Schwefelhexafluorid gilt als das schädlichste Treibhausgas der Welt. Für Mensch und Tier ist es unschädlich, wirkt jedoch 24.000-mal stärker als CO2. In der Atmosphäre bleibt es mehr als 3.000 Jahre. SF6 wird für die Isolation von Transformatoren verwendet. Aufgrund der schädlichen Eigenschaften müssen Firmen in Deutschland ihre SF6-Emissionen melden. Die vermuteten 30 Tonnen in Bad Wimpfen entsprechen rund 729.000 Tonnen CO2 pro Jahr.
Gefährliches Treibhausgas in der Luft: Chemiekonzern Solvay unter Verdacht
Die Chemiefabrik Solvay soll seit mehreren Jahren deutlich mehr schädliches Gas in die Atmosphäre leiten, als die Konzernverantwortlichen angeben. Eine Studie hat Messwerte auf die Firma in Bad Wimpfen zurückgeführt.
Der Chemiekonzern Solvay am Standort Bad Wimpfen soll laut Medienberichten große Mengen des gefährlichsten Treibhausgases Schwefelhexafluorid (SF6) emittiert haben. Offenbar weitaus mehr, als als die Konzernverantwortlichen angegeben haben.
Das ist das Ergebnis einer Studie der Goethe-Universität Frankfurt. Zuerst haben der Spiegel und das ZDF darüber berichtet.
Treibhausgas-Emissionen in Bad Wimpfen – Solvay-Sprecher erklärt: „Haben bereits Maßnahmen unternommen“
Die Firma, die ihren Hauptsitz in Belgien hat, gibt an, jährlich 56 Kilogramm des gefährlichen Gases auszustoßen. Die Forscher legen nahe, dass es sich dagegen laut ihren Messungen tatsächlich um rund 30 Tonnen im Jahr handle. Laut ZDF sei der Standort damit „für einen bedeutenden Teil der deutschlandweiten SF6-Emissionen verantwortlich“. Einen gesetzlichen Grenzwert gibt es nicht.

Auf Nachfrage der Heilbronner Stimme heißt es seitens der Firma Solvay: Man nehme die Studie ernst. Obwohl die Methodik, die beweisen soll, dass die Emissionen aus einer einzelnen Fabrik kommen, unzureichend sei. Sie haben „alle nötigen wissenschaftlich-basierten Messungen durchgeführt, um die Situation zu bewerten und zu überwachen“.
Solvay-Sprecher Peter Boelaert betont, dass Mitarbeiter der Firma auch selbst weitere Messungen durchgeführt und die zuständigen Behörden dahingehend informiert haben und auch weiterhin eng mit ihnen zusammenarbeiten. Die Firma Solvay „stehe zu ihrer Verantwortung für Umwelt- und Klimaschutz“.
Solvay in Bad Wimpfen: Studie weist Treibhausgas über Jahre hinweg auf
Die Atmosphärenchemiker haben über Jahre hinweg „an einer Messstation im Taunus auffällig hohe SF6-Konzentrationen gemessen“. Dabei stellen diese klar: „Es handelt sich um keine kleinen Schwankungen, keine Messunsicherheiten, sondern um Ausschläge, die deutlich höher waren als an allen anderen europäischen Stationen“, zitiert das ZDF Forscherin Katharina Meixner.
Das Umweltministerium im Regierungspräsidium Stuttgart sagt, man sei den Forschern dankbar für deren Untersuchungen. „Die Behörden des Landes haben sie aufgegriffen und sind auf den mutmaßlichen Verursacher der Emissionen zugegangen – mit dem Primärziel, die Emissionen schnellstmöglich abzustellen“.
Laut dem Sprecher des Ministeriums, Steffen Becker, seien entsprechende Maßnahmen und rechtliche Anordnungen inzwischen erfolgt. Bereits im Mai 2024 wurde mit umfangreichen Maßnahmen begonnen. Unter anderem hat eine unabhängige Stelle immer wieder Messungen durchgeführt. Der Messbericht liegt allerdings noch nicht vor. Auch muss Solvay eine Eigenkontrolle der SF6-Emissionen vorlegen.
BUND kritisiert Vorgehen der Regierung: Klimaziele werden so nicht erreicht
Andrea Hohlweck, Regionalgeschäftsführerin vom BUND Heilbronn-Franken, ist erschüttert. „Das ist ein bundesweiter Skandal.“ Sie kritisiert den Umgang der Regierung mit dem Thema, denn der BUND steht seit mehreren Monaten im Austausch mit dem Regierungspräsidium. Dabei geht es um die Ewigkeitschemikalie TFA, die das Unternehmen zwar legal in den Neckar geleitet hat, aber dafür heftig in der Kritik stand. „SF6 haben die Behörden uns aber verschwiegen.“ Hohlweck fehle es an Transparenz gegenüber der Bevölkerung.
„Wir haben Klimaziele, und es ist gegenüber dem Verbraucher unglaublich. Wir versuchen alles, um klimabewusst zu sein, und ein Wirtschaftsunternehmen macht, was es möchte.“ Sie betont, wenn Solvay tatsächlich 30 Tonnen statt der gemeldeten 56 Kilogramm pro Jahr emittiert, sei das kriminell. „Und dass die behördlichen Kontrollen dies nicht ermittelt haben, ist blamabel.“
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