterin beobachtet zunehmende Verunsicherung bei jungen Menschen

Ein zentrales Thema seien selbstverständlich auch Bewerbungen. „Es geht dann um Fragen wie: Was traue ich mir zu? Wo liegen meine Begabungen?“ Tatsächlich erlebt Ott die Jugendlichen hier oft unentschlossen. „Tendenziell nimmt heute die Verunsicherung  bei den jungen Menschen zu. Über die Medien wird unfassbar viel suggeriert.“ Viele hätten das Gefühl, einen bestimmten Standard erreichen zu müssen. „Die Zurückhaltung fängt genau an dem Punkt an, wo sie das Gefühl haben, etwas nicht erfüllen zu können.“ Es entstehe Druck, viel können und leisten zu müssen. 

Ott sagt: „Die Jugendlichen sind viel im digitalen Raum unterwegs - was nicht hilft, eigenverantwortlich zu werden.“ Tätigkeiten, bei denen die jungen Menschen Selbstwirksamkeit erfahren würden, seien heutzutage rar. „Es gibt wenige Projekte, die sie mit eigenen Händen machen.“ Stattdessen gebe es viel mehr digitale und abstrakte Projekte. „Natürlich ist das aus gutem Grund so. Aber es hilft nicht dabei, jungen Menschen zu zeigen: Du kannst wirklich viel.“ Genau da setze ihre Arbeit an. „Wir sind keine reinen Lehrpädagogen, sondern auch Job Coaches.“

Berufsberaterin empfiehlt: Bei Praktika und Co. auch mal Kompromisse eingehen

Primär gehe es immer um die Verselbständigung der Jugendlichen. „Wir begleiten sie ja nur in einer bestimmten Zeit. Danach sollten sie es selber können.“ Viele Schüler kommen zum Beispiel zu ihr, wenn sie auf der Suche nach einem Praktikum sind. Hier kann Ott mit Kontakten weiterhelfen: „Wir arbeiten mit Firmen, die wir kennen, zusammen. Das sind zur Zeit im Projekt zum Großteil Handwerksbetriebe.“ Eine enge Zusammenarbeit gebe es außerdem mit Jobcentern und Agenturen. 

Schön sei es, den Stolz der Jugendlichen zu sehen, wenn sie beispielsweise im Praktikum etwas erreicht hätten. „Die Emotionen kommen oft ungefiltert.“ Aber auch, wenn es nicht so läuft, wie geplant, teilen die Jugendlichen ihre Erfahrungen mit Ott. Dann wird gemeinsam versucht, herauszufinden, wie man weitermachen kann. Oft sei es wichtig, Kompromisse einzugehen - und zu erkennen, dass es nicht darum gehe, sein Leben lang in einem Job zu verbringen, sondern vielleicht nur ein paar Monate. 

Diakonische Jugendhilfe will Angebot auf Regelschulen ausweiten

Langfristig sei laut Beate Englert, Fachbereichsleiterin Berufliche Bildung bei der DJHN, angedacht, das Angebot zur Berufsorientierung auch an Regelschulen in Heilbronn und dem Landkreis zu bringen. „Unser Wunsch ist es, dass wir eine Finanzierung hinbekommen, sodass wir mit unserem Angebot auch in Regelschulen gehen können.“


Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben