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KI-Stift „Scannix“: Lernhilfe oder Schummelwerkzeug für Schüler?

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Künstliche Intelligenz hat längst Einzug in deutsche Klassenzimmer gehalten. Aktuell ist die Begeisterung für "Scannix" groß, der in Form eines Stifts schnell Aufgaben löst. Ist KI eine Lernhilfe oder ein Schummelwerkzeug?


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Er erinnert optisch an einen unscheinbaren Textmarker – doch der Stiftscanner „Scannix“ soll laut Aussage der Wuppertaler Hersteller Textpassagen sowie ganze Bücher lesen und durch die integrierte Künstliche Intelligenz Fragen über ein kleines Display beantworten können. Dafür muss der Stift einfach nur über die Fragestellung gezogen werden.

„Scannix“ soll nach Aussage des Unternehmens Schülern bessere Noten und mehr Spaß am Lernen bringen. Auf der Videoplattform Tiktok wird der vermeintlich schlaue Stift von vielen gefeiert. Doch ist Künstliche Intelligenz wirklich eine gute Lernhilfe oder eher ein Anreiz, in Prüfungen zu schummeln? Experten aus dem Bereich Bildung sehen Vor- und Nachteile.

Probleme druch "Scannix": KI hält an Schulen immer mehr Einzug in den Unterricht

„Künstliche Intelligenz hält zunehmend Einzug in schulische Lern- und Arbeitsprozesse“, sagt Matthias Schinko, Geschäftsführer Landesbezirk Nordwürttemberg beim Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg. Der Diskurs gewinne deshalb stetig an Relevanz, was auch an der rasanten Entwicklung von ChatGPT liege.

Künstliche Intelligenz kann im Schulalltag eine Unterstützung für Schüler und Lehrkräfte sein. Doch die Systeme haben nicht nur Vorteile.
Künstliche Intelligenz kann im Schulalltag eine Unterstützung für Schüler und Lehrkräfte sein. Doch die Systeme haben nicht nur Vorteile.  Foto: Philipp von Ditfurth

Inzwischen würden Kinder und Jugendliche schon mit KI aufwachsen, weshalb es umso wichtiger sei, diese Technik verantwortungsvoll in den Unterricht zu integrieren. „Schüler benutzen sicherlich schon längst KI in Bezug auf die Ausarbeitungen von beispielsweise Referaten. Sie müssen aber trotzdem Experte im Thema sein und letztendlich auch Fachbegriffe erklären können, wenn es zu Nachfragen kommt.“ 

Mittels KI können Lehrer auch Lernschwierigkeiten durch Datenanalyse erkennen

Aus Matthias Schinkos Sicht müsse KI als Werkzeug eingesetzt werden, um Lernprozesse und Kreativität zu unterstützen. Und um im Schulalltag von KI zu profitieren, müssten auch die Lehrkräfte entsprechend geschult sein.  „Das Kultusministerium bietet zahlreiche und vielfältige Fortbildungen zu diesem Themenkomplex an“, berichtet er. Richtig eingesetzt, könnten Lehrer so beispielsweise eine Erleichterung der Verwaltungsarbeit erreichen, differenzierte Unterrichtsmaterialien erstellen oder Lernschwierigkeiten mittels Datenanalyse erkennen.

Dennoch, sagt Schinko, bringe der Einsatz von Künstlicher Intelligenz auch Risiken mit sich. „Es besteht die Gefahr der Entfremdung zwischen Lehrenden und Lernenden.“ Darüber hinaus sei man abhängig von einer kommerziellen Software. „KI-Systeme müssen höchsten datenschutzrechtlichen und ethischen Standards genügen. Die Nachvollziehbarkeit maschineller Entscheidungen ist zwingend erforderlich.“ Zudem müsste der Zugang zu KI-gestützten Angeboten für alle Schüler gewährleistet sein, um keine soziale Ungleichheit zu schaffen. 

KI wird aus dem Schulalltag nicht mehr verschwinden

„Wir müssen die Kinder fit machen, um mit KI umzugehen. Das ist ganz wichtig“, sagt Melanie Haußmann, Rektorin der Heinrich-Kleist-Realschule in Heilbronn. Denn KI werde – ähnlich wie einst der Taschenrechner – nicht mehr aus dem Schulalltag verschwinden. „Die Entwicklung des Lehrerberufs wird aus meiner Sicht in der Zukunft mehr in Richtung Begleiten und Coachen gehen und weniger zum Wissen-Füttern.“

Vor allem angesichts der schnellen technischen Fortschritte müsse man die KI-Systeme mit ihrem positiven Nutzen integrieren lernen. „Wir müssen den Kindern beibringen, wann KI sinnvoll ist und wann nicht. Was ist echt und was ist manipuliert? Die Frage ist auch, ob das, was eine KI ausspuckt, auch valide ist“, erläutert Haußmann. Wer wisse, wie Künstliche Intelligenz sinnvoll einzusetzen sei, könne davon auch im Schulalltag profitieren.

Im Schulbetrieb: KI-Hilfsmittel sind in Prüfungen verboten

„Doch wenn ich als Schüler einen KI-Textmarker bei einer Arbeit einsetze, erbringe ich vielleicht offiziell die Leistung, aber ich betrüge mich selbst, entwickle keine Lösungsorientierung und kann später womöglich das fehlende Wissen nicht mehr aufholen. Diese Achtsamkeit und dieses Bewusstsein müssen wir den Schülern vermitteln.“

Zumal in Prüfungssituation Smartphones und sämtliche KI-Mittel verboten seien. „Wer erwischt wird, muss mit einer Sechs rechnen.“ Was die Hausaufgaben betreffe, habe es auch vor der KI-Zeit schon keine Garantie gegeben, dass diese vom Schüler selbst oder doch „von der Oma gelöst oder abgeschrieben wurden“.

GEW-Sprecher aus Heilbronn: KI kann im Schulunterricht nützliches Werkzeug sein

Zu einem KI-Stiftscanner hat Harald Schröder, Sprecher der Lehrergewerkschaft GEW im Raum Heilbronn, eine klare Meinung: „Dieser Stift ist fürs Lernen und für Schulen Humbug. Damit findet keine innere Auseinandersetzung mit dem Lernstoff statt. Ihn einzusetzen wäre dann nur nach Bearbeitung mittels der eigenen grauen Zellen sinnvoll.“

Grundsätzlich halte er die KI für Schulen aber durchaus für ein nützliches Werkzeug. So könne sie den Kindern in Mathematik mit passgenauen Übungen beim individuellen Lernen helfen. „Beim Üben von Vokabeln oder Grammatik in Fremdsprachen ist es möglich, dass über KI individuell abgestimmte Lerninhalte zur Verfügung gestellt werden.“ Wichtig sei jedoch, dass jeder dieser Lernprozesse von der Lehrkraft begleitet würde, die fachdidaktisch auf dem neuesten Stand ist.

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