Wolfgang Scheidtweiler kritisiert fehlende Perspektive für Hoteliers und Gastronomen
Der Pforzheimer Unternehmer Wolfgang Scheidtweiler hat in der vergangenen Jahren neben dem Heilbronner Parkhotel mehrere Hotels und Gastronomiebetriebe in der Region gegründet. Er ist sich sicher, dass Corona das Gewerbe langfristig verändert. Harsche Kritik übt er an den bürokratische Hürden bei den Hilfen des Bundes.

Corona hat alles verändert. Zumindest für die Gastronomie und das Hotelgewerbe. Davon ist Wolfgang Scheidtweiler fest überzeugt. "Es wird lange dauern, bis es wieder so ist, wie es vor der Pandemie war", sagt der Pforzheimer Unternehmer, der in Deutschland mehrere Brauereien, Gastronomiebetriebe und Hotels betreibt und derzeit eine Reihe neuer Projekte auf den Weg bringt. Mit dem Lockdown an sich hadert der 74-Jährige nicht. "Angesichts der steigenden Zahlen im Oktober und November gab es keine Alternative." Harsche Kritik äußert er aber an den fehlenden Perspektiven und an den Hilfszahlungen des Bundes.
Unternehmer investiert in Brackenheimer und Neckarwestheimer Schlösser
Scheidtweiler ist ein Optimist. Sein Unternehmergeist ließ ihn in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Gastronomiebetrieben und Hotels gründen. Zu seinen Lieblingsinitiativen zählen zweifelsohne Projekte in historischen Gemäuern. Derzeit investiert er unter anderem in das Brackenheimer Schloss und in das Neckarwestheimer Schloss Liebenstein. Im vergangenen Frühjahr hat er zudem das Parkhotel in Heilbronn eröffnet, das an das Konzert- und Kongresszentrum Harmonie angegliedert ist.
Auch im Heilbronner Hotel sind Geschäftsreisende Mangelware
Die Zahl der Gäste, die er seitdem in der Käthchenstadt begrüßen konnte, ist überschaubar. Touristen fielen quasi komplett weg. Auch Geschäftsreisende seien Mangelware. "Ein großer Anteil von Geschäftsreisen findet nicht mehr statt. Besprechungen werden Online abgehalten", sagt Scheidtweiler. Er fürchtet, dass sich das auch mittelfristig nicht ändern wird. "Ob ich unter diesen Vorzeichen alles nochmal so machen würde, weiß ich nicht", sagt der Unternehmer.
Mitunter ist es wirtschaftlicher, Betriebe gar nicht erst zu öffnen
Den Hotelbetrieb in Heilbronn hält der Pforzheimer dennoch aufrecht. So wie er es auch mit seinen anderen Einrichtungen macht. "Wir sind und waren niemals auf Gewinnmaximierung aus", so der Unternehmer. Gleichwohl räumt er ein, dass es derzeit mitunter wirtschaftlicher sei, einzelne Betriebe gar nicht erst zu öffnen. "Ganz ehrlich: Ich schlafe derzeit nicht immer gut in der Nacht vor dem nächsten Lohntermin", gibt Scheidtweiler unumwunden zu.
Bund greift existenzvernichtend ein
Das Kurzarbeitergeld helfe zwar. Immerhin befinden sich rund 80 Prozent seiner insgesamt rund 700 Mitarbeiter derzeit in Kurzarbeit. Dennoch lässt Scheidtweiler kein gutes Haar an den Hilfszahlungen des Bundes. "Was wir hier erleben, sind existenzvernichtende Eingriffe", sagt der Geschäftsmann. Hilfen müssten deshalb effektiv und unbürokratisch geleistet werden. Stattdessen ist einer seiner Mitarbeiter in Vollzeit damit beschäftigt, sich durch den Wust der Anträge zu kämpfen, die zudem auch noch nur mit enormer zeitlicher Verzögerung gestellt werden könnten.
Wann Dezember-Zahlungen kommen, ist unklar
Die Novemberhilfen seien zwar teilweise angekommen. "Wann die Zahlungen für Dezember kommen, ist aber unklar." Wobei Scheidtweiler den Begriff "Hilfen" stark relativiert. Denn: Wer im Frühjahr 2020 über eine staatliche Bank wie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder einer L-Bank ein Hilfsdarlehen mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren in Anspruch genommen hat, müsse die Höhe des Gesamtdarlehens mit den in Aussicht stehenden Hilfen im November verrechnen. "Das ist ein Witz", sagt Scheidtweiler. Immerhin handele es sich dabei um ein Darlehen und nicht um eine Hilfszahlung.
Hotelier zweifelt an praktischer Intelligenz
Und anstatt die Tilgung wegen erzwungener Schließung der Betriebe wenigstens auszusetzen, sinke derjenige im Ranking des Bundesamtes für Finanzleistungen (BaFin) in seiner der Kreditwürdigkeit, wer seine Rate nicht pünktlich bezahlt. Die Folge: "Wer bei seiner Hausbank einen neuen Kredit aufnehmen möchte, bekommt entweder keinen oder mindestens einen zu deutlich schlechteren Konditionen", sagt der Pforzheimer. "Dass hier keine Idee kommt, lässt mich an der praktischen Intelligenz zweifeln." Ausdrücklich lobt Scheidtweiler dagegen die Hilfszahlungen des Landes Baden-Württemberg. "Das läuft unkompliziert und reibungslos."
Gastronomen brauchen langen Atem
Um als Gastronom oder Hotellier nicht pleite zu gehen, bräuchte man einen langen Atem. Wer nicht über ein Polster verfügt, gerate in Schwierigkeiten. So gelte in der Pandemie auch für das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe: "Vorerkrankte überleben das nicht."
Konzeption
Bis sich Tourismus und Geschäftsreisen von der Corona-Pandemie erholt haben, werden Jahre vergehen. Davon ist der Pforzheimer Hotelier, Gastronom und Brauereibetreiber Wolfgang Scheidtweiler überzeugt. "Keiner spricht mehr über Messen", sagt der 74-Jährige. Darüber hinaus glaubt Scheidtweiler, dass viele Unternehmen auch künftig auf Online-Besprechungen setzen statt Geschäftsreisen zu organisieren. "Viele Tagungen und Schulungen wird es nicht mehr geben." Zwar setzt der Unternehmer darauf, dass der innerdeutsche Tourismus einen Aufschwung erleben wird.
Mit herkömmlichen Konzepten ließen sich die Umsatzzahlen von vor der Pandemie aber nicht erreichen. "Jetzt kommt es darauf an, mit dem was wir schaffen, etwas Einmaliges zu machen", sagt Scheidtweiler. Und es gelte, den Betrieb flexibel zu gestalten. "Damit wir den Gästen immer wieder etwas Neues anbieten können und sie einen Grund haben, auch immer wieder zu kommen."



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