Zwei Jahre Gefängnis nach Schockanruf in Bad Wimpfen
Ihr Opfer hatte die Betrugsmasche durchschaut. Bei einer fingierten Geldübergabe im Oktober 2022 klickten die Handschellen in der Heilbronner Bahnhofsstraße. Jetzt hat das Heilbronner Amtsgericht eine 33-jährige staatenlose Frau aus Köln verurteilt.

Zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung hat das Amtsgericht Heilbronn am Mittwoch eine 33-jährige mutmaßlich staatenlose Frau aus Köln verurteilt. Nach Überzeugung des Gerichts gehört sie einer Bande an, die gewerbsmäßig mit sogenannten Schockanrufen meist ältere Personen um hohe Geldsummen betrügt. Im Oktober 2022 wurde die Angeklagte in Heilbronn verhaftet, als sie gerade in der Bahnhofsstraße von einem kontaktieren Opfer - einer 58-jährige Frau aus Bad Wimpfen - 100.000 Euro entgegennehmen wollte.
Verkehrsunfall der Tochter vorgespielt
Die Bad Wimpfenerin durchschaute die Masche allerdings, weil sie im selben Jahr schon einmal Opfer eines Schockanrufs geworden ist. Dieses Mal soll die Bande, an der mindestens vier Personen beteiligt sein sollen, der Geschädigten am 14. Oktober 2022 über einen Telefonanruf vorgespiegelt haben, dass ihre Tochter einen Verkehrsunfall verursacht habe, bei dem ein Kind gestorben sei. Dabei sprach die 58-Jährige unter anderem mit einem angeblichen Staatsanwalt und einem vorgetäuschten Rechtsanwalt.
Betrüger wollten 250.000 Euro sowie Schuck und Gold
Diese beiden Betrüger suggerierten ihrem Opfer, dass der Tochter bis zu neun Jahre Gefängnis drohen. Gegen eine Kaution von 250.000 Euro sowie Schmuck und Goldbarren könne die Tochter allerdings von einer Untersuchungshaft verschont werden. Bargeld und Wertgegenstände seien kurzfristig zu übergeben, sollen die Betrüger gefordert haben.
Täterin in der Bahnhofsstraße verhaftet
Als die Wimpfenerin sagte, sie verfüge weder über Goldbarren noch Schmuck, sondern lediglich über 100.000 Euro Bargeld, setzten die Gauner die angebliche Kaution auf genau diesen Betrag herunter. Bei der anschließend vereinbarten fingierten Geldübergabe hat die Polizei die Angeklagte in der Heilbronner Bahnhofsstraße verhaftet. Sie sitzt seitdem in der Justizvollzugsanstalt in Schwäbisch Gmünd in Untersuchungshaft.
Die Verurteilte räumte in der Verhandlung die Tat ein. Über die Hintermänner wollte sie allerdings keine Angaben machen. Laut ihrem Rechtsanwalt Bernhard Scholz sei sie unter Druck gesetzt worden und habe Angst. Wie sich im Laufe der Verhandlung herausstellte, haben diese Hintermänner später noch einmal bei der Bad Wimpfenerin angerufen und sie auf das Übelste beschimpft.
Läuferin nicht zufällig ausgewählt
Laut Staatsanwältin Kerstin Trockenmüller gehörte die Beschuldigte einer von der Türkei aus gesteuerten Bande an. Sie habe 3000 Euro für die Geldübergabe bekommen sollen. "Sie musste wissen, dass es bei dem Betrugsversuch um eine hohe Geldsumme ging", so die Staatsanwältin. Und nach Auffassung der Anklägerin war sie von den Hintermännern nicht zufällig ausgewählt, sondern etablierter Bestandteil der Bande.
33-Jährige wirkte auf Polizei abgeklärt
Dazu passt die Aussage des sachbearbeitenden Polizeibeamten im Zeugenstand. Bei der Verhaftung habe sie den Anweisungen ruhig Folge geleistet. Dabei hatte sie zwei Handys, die zuvor auf falsche Namen zugelassen, und erst kurz vor der Übergabe aktiviert wurden. Darüber hinaus habe sie den Beamten bei ihrer Verhaftung die Visitenkarten eines Kölner Rechtsanwalts gegeben. Laut Polizeibeamten sei sie professionell und abgebrüht gewesen.
Dazu passt auch, dass die Frau, die weder Schulabschluss noch eine Ausbildung hat, bereits im November 2021 vom Amtsgericht Köln wegen zweier Betrugsfälle mit der gleichen Masche zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde. Der Fall wird derzeit in Berufung verhandelt.
Für den Heilbronner Richter Fabian Zink kam bei seinem Urteilsspruch eine Bewährung nicht infrage. Die alleinerziehende Mutter zweier Kinder muss jetzt mit einer noch höheren Strafe rechnen, wenn die Berufungsverhandlung in Köln ansteht. Zumal die 33-Jährige trotz Verurteilung in Köln nach nicht einmal einem Jahr erneut über Schockanrufe gemeinschaftlich Geld erbeuten wollte.
Tipps bei Schockanrufen
Die Geschädigten von Schockanrufen sind meist ältere Menschen aus allen sozialen Schichten. Die Täter geben sich als Enkel oder Amtsperson aus. "Polizisten, Staatsanwälte oder Ärzte werden niemals am Telefon Barzahlungen einfordern", so der Erste Staatsanwalt Christoph Klein beim letztjährigen Pressegespräch. Wer so einen Anruf bekomme, solle dem Anrufer sagen, dass er ihn zurückrufen wird. Danach sollen die Angerufenen die Telefonnummer der Einrichtung ermitteln, für die der Anrufer angeblich spricht, und die Polizei verständigen.