Könnte eine kaputte Schleuse den kompletten Neckar lahmlegen?
Viel wird über den Ausbau der Neckarschleusen diskutiert. Allein die Instandhaltung kostet jedes Jahr viele Millionen. Darum droht bei einer Schleusenhavarie wie jüngst an der Mosel trotzdem kein Totalausfall.
Die 27 Neckarschleusen auf dem schiffbaren Fluss zwischen Plochingen und der Rheinmündung sind ein komplexes System. Viele der Bauwerke, mit denen Schiffe Höhenunterschiede überwinden, stammen aus den 20er oder 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Entsprechend hoch ist der Aufwand für den Unterhalt.
Das zuständige Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Neckar hat für Betrieb und Unterhalt der Schleusen und Wehre jährlich ein Budget von 55 Millionen Euro, allein in diesem Jahr stehen 25 Projekte an, die jeweils mehr als eine halbe Million Euro kosten.
Neckarschleusen in Baden-Württemberg haben in der Regel zwei Kammern
Die meisten Schleusen haben zwei separate Kammern. Einzelne sind immer wieder gesperrt, wenn Reparaturen anstehend. Das ist etwa derzeit in Heilbronn oder in Bad Friedrichshall-Kochendorf der Fall. Es bleibt die zweite Kammer, die Binnenschiffe können weiter durchgeschleust werden. Doch was passiert, wenn beide Kammern gleichzeitig ausfallen?
„Grundsätzlich kann dieser Fall natürlich nicht ausgeschlossen werden“, sagt Walter Braun, Leiter des WSA Neckar. „Dazu gibt es keine Notfallpläne für die Umlenkung des Güterverkehrs auf die Straße oder besser die Schiene.“

An 90 Prozent der Betriebstage sei der Neckar passierbar gewesen, sagt Braun. Komme es doch zu einem Doppelausfall beider Kammern, sei der Schaden in der Regel binnen vier Tagen behoben.
Havarie an Neckarschleusen in Baden-Württemberg unwahrscheinlich
Wegen des Zwei-Kammern-Systems ist eine Havarie, wie sie Ende 2024 an der Mosel passierte, am Neckar unwahrscheinlich. Dort hatte ein Schiff das Schleusentor an der einzigen Kammer gerammt. Der Verkehr drohte für Monate auszufallen.
Letztlich dauerte es 55 Tage, bis der Schaden repariert und alles wieder im Fluss war. Vor wenigen Wochen gab es einen ähnlichen Vorfall an der Moselschleuse Sankt Aldegund. Der Schiffsverkehr konnte in diesem Fall schnell wieder weitergehen, wenn auch im Notbetrieb.
Aus für Ausbau der Neckarschleusen in Baden-Württemberg: Sanierung hat für Bund Priorität
Auf der Sanierung liegt nun auch der Fokus, nachdem der Bund dem lange geplanten Ausbau der Neckarschleusen für 135-Meter-Schiffe eine Absage erteilt hat. Die meisten Politiker aus der Region glauben nicht mehr an die große Lösung.
„Unerlässlich ist, dass der Bund die dringlichen Sanierungen konsequent angeht, um die Neckarschifffahrt insgesamt nicht zu gefährden“, sagt etwa der Heilbronner FDP-Landtagsabgeordnete Nico Weinmann.
Ähnlich äußert sich sein CDU-Kollege Michael Preusch, der betont: „Ich bin mir daher sicher, dass wir auch in Zukunft die Binnenschifffahrt in Baden-Württemberg benötigen.“
Schleusen am Neckar in Baden-Württemberg auf modernen Stand bringen hat Priorität
Die Schleusen „auf modernen Stand“ bringen – das ist auch für Klaus Ranger, für die SPD im Landtag, prioritär. Die Grünen im Land pochen weiter auf den Ausbau, zu dem sich Land und Bund eigentlich bereits 2007 bekannt hatten.
„Die Bundesregierung hat mit dem Infrastruktur-Sondervermögen finanzielle Spielräume wie nie zuvor“, sagt der Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. „Wir fordern, dass diese auch für Investitionen in die Wasserstraße, konkret in den Ausbau der Neckarschleusen, genutzt werden statt für teure Wahlgeschenke.“
Wie es mit dem Neckar weitergeht, wird auch von Ergebnissen der Hochschule Heilbronn abhängen. Der Bund hat dort eine sogenannte Potenzialanalyse in Auftrag gegeben. Sie soll „mithilfe von Digitalisierung und KI ein innovatives Logistikkonzept entwickeln, um die Nutzung des Neckars planbarer und attraktiver zu gestalten“, schreibt das Verkehrsministerium in Berlin.