Im April war Kaufland in die Kritik geraten, nachdem der „Stern“ und die RTL-Sendung „Team Wallraff“ Hygienemängel in mehreren Filialen in Deutschland aufgedeckt hatten. Es ging unter anderem um manipulierte Haltbarkeitsdaten, defekte Kühltruhen, Schimmel und Schädlingsbefall. Kaufland schloss zwei Filialen zumindest vorübergehend, kündigte eine Grundreinigung aller deutschen Standorte sowie den Austausch von Kühlgeräten an. Die Kette zog zudem personelle Konsequenzen und holte externe Experten hinzu.
Schwarz-Gruppe wächst langsamer als in den Vorjahren – das sind die Gründe
Die Unternehmen der Schwarz-Gruppe haben ihren Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 4,9 Prozent erhöht. Damit wächst die Gruppe langsamer als in den Vorjahren. Vor allem Kaufland dürfte enttäuschen.
Die Unternehmen der Schwarz-Gruppe haben ihre Marktposition im abgelaufenen Geschäftsjahr nach eigenen Angaben ausgebaut. Der am Donnerstag veröffentliche Geschäftsbericht des größten europäischen Handelsunternehmens für 2024 weist einen Gesamtumsatz von 175,4 Milliarden Euro aus. Das entspreche einem Umsatzzuwachs von 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, teilten die Neckarsulmer mit. 2023 betrug das Wachstum aber noch 8,5 Prozent.
Bei den Nahversorgern Lidl und Kaufland kamen im vergangenen Jahr weltweit 300 neue Standorte hinzu, so dass die beiden Handelsunternehmen nun rund 14.200 Geschäfte in 32 Ländern betreiben. Entsprechend steigerte Lidl seinen Filialumsatz im Vergleich zum Vorjahr zwar um 5,3 Prozent auf 132,1 Milliarden Euro. 2023 hatte das Plus allerdings noch 9,4 Prozent betragen. Das heißt: Der Discounter wächst trotz allgemein hoher Lebensmittelpreise inzwischen langsamer. Schlechter hatte sich Lidl zuletzt 2021 mit 4,7 Prozent entwickelt.
In Deutschland scheint Kaufland aktuell zu schwächeln
Ebenfalls deutlich abgeschwächt hat sich das Plus bei Kaufland: Die 35,2 Milliarden Euro vermeldeter Umsatz für 2024 bedeuten ein Wachstum von 2,9 Prozent. Die gestiegenen Absatzmengen verdanke Kaufland in erster Linie seinen Auslandsgesellschaften, die hätten sich gut geschlagen, schreibt die „Lebensmittel Zeitung“. In Deutschland schwächele die Sparte und bremse das Wachstum der Gruppe insgesamt.
Diese Zahlen enttäuschen auch dahingehend, dass die Großflächensparte etwa 100 Real-Filialen in jenem Geschäftsjahr übernommen hat. „Da hätte man eigentlich eine bessere Entwicklung erwarten dürfen“, sagt ein Handelsexperte, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Im Vorjahr betrug das Wachstum von Kaufland noch 7,8 Prozent.
Allerdings leiden die beiden Unternehmen wie Wettbewerber unter der Inflation und der damit einhergehenden Kaufzurückhaltung der Verbraucher. Und doch sind Lidl und Kaufland stärker gewachsen als der Markt. Einer Studie von McKinsey zufolge haben Lebensmittelhändler in Europa 2024 ihren Umsatz durchschnittlich um 2,4 Prozent gesteigert: Während Lidl deutlich über dem Schnitt liegt, schafft es Kaufland deutlich knapper.
Online-Zahlen der Schwarz-Gruppe enttäuschen auch Handelsexperten
Der Online-Umsatz der Gruppe stagniert indes, belief sich mit 1,7 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau. Laut der Schwarz-Gruppe habe sich der Umsatz auf Marktniveau entwickelt. Allerdings legten die Onlineumsätze allgemein sowohl im Handel als auch bei den Marktplätzen zu. Der Brutto-Umsatz im deutschen Online-Handel ist 2024 zum ersten Mal seit 2021 wieder gestiegen - um 1,1 Prozent. Marktplätze legten um 4,7 Prozent zu. Daher enttäuschen den Handelsexperten auch diese Zahlen von Schwarz.
„Kaufland will mit seinem Marktplatz ein relevanter Wettbewerber von Amazon sein: Das kann ich an diesen Zahlen nicht erkennen“, sagt er. Schwierig mache eine Bewertung aber, dass die Gruppe die Zahlen für Lidl und Kaufland nicht gesondert ausweist. Der Experte hätte dennoch bessere Zahlen erwartet: „Der Marktplatz-Bereich ist ein eher wachsendes Geschäft.“ Da Kaufland noch relativ am Anfang stand, hätte er eine signifikante Entwicklung erwartet.
Zahl der Mitarbeiter weltweit ist auf knapp 600.000 angewachsen
Zum Umsatzwachstum der Gruppe trug die Entsorgungstochter Prezero mit 3,9 Milliarden Euro bei: Gegenüber dem Vorjahr entspricht das zwar einem Plus von 5,4 Prozent. Allerdings hatte Prezero im Geschäftsjahr 2023 auch einen Umsatzrückgang von 5,9 Prozent verzeichnet und 3,7 Milliarden Euro erwirtschaftet. Der Umsatz fiel also nur marginal größer aus. Die 2023 gegründete IT- und Digitalsparte Schwarz Digits kam auf einen Erlös von 1,9 Milliarden Euro - und lag damit auf Vorjahresniveau. Sie soll aber eine zunehmend wichtige Rolle einnehmen.
Trotz der angespannten Weltwirtschaftslage wurden in der Unternehmensgruppe rund 20.000 neue Arbeitsplätze entlang des kompletten Wertschöpfungskreises geschaffen, etwa 4.000 davon in Deutschland. Damit beschäftigen die Unternehmen der Schwarz-Gruppe nach eigenen Angaben weltweit rund 595.000 Mitarbeiter. Wie viele neue Stellen auf Heilbronn-Franken, die Heimat der Schwarz-Gruppe, entfallen, verrät das Unternehmen nicht. Auf Anfrage teilt es mit, sich „über die genannten Zahlen hinaus nicht weiter äußern“ zu wollen.
Schwarz-Gruppe investiert eine Milliarde Euro mehr als noch im Vorjahr
Dasselbe gilt für die Investitionen, auch hier geht die Gruppe nicht ins Detail. Insgesamt hat sie aber trotz der volatilen Wirtschaftslage ihre Investitionen um 7,5 Prozent auf 8,6 Milliarden Euro erhöht – davon 3,3 Milliarden Euro in Deutschland. Das Geld wurde demnach vor allem in die Filialexpansion, den Ausbau von Lagerstandorten sowie die Kapazität von Rechenzentren in Europa investiert. Im laufenden Geschäftsjahr sollen die Investitionen auf 9,6 Milliarden Euro wachsen, davon 3,7 Milliarden Euro in den Standort Deutschland, heißt es.
Schwarz-Chef Gerd Chrzanowski führte das „erfolgreiche Geschäftsjahr“ auf den unermüdlichen Einsatz der vielen Mitarbeiter weltweit zurück. „Dadurch konnten wir auch in einer Zeit globaler Unsicherheiten in allen Sparten gemeinsam nachhaltig wachsen und weiter in den Wirtschaftsstandort Deutschland und ein digital souveränes Europa investieren“, sagte er.

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