#WirWerdenLaut: Schüler machen im Netz mit Online-Petition mobil
Die bundesweite Initiative "Wir werden laut" fordert mehr Infektionsschutz in Schulen. Zwei Schülersprecher aus der Region begrüßen die Forderungen, stehen einer Aussetzung der Präsenzpflicht aber skeptisch gegenüber.

Rund 100 Schulsprecher und Schülervertreter sowie Elternvertreter und Wissenschaftler haben in einem offenen Brief mit dem Titel "Wir werden laut - Schulen in der fünften Welle" einen fehlenden Fahrplan kritisiert und mehr Infektionsschutz an Schulen gefordert. Adressiert ist er an Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Präsidentin der Kultusminister-Konferenz Karin Prien (CDU). Stark-Watzinger und Prien haben auf Twitter ihre Gesprächsbereitschaft angekündigt.
Kinder und Jugendliche hielten sich gewissenhaft an die auferlegten Maßnahmen, "um uns und andere zu schützen. Doch die Situation an unseren Schulen ist nach zwei Jahren unerträglich geworden. Wir haben unsere Belastungsgrenze erreicht", heißt es in dem Brief. Man rede über die Schüler statt mit ihnen. Die Initiatoren fordern unter anderem kostenlose FFP2-Masken, die Aussetzung der Präsenzpflicht, Luftfilter und PCR-Pooltests.
Online-Petition schlägt im Netz Wellen
In den sozialen Medien schlug die Initiative hohe Wellen, die bundesweite Online-Petition sammelte bisher rund 120 000 Unterschriften.
Die Mehrheit der Schüler, die den offenen Brief unterzeichnet haben, kommt aus Berlin oder Nordrhein-Westfalen. Die Theodor-Heuss-Realschule in Gärtringen ist eine von zwei Vertretern in Baden-Württemberg, deren Schulsprecher lehnten ein Stimme-Interview jedoch ab. "Wir können gut nachvollziehen, dass die Petition gestartet wurde", sagt Elisabeth Schilli, Sprecherin des Landeschülerbeirates. Seit zwei Jahren fordere das Gremium etwa Lüftungsgeräte und Pool-Test an Schulen. Dass "Wir werden laut" etwas bewirken kann, hält Schilli für möglich: "Dass die Petition eine solche Öffentlichkeitspräsenz erreicht, kam überraschend."
Schulsprecher aus der Region begrüßen die Initiative. "Ich kann sehr gut nachvollziehen, warum die Schüler diesen Brief verfasst haben und das bundesweit durchgeführt werden muss. Es ist ein gutes Zeichen, damit nicht nur über, sondern mit uns gesprochen wird", sagt Maximilian von der Herberg, Schulsprecher am Mönchsee-Gymnasium in Heilbronn. "Wir Schüler haben keine Lobby. Dann kommt eben so etwas wie ,Wir werden laut" dabei heraus, was ja auch wichtig ist." Die Schüler seien seit Anfang der Pandemie nicht groß beachtet worden. "Wenn wir neue Verordnungen direkt vom Kultusministerium statt von den Lehrern erfahren könnten, wäre schon vieles einfacher, auch für uns Schüler", so der 16-Jährige.
Franziska Leyrer, Schulsprecherin der Christiane-Herzog-Schule in Böckingen, unterstützt die Forderungen von "Wir werden laut" ebenfalls, "vor allem die Aufstockung des pädagogischen und schulpsychologischen Personals". Mit den Infektionsschutzmaßnahmen an ihren Schulen zeigen sich die Schülervertreter weitgehend zufrieden.
Sicheres Lernen in den Schulen statt Distanzunterricht
In einem Punkt stimmt von der Herberg mit den Forderungen aber nicht überein: "Ich halte es für falsch, die Präsenzpflicht auszusetzen." Vielmehr sollten in den Schulen die besten Voraussetzungen für ein gemeinsames und sicheres Lernen geschafft werden. "Sonst wären alle Bemühungen kontraproduktiv gewesen." So sieht es auch Franziska Leyrer: "Aus Infektionsschutzgründen befürworte ich den Distanzunterricht, finde ihn aber aus sozialer Sicht kritisch. Denn wie soll das Konzept zum Aussetzen der Präsenzpflicht aussehen, damit kein Schüler zurückbleibt?" Zur Mobilisierung finde sie die Petition gut, "aber ob man alles auf einmal umkrempeln kann, ist fraglich".
Maximilian von der Herberg erhofft sich, "dass die Petition von so großer Bedeutung wird, dass die Politik nicht darum herumkommt, auf sie einzugehen. Wir Schüler haben wenig bis gar keine Unterstützung bekommen. Es wäre schade, wenn das weitergehen würde."