Auch in Heilbronn treibt der Ranzen-Kauf die Einschulungskosten hoch
Einkaufslisten der Grundschulen, angesagte Ranzen-Marken sowie teurer Schnick-Schnack für die Schultüte lassen die Einschulungskosten auch in Heilbronn explodieren. 500 Euro für die Erstausstattung sind durchaus möglich. Bedürftige dürfen aber auf Fördergeld hoffen.
Wenn am 15. September in Baden-Württemberg die Schulen wieder öffnen, beginnt auch für Tausende ABC-Schützen der sprichwörtliche Ernst des Lebens. Dabei ist die Einschulung nicht nur für die Kinder ein aufregender Tag, sondern zugleich für die Eltern eine richtig teure Angelegenheit.
Füller, Buntstifte, Hefte, Lineal, Radierer, Malkasten und viele weitere Schreibwaren reihen sich auf den Ausstattungslisten, die die Grundschulen den Erziehungsberechtigten vorlegen. Für Väter und Mütter, bestmöglich als Doppelverdiener und nicht als Alleinerziehende, fallen hier hohe Ausgaben an.
Schreibwarenladen-Inhaberin aus Talheim: Dem Nachwuchs einen freudigen Schulstart ermöglichen
„Auf 80 bis 100 Euro summiert sich durchschnittlich eine Rechnung für Schulmaterial – und da sind der Schulranzen und der Überraschungsinhalt für die Schultüte nicht dabei“, sagt Michaela Gmerek, Inhaberin des Schreibwarenladens „Baier“ in Talheim. Die Erstausstattung für die Grundschule sei eben etwas Besonderes. Nicht nur, weil zumeist alles neu angeschafft werde, sondern weil Eltern ihrem Nachwuchs einen freudigen Schulstart ermöglichen wollten, meint Gmerek.
In der Praxis bedeute dies, dass die Kinder bei der Einkaufstour zumeist dabei seien und ihnen der ein oder andere kostspielige Sonderwunsch nicht verwehrt werde. Wenn es etwa unbedingt der höherpreisige Ordner sein muss, den ein Schmetterlingsmotiv ziert.

Schulranzen für Erstklässler: Lieblingsfarben und Deko-Motive beeinflussen den Kauf
Im Wortsinn zum Tragen kommen die von Lieblingsfarben und Deko-Motiven getriebenen Ausgaben aber erst beim Schulranzen. Bis zu 300 Euro hoch reichen die Preise für einen Tornister, dem bestenfalls Mäppchen und Turnbeutel beiliegen. Dass die Kaufentscheidung beim Ranzen nicht nur von Gewicht, Sitz und Materialgüte, sondern auch vom coolen Dino, von Feen oder anderen Tier- und Fabelwesen getrieben ist, dürfte niemand abstreiten. Trend bei den Motiven ist übrigens, dass sie nicht mehr aufgedruckt, sondern als Sticker per Klettverbindung am Ranzen haften.
„Schulanfang, das ist für uns ein wichtiges Geschäft“, bekräftigt Eva Schnepf, Inhaberin von „Schreibwaren Seel“ in Heilbronn. Um mit den richtigen Produkten aufwarten zu können, erhält Schnepf von den Schulen frühzeitig die Materiallisten. Einheitlich seien diese keineswegs. „Da gibt es zwischen den Schulen schon Unterschiede“, sagt sie. Grundsätzlich habe sie aber den Eindruck, dass die Lehrer „nur das Notwendigste“ auflisten würden – allerdings würden gelegentlich bestimmte Marken oder wertige und nachhaltige Materialien empfohlen.
Ausgaben für Erstausstattung: Landeselternbeirat warnt vor Kommerzialisierung
Sebastian Kölsch, Vorsitzender des baden-württembergischen Landeselternbeirats, sieht die Ausgaben für die Erstausstattung kritisch. Die 500 Euro-Marke sei hier schnell erreicht. Gerade beim Ranzen-Kauf würden viele einem Markenfetisch erliegen. Der Markt gebe es her, weil viele dazugehören wollten, meint Kölsch und erinnert aber an jene Eltern, die sich das nicht leisten könnten.
Zwar gebe es im Zuge des Bildungs- und Teilhabepakets auch staatliche Finanzhilfe – für Eltern, deren Verdienst aber nur knapp über der Einkommensgrenze liege, bis zu der eine Förderung gewährt werde, bedürfe es anderer Hilfsangebote wie Ranzen-Börsen, Second-hand-Märkte oder auch Spendenprojekte von sozialen Organisationen, bekräftigt Kölsch.
Die finanzielle Belastung der Väter und Mütter sieht auch Ladeninhaberin Schnepf. Eltern spekulierten auf Angebotspreise oder wählten günstigere Ranzen aus der Vorsaison. Einer Kundin habe sie beim Schulsachenkauf auch schon Ratenzahlung gewährt, sagt Schnepf – auch im Bewusstsein, dass nach der Pflicht, dem Kauf des Schulmaterials, noch die Kür folge. Damit meint sie die Ausstattung der Schultüte, in die neben Vesper-Dose und Freunde-Buch häufig noch Schnick-Schnack eingelegt sein will, der ebenso ins Geld gehe.
Die Einschulung als Familientreffen
Für manche Eltern artet die Einschulung ihres Kindes zugleich zu einem veritablen Familientreffen aus. Mehrere Generationen scharen sich dann um den schulfähigen Nachwuchs, drängen mit in die Aula zur Schulfeier und wollen anschließend, bestmöglich im Restaurant, bewirtet werden. Solch ausufernde Treffen scheinen aber die Ausnahme. Einzelne Gastronomie-Betriebe könnten hier vielleicht ein Zusatzgeschäft verzeichnen, meint man beim Hotel- und Gaststättenverband Baden-Württemberg. Dass gezielt „Arrangements zum 1. Schultag“ geboten würden, sei nicht bekannt, sagt Dehoga-Sprecherin Natalie Butz.